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Der Gesang der Orcas

Der Gesang der Orcas

Titel: Der Gesang der Orcas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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gewesen, mit einem bemalten Einbaum von Küste zu Küste zu paddeln. Vielleicht war es auch für Javid, seinen Freund Tyler und Alisha nichts Weltbewegendes, aber für mich war es das schon. Ich hatte zwar ein wenig Rudererfahrung von ein paar Bootsausflügen auf den vielen Berliner Seen, aber ein Kanu war kein Ruderboot und der Pazifische Ozean nicht der Müggelsee. Ein paar Übungsstunden hätten mir vielleicht ganz gut getan, dachte ich, doch dafür war es nun zu spät.
    Ich umklammerte das Paddel und wollte mich nicht blamieren. Irgendwie mussten wir uns um das Kap kämpfen,auch wenn mir das auf einmal unmöglich erschien. Worauf hatte ich mich da bloß eingelassen?
    Bald war die Siedlung Waatch nicht mehr zu sehen und wir waren ganz auf uns allein gestellt. Tyler, Alisha und Javid waren gute Ruderer, und wenn ich mich an Javids Kommandos hielt, konnten wir das Kanu auf Kurs halten. Alisha fing auf einmal an etwas auf Makah zu singen und nach einigem Zögern fielen die beiden Jungs in den Gesang ein. Ich hatte nicht gedacht, dass Alisha die alte Sprache so gut beherrschte, und war tief beeindruckt vom Klang ihrer Stimme, die überraschend dunkel war, wenn sie sang.
    Alisha hatte ich zu verdanken, dass ich nicht wie die anderen am Ufer zurückbleiben musste, sondern jetzt mit dabei war und in Javids Kanu saß.Keine Ahnung, warum sie sich für mich eingesetzt hatte, wo ich doch immer der Meinung gewesen war, dass sie mich nicht besonders leiden konnte.
    Schon bald wurde mir klar, dass Alisha ebenso gut paddeln konnte wie Javid und Tyler. Ihre braunen Arme waren schlank, aber muskulös. Alisha Soones saß nicht zum ersten Mal in ihrem Leben in einem Kanu.
    Ich dagegen schon. Und das bekam ich auch bald zu spüren. Natürlich wollte ich mit den anderen mithalten, das war auch notwendig, um auf dem eingeschlagenen Kurs zu bleiben. Javids schlanker Einbaum erwies sich als äußerst seetüchtig. Er hatte sich umsonst Sorgen gemacht, die Krümmung des Rumpfes könne vielleicht nicht gleichmäßig sein. Das Kanu lag sicher auf dem Wasser und schwankte nicht. Der vorspringende Bug durchschnitt die Wasseroberfläche. Die Krümmung der Seitenwände trug dazu bei, die Wellen abzulenken.
    Wir kamen schnell voran, so lange, bis meine Kräfte unweigerlich nachließen. Javid merkte es, und ohne etwas zu sagen, stellten sich die anderen auf den neuen, langsameren Rhythmus ein.
    Vom Meer aus betrachtet, sah die Küste von Cape Flattery schroff und abweisend aus. Auf einmal konnte ich mir vorstellen, wie es den ersten Weißen ergangen war, als sie dieses Land aus dem Nebel auftauchen sahen. Es hatte sie nicht willkommen geheißen.
    Die Sonne brannte jetzt unbarmherzig vom Himmel. Nur der kühle Luftzug über dem Meer machte das Paddeln einigermaßen erträglich. Zum Glück trug ich meinen Strohhut und hatte mir Arme und Beine mit Sonnenschutzmittel eingerieben. Javid, Tyler und Alisha waren so braun, dass ihnen die Sonne nichts anhaben konnte. Aber auch sie trugen Kopfbedeckungen.Javid seine rote Baseballkappe, Tyler sein Kopftuch und Alisha eine bunte Mütze aus Baumwollgarn.
    Bald hatten wir alle Durst und machten eine Pause, um etwas zu trinken. Bis zum Kap war es nicht mehr weit. Waren wir erst dort, dann hatten wir die Hälfte der Strecke geschafft. Ich fühlte mich jetzt schon so erledigt, dass ich nicht wusste, ob ich das auch durchhalten würde. Meine Oberarme und die Schultern schmerzten und meine Hand zitterte, als ich die Wasserflasche zum Mund führte.
    Javid war das natürlich nicht entgangen. »Tyler und ich, wir können eine Weile allein weiterpaddeln«, sagte er. »Dann könnt ihr Mädchen euch ausruhen.«
    Â»Ich kann aber noch«, protestierte Alisha. Fragend wandte sie sich zu mir um und sah mich an.
    Ein wenig kläglich hob ich die Schultern. »Ich bin es einfach nicht gewöhnt«, sagte ich. »Eine kleine Pause wäre nicht schlecht.«
    Javid und Tyler ruderten nun zu zweit weiter, während Alisha und ich ausruhen konnten. Langsam glitt die Küste vorüber und das Kap kam immer näher.
    Ich ließ meinen Blick sehnsüchtig über das offene Meer streifen und plötzlich durchzuckte mich ein freudiger Schreck. Was war das? War ich einer Sinnestäuschung erlegen oder hatte ich gerade zwei schwarze Flossen entdeckt?
    So angestrengt starrte ich auf das Meer hinaus, dass alles vor

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