Der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion
Kapitalisten. Warum soll er den Zins erniedrigen, außer durch den Gegensatz, statt der Identität, zwischen Reichlichkeit von industriellem Kapital und Nachfrage nach Geldakkommodation? Die Umstände liegen so, daß der Kaufmann und der Industrielle einander leichter Kredit geben können; wegen dieser Erleichterung des kommerziellen Kredits braucht der Industrielle wie der Kaufmann weniger Bankkredit; daher kann der Zinsfuß niedrig sein. Dieser niedrige Zinsfuß hat nichts zu tun mit dem Zufluß von Edelmetall, obgleich beide nebeneinander gehn können, und dieselben Ursachen, die die niedrigen Preise der Einfuhrartikel, auch den Überschuß des zugeführten Edelmetalls produzieren mögen. Wäre der Importmarkt wirklich überführt, so bewiese dies Abnahme der Nachfrage für Importwaren, die bei niedrigen Preisen unerklärlich wäre, außer als Folge von Einschränkung der heimischen industriellen Produktion; dies aber wäre wieder unerklärlich bei übergroßen Einfuhren zu niedrigen Preisen. Lauter Absurditäten, um zu beweisen, daß Fallen der Preise = Fallen des Zinses. Beides mag gleichzeitig nebeneinander bestehn. Dann aber als Ausdruck des Gegensatzes der Richtungen, worin die Bewegung von industriellem Kapital und die Bewegung von leihbarem Geldkapital erfolgt, nicht als Ausdruck ihrer Identität.
Warum, ad (3), der Geldzins niedrig sein soll, wenn Waren im Überfluß vorhanden, ist auch nach dieser weiteren Ausführung nicht abzusehn. Sind Waren wohlfeil, so brauche ich, um ein bestimmtes Quantum zu kaufen, sage 1000 Pfd. St. statt früher 2000. Vielleicht aber lege ich auch jetzt 2000 Pfd. St. an und kaufe dafür das Doppelte der Waren gegen früher und erweitre mein Geschäft durch Vorschuß desselben Kapitals, das ich vielleicht aufnehmen muß. Ich kaufe jetzt wie früher für 2000 Pfd. St. Meine Nachfrage auf dem Geldmarkt bleibt also dieselbe, wenn auch meine Nachfrage auf dem Warenmarkt mit dem Sinken der Warenpreise steigt. Fällt aber diese letztre, d.h. erweitert sich die Produktion nicht mit dem Sinken der Warenpreise, was allen Gesetzen des »Economist« widersprechen würde, so nähme die Nachfrage nach leihbarem Geldkapital ab, obgleich der Profit zunähme; dieser zunehmende Profit würde aber Nachfrage nach Leihkapital schaffen. Übrigens mag die Niedrigkeit der Warenpreise aus drei Ursachen herrühren. Erstens aus Mangel an Nachfrage. Dann ist der Zinsfuß niedrig, weil die Produktion gelähmt, nicht weil die Waren wohlfeil, da diese Wohlfeilheit bloß Ausdruck jener Lähmung. Oder weil die Zufuhr übergroß im Verhältnis zur Nachfrage. Dies mag der Fall sein infolge von Überführung der Märkte etc., die zur Krise führt, und mag in der Krise selbst zusammenfallen mit hohem Zinsfuß; oder es mag der Fall sein, weil der Wert der Waren gesunken, also dieselbe Nachfrage zu niedrigerem Preis befriedigt werden kann. Warum soll im letzten Fall der Zinsfuß sinken? Weil der Profit wächst? Wenn, weil weniger Geldkapital nötig, um dasselbe produktive oder Warenkapital zu erhalten, so bewiese dies nur, daß Profit und Zins in umgekehrtem Verhältnis zueinander stehn. Jedenfalls ist der allgemeine Satz des »Economist« falsch. Niedrige Geldpreise der Waren und niedriger Zinsfuß gehören nicht notwendig zusammen. Sonst müßte in den ärmsten Ländern, wo die Geldpreise der Produkte am niedrigsten, auch der Zinsfuß am niedrigsten, und in den reichsten Ländern, wo die Geldpreise der Agrikulturprodukte am höchsten, auch der Zinsfuß am höchsten stehn. Im allgemeinen gibt der »Economist« zu: fällt der Wert des Geldes, so übt das keinen Einfluß auf den Zinsfuß. 100 Pfd. St. bringt nach wie vor 105 Pfd. St.; sind die 100 weniger wert, so auch die 5 Zins. Das Verhältnis wird nicht affiziert durch Wertsteigerung oder Entwertung der Originalsumme. Als Wert betrachtet, ist ein bestimmtes Warenquantum gleich einer gewissen Geldsumme. Steigt sein Wert, so ist er gleich einer größern Geldsumme; umgekehrt, wenn er fällt. Ist er = 2000, so 5% = 100; ist er = 1000, so 5% = 50. Dies ändert aber nichts am Zinssatz. Das Rationale an der Sache ist nur, daß mehr Geldakkommodation erheischt, wenn 2000 Pfd. St. nötig, um dasselbe Quantum Waren zu verkaufen, als wenn nur 1000 Pfd. St. nötig. Aber dies zeigt hier nur umgekehrtes Verhältnis zwischen Profit und Zins. Denn der Profit wächst mit der Wohlfeilheit der Elemente des konstanten und variablen Kapitals, und der Zins fällt. Aber das Umgekehrte
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