Der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion
Wert weggegeben wird. – Zweitens wird auf der einen Seite ein wirklicher Gebrauchswert veräußert und auf der andren empfangen und verbraucht. Aber im Unterschied zur gewöhnlichen Ware ist dieser Gebrauchswert selbst Wert, nämlich der Überschuß der Wertgröße, die durch den Gebrauch des Geldes als Kapital sich ergibt, über seine ursprüngliche Wertgröße. Der Profit ist dieser Gebrauchswert.
Der Gebrauchswert des ausgeliehenen Geldes ist: als Kapital fungieren zu können und als solches unter durchschnittlichen Umständen den Durchschnittsprofit zu produzieren. 58
Was zahlt nun der industrielle Kapitalist, und was ist daher der Preis des ausgeliehenen Kapitals?
»That which men pay as interest for the use of what they borrow«, ist nach Massie »a part of the profit it is capable of producing«. 59
Was der Käufer einer gewöhnlichen Ware kauft, ist ihr Gebrauchswert; was er zahlt, ist ihr Wert. Was der Borger des Geldes kauft, ist ebenfalls dessen Gebrauchswert als Kapital; aber was zahlt er? Sicher nicht, wie bei den andren Waren, ihren Preis oder Wert. Zwischen Verleiher und Borger geht nicht, wie zwischen Käufer und Verkäufer, ein Formwechsel des Werts vor, so daß dieser Wert das eine Mal in der Form des Geldes, das andre Mal in der Form der Ware existiert. Die Dieselbigkeit des weggegebnen und des rückempfangnen Werts zeigt sich hier in ganz andrer Weise. Die Wertsumme, das Geld, wird fortgegeben ohne Äquivalent und wird nach einer gewissen Zeit zurückgegeben. Der Verleiher bleibt immer Eigentümer desselben Werts, auch nachdem dieser aus seiner Hand in die des Borgers übergegangen ist. Beim einfachen Warenaustausch steht das Geld stets auf seiten des Käufers; aber beim Verleihen steht das Geld auf seiten des Verkäufers. Er ist es, der das Geld für eine gewisse Zeit weggibt, und der Käufer des Kapitals ist es, der es als Ware erhält. Dies ist aber nur möglich, soweit das Geld als Kapital fungiert und daher vorgeschossen wird. Der Borger borgt das Geld als Kapital, als sich verwertenden Wert. Es ist aber nur erst Kapital an sich, wie jedes Kapital in seinem Ausgangspunkt, im Augenblick seines Vorschusses. Erst durch seinen Gebrauch verwertet es sich, realisiert es sich als Kapital. Aber als realisiertes Kapital hat der Borger es zurückzuzahlen, also als Wert plus Mehrwert (Zins); und der letztre kann nur ein Teil des von ihm realisierten Profits sein. Nur ein Teil, nicht das Ganze. Denn der Gebrauchswert für den Borger ist, daß es ihm Profit produziert. Sonst hätte keine Veräußerung des Gebrauchswerts von Seiten des Verleihers stattgefunden. Andrerseits kann nicht der ganze Profit dem Borger zufallen. Er zahlte sonst nichts für die Veräußerung des Gebrauchswerts, und er gäbe das vorgeschoßne Geld an den Verleiher nur als einfaches Geld zurück, nicht als Kapital, als realisiertes Kapital, denn realisiertes Kapital ist es nur als G + ΔG.
Beide geben dieselbe Geldsumme als Kapital aus, der Verleiher und der Borger. Aber nur in der Hand des letzteren fungiert sie als Kapital. Der Profit wird nicht verdoppelt durch das doppelte Dasein derselben Geldsumme als Kapital für zwei Personen. Es kann für beide als Kapital nur fungieren durch Teilung des Profits. Der dem Verleiher zufallende Teil heißt Zins.
Die ganze Transaktion findet nach der Voraussetzung statt zwischen zwei Sorten Kapitalisten, dem Geldkapitalisten und dem industriellen oder merkantilen Kapitalisten.
Es muß nie vergessen werden, daß hier das Kapital als Kapital Ware ist oder daß die Ware, um die es sich hier handelt, Kapital ist. Die sämtlichen Verhältnisse, die hier erscheinen, wären daher irrationell vom Standpunkt der einfachen Ware aus, oder auch vom Standpunkt des Kapitals, soweit es in seinem Reproduktionsprozeß als Warenkapital fungiert. Verleihen und Borgen, statt des Verkaufens und Kaufens, ist hier ein aus der spezifischen Natur der Ware – des Kapitals – hervorgehender Unterschied. Ebenso daß das, was hier gezahlt wird, Zins ist, statt des Preises der Ware. Will man den Zins den Preis des Geldkapitals nennen, so ist dies eine irrationelle Form des Preises, durchaus im Widerspruch mit dem Begriff des Preises der Ware. 60 Der Preis ist hier auf seine rein abstrakte und inhaltslose Form reduziert, daß er eine bestimmte Geldsumme ist, die für irgend etwas, was so oder so als Gebrauchswert figuriert, gezahlt wird; während seinem Begriff nach der Preis gleich ist dem in Geld ausgedrückten
Weitere Kostenlose Bücher