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Der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion

Titel: Der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Marx
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wechselseitig sind, hängt die Zahlungsfähigkeit eines jeden zugleich ab von der Zahlungsfähigkeit eines andern; denn beim Ausstellen seines Wechsels kann jener entweder auf den Rückfluß des Kapitals in seinem eignen Geschäft oder auf Rückfluß im Geschäft eines Dritten gerechnet haben, der ihm in der Zwischenzeit einen Wechsel zu zahlen hat. Abgesehn von der Aussicht auf Rückflüsse, kann die Zahlung nur möglich werden durch Reservekapital, worüber der Wechselaussteller verfügt, um seinen Verpflichtungen im Fall verzögerter Rückflüsse nachzukommen.
    Zweitens: Dies Kreditsystem beseitigt nicht die Notwendigkeit barer Geldzahlungen. Einmal ist ein großer Teil der Auslagen stets bar zu zahlen, Arbeitslohn, Steuern etc. Dann aber z.B. hat B, der von C einen Wechsel an Zahlungsstatt erhalten, ehe dieser Wechsel fällig, selbst einen fälligen Wechsel an D zu zahlen, und dafür muß er bares Geld haben. Ein so vollständiger Kreislauf der Reproduktion, wie er oben vom Baumwollpflanzer bis Baumwollspinner und umgekehrt vorausgesetzt worden, kann nur eine Ausnahme bilden und muß stets an vielen Stellen durchbrochen werden. Wir haben beim Reproduktionsprozeß (Buch II, Abschn. III) gesehn, daß die Produzenten des konstanten Kapitals zum Teil konstantes Kapital miteinander austauschen. Dafür können sich die Wechsel mehr oder weniger ausgleichen. Ebenso in aufsteigender Linie der Produktion, wo der Baumwollmakler auf den Spinner, der Spinner auf den Kattunfabrikanten, dieser auf den Exporteur, dieser auf den Importeur (vielleicht wieder von Baumwolle) zu ziehen hat. Aber es findet nicht zugleich Kreislauf der Transaktionen und daher Umbiegung der Forderungsreihe statt. Die Forderung, z.B. des Spinners an den Weber, wird nicht saldiert durch die Forderung des Kohlenlieferanten an den Maschinenbauer; der Spinner hat nie in seinem Geschäft Gegenforderungen auf den Maschinenbauer zu machen, weil sein Produkt, Garn, nie als Element in dessen Reproduktionsprozeß eingeht. Solche Forderungen müssen daher durch Geld ausgeglichen werden.
    Die Grenzen für diesen kommerziellen Kredit, für sich betrachtet, sind 1. der Reichtum der Industriellen und Kaufleute, d.h. ihre Verfügung über Reservekapital im Fall verzögerter Rückflüsse; 2. diese Rückflüsse selbst. Diese können der Zeit nach verzögert werden, oder die Warenpreise können in der Zwischenzeit fallen, oder die Ware kann momentan unverkäuflich werden bei Stockung der Märkte. Je langsichtiger die Wechsel, desto größer muß erstens das Reservekapital sein und desto größer ist die Möglichkeit einer Schmälerung oder Verspätung des Rückflusses durch Preisfall oder Überführung der Märkte. Und ferner sind die Retouren um so unsicherer, je mehr die ursprüngliche Transaktion durch Spekulation auf Steigen oder Fallen der Warenpreise bedingt war. Es ist aber klar, daß mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit und daher der Produktion auf großer Stufenleiter, 1. die Märkte sich ausdehnen und vom Produktionsort sich entfernen, 2. daher die Kredite sich verlängern müssen und also 3. das spekulative Element mehr und mehr die Transaktionen beherrschen muß. Die Produktion auf großer Stufenleiter und für entfernte Märkte wirft das Gesamtprodukt in die Hand des Handels; es ist aber unmöglich, daß sich das Kapital der Nation verdopple, so daß der Handel für sich fähig wäre, mit eignem Kapital das gesamte nationale Produkt aufzukaufen und wieder zu verkaufen. Kredit ist hier also unerläßlich; Kredit, dem Umfang nachwachsend mit dem wachsenden Wertumfang der Produktion und der Zeitdauer nach mit der zunehmenden Entfernung der Märkte. Es findet hier Wechselwirkung statt. Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert den Kredit, und der Kredit führt zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen Operationen.
    Betrachten wir diesen Kredit, getrennt vom Bankierkredit, so ist klar, daß er wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals selbst. Leihkapital und industrielles Kapital sind hier identisch; die geliehenen Kapitale sind Warenkapitale, bestimmt entweder für schließliche individuelle Konsumtion oder zum Ersatz der konstanten Elemente von produktivem Kapital. Was hier also als geliehenes Kapital erscheint, ist immer Kapital, das sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet, aber durch Kauf und Verkauf aus einer Hand in die andre übergeht, während das Äquivalent dafür [von] dem Käufer erst

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