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Der Gesang der Orcas

Der Gesang der Orcas

Titel: Der Gesang der Orcas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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sie mehr Erfahrung hatte als er. Sie und die anderen würden ihm das Jagen beibringen, die Orcasprache und den Gesang. Er würde lernen, dass große Boote Schiffsschrauben hatten,die ihm gefährlich werden konnten. Dass in diesen Schiffen manchmal der schwarze Tod lauerte, für den es noch kein Wort in der Orcasprache gab. Und der kleine Wal würde auch lernen müssen, dass ihm nicht alle Menschen freundlich gesinnt waren.
    Mit einem strengen Ruf holte Granny ihre Familie zusammen und die Wale sammelten sich um die alte Orcadame. Dann verließen sie den Eingang der Seestraße und schwammen in parallelen Zügen aufs offene Meer hinaus.
    Ich wusste, ich würde sie nie wieder sehen. Verstohlen drehte ich mich noch einmal nach ihnen um und sah, wie Mora und ihr Baby aus dem Wasser sprangen und sich in der Luft drehten, bevor sie wieder in die Tiefen des Ozeans tauchten.
    Bobby war erst ein paar Tage alt, aber das Breaching hatte er schon gelernt. Lächelnd, aber mit Tränen in den Augen sah ich den davonschwimmenden Orcas nach.

28. Kapitel
    E ine kleine Gruppe von Leuten erwartete uns im Hafen von Neah Bay, als wir am Abend völlig erschöpft dort eintrafen. Alishas Eltern waren darunter, Freda, mein Vater und Lorraine und Tylers Großvater William McCarthy. Ich hatte den alten Mann bisher nicht persönlich kennen gelernt und war tief gerührt, als er uns alle umarmte, nachdem wir aus dem Kanu gestiegen waren.
    Â»Ich bin sehr stolz auf dich, mein Junge«, sagte er zu Javid. »Dein Kanu erinnert mich an eines, das dein Urgroßvater besessen hatte, als er noch Wale fing. Eines Tages war es einfach vom Strand verschwunden. Jetzt ist es zurückgekehrt.«
    Der alte Mann begutachtete die Paddel, die Tyler aus dem Eibenholz geschnitzt hatte, und sprach auch seinem Enkelsohn Anerkennung aus. Alisha und mich lobte er, dass wir es auf uns genommen haben, mit den Jungs um das Kap zu paddeln.
    Javid und Tyler sicherten das Kanu, dann gingen wir alle zusammen zurück zum Motel, wo Freda und Lorraine etwas zu essen vorbereitet hatten.
    Tyler lief neben seinem Großvater, der sich mit seinen Krücken nur langsam fortbewegen konnte. Javid ging auf der anderen Seite des alten Mannes und ich hörte, wie William McCarthy den beiden Jungen etwas über Traditionen erzählte. Ich hätte auch gern zugehört, aber mein Vater löcherte mich mit Fragen.
    Â»Wie ließ sich das Kanu paddeln?«
    Â»Sehr gut.«
    Â»Hattest du keine Angst?«
    Â»Nein, warum sollte ich?«
    Â»Auch nicht, als die Wale kamen?«
    Â»Nein, Papa«, sagte ich. »Ich hatte wirklich keine Angst. Sie kannten uns doch. Mora wollte uns bloß ihr Baby zeigen.«
    Mein Vater blieb stehen und umarmte mich heftig. »Aber ich hatte Angst«, sagte er. »Ich hatte Angst um dich, Sofie. Natürlich bin ich auch mächtig stolz auf dich. Dass du einfach so …«, er hob seine Kamera an, »ich habe alles aufgenommen. Vielleicht freust du dich ja später darüber.«
    Â»Danke, Papa«, sagte ich. »Danke, dass du mich mit nach Amerika genommen hast und danke dafür, dass du mir diese Kanufahrt erlaubt hast. Ich bin froh, dass du mein Vater bist.«
    Â»Bist du glücklich?«, fragte er leise.
    Â»Ja, Papa, das bin ich.«
    Ich war glücklich. Wir saßen alle zusammen auf der Wiese neben dem Motel, aßen und erzählten. Javid hatte seinen Arm um meine Schulter gelegt und flüsterte mir hin und wieder etwas ins Ohr. Meistens hatte es etwas mit dem zu tun, worüber die anderen redeten, aber mir war in diesem Moment vollkommen egal, was Javid erzählte. Ich genoss es einfach, seinen warmen Atem an meinem Gesicht zu spüren und ihn so nah bei mir zu haben.
    Die Zeit der Kindheit war vorbei. Irgendwann in den vergangenen drei Wochen hatte ich mich von ihr verabschiedet, keine Ahnung, wann genau es passiert war.
    Obwohl Freda das Schild »Motel belegt« nach draußen gehängt hatte, tauchte am späten Abend noch ein indianisches Pärchen aus Seattle auf und fragte nach einer Bleibe.
    Bedauernd schüttelte Freda den Kopf. »Es tut mir Leid«, sagte sie, »aber es sind wirklich alle Zimmer belegt. Ich kann Ihnen nicht helfen, so gerne ich es täte.«
    Auf einmal sah ich Lorraine mit meinem Vater flüstern, und als er nickte, stand sie auf, ging zu Freda und redete mit ihr.
    Â»Sie haben Glück«, sagt Javids Mutter mit einem

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