Der Gesang des Satyrn
noch immer nicht, den Blick von ihm abzuwenden. Sein Gesicht war so geheimnisvoll, so undeutbar, dass es sie ebenso fesselte, wie verängstigte. Seine schlanke Gestalt und der nackte Oberkörper wurden vom Licht der Fackeln in einen unheimlichen Rotton getaucht. Als ob er ihre Gedanken erraten hatte, verwandelte sich sein Lachen wieder in ein schmales Lächeln. Wäre Neaira älter gewesen, sie hätte ihn für einen schönen Mann gehalten; so verzweifelte sie nur an ihrem Versuch, ihn endlich nicht mehr so dumm anzustarren. Aus den Falten seines Hüfttuches zog er etwas heraus und gab es ihr. Es war ein rotes Schmuckband für das Haar einer Frau, fein geflochten und mit Perlen besetzt. Warm und weich lag es in ihrer Hand, da er es so unerhört nah am Körper getragen hatte. „Eigentlich war es für eine Andere, doch an dir wird es schöner aussehen ... schon in wenigen Jahren.“
Neaira wurde rot, da er ihr noch immer in die Augen starrte. Sie krampfte die Hand mit dem Schmuckband zur Faust, dann drehte sie sich um und rannte zurück in ihre Unterkunft, ohne sich noch einmal umzusehen. Verwirrt und in ihren schlimmsten Befürchtungen bestätigt, versah sie ihre Notdurft schließlich in einer leeren Wasseramphore und vergrub sich unter den Decken des Schlafpolsters.
Neaira wusste, dass sie träumte, und doch war ihr nie etwas wirklicher vorgekommen. Der Wald, in dem sie stand, roch erdig und feucht nach Moosen und welken Blättern. Die Geräusche von Käuzchen und Eulen drangen an ihre Ohren, und sie zitterte vor Kälte. Neaira ging ein paar Schritte und fühlte das raschelnde Laub an ihren nackten Füßen. Nackt! Sie war vollkommen nackt. Die Äste und Zweige der Bäume knackten und ächzten als wären sie lebendig. Angestrengt versuchte sie in dem nächtlichen Wald in die Baumkronen zu spähen, denn ihr war als würde sie von dort beobachtet. Schritt für Schritt ging sie weiter, bis sie ein helles Flackern von Feuerschein sah, das zwischen den Bäumen tanzte. War es die Rettung aus diesem seltsamen Traum? Neaira lief schneller. Auf allen Vieren krabbelte sie einen Hügel hinauf, krallte sich mit Händen und Zehen im feuchten Erdreich fest. Dann stand sie auf einer Lichtung. Von hier war der Feuerschein zu ihr gedrungen, denn in der Mitte knisterte ein aus Ästen und Zweigen aufgeworfenes Feuer und tauchte die Lichtung in ein orangerotes Licht. Wie selbstverständlich trat Neaira an das Feuer und wärmte ihren durchgefrorenen Körper. Durch den Feuerschein hindurch sah sie Baumstämme – war dort jemand? Hatte sie nicht glühende Augen und Hände gesehen, die sich um die Stämme herumschoben? Wer seid ihr? , hörte sie ihre Stimme rufen. Gestalten schälten sich aus den Schatten, stämmige Körper mit wolligem Brusthaar, Bärten und Hörnern wie Ziegen musterten sie, kamen jedoch nicht näher. Sie waren gekommen, um sie zu holen – es waren die Satyrn, die sie in ihren Wald entführt hatten! Neaira wollte schreien, weil ihre Gesichter so derb waren. Da, wo das Hinterteil eines Menschen glatt war, saß der kurze Schweif eines Pferdes, der hin und her schlug. Sie drehte sich um und wagte kaum zu atmen. Im Laub auf dem Boden lag Metaneira -
vollkommen nackt rekelte sie ihren schlanken Leib, das gerstenblonde Haar wie die Strahlen der Sonne um sie gebreitet. Metaneira, steh auf und lauf weg! , hörte sie sich wieder rufen. Doch Metaneira wand sich wie eine Nymphe, obwohl die Satyrn sie entdeckt hatten. Neaira wollte zu ihr laufen, bemerkte jedoch, dass sie es nicht konnte.
Verflochtenes Wurzelwerk hatte sich um ihre Füße geschlungen und fesselte sie an die Erde.
Die Satyrn hoben Metaneira auf ihre Schultern und legten sie dann auf einen Felsen. Als einer der Ziegenohrigen ihre Schenkel spreizte, konnte Neaira sein riesiges Glied sehen. Sie schrie auf, als der Satyr sein Geschlecht in Metaneira drängte, und hielt sich vor Entsetzen die Hände vor den Mund. Doch Metaneira bog sich dem Waldgeist entgegen und empfing ihn mit unverhohlener Gier. Jetzt kamen auch die anderen Satyrn näher, beugten sich über Metaneira und ließen ihre groben Hände über ihren Körper fahren. Unzählige Hände berührten sie, und je mehr es wurden, desto ungehaltener wurde Metaneira, griff nach den erigierten Geschlechtern der Satyrn und schrie ausgelassen. Neaira hielt sich die Ohren zu und schloss die Augen. Aufhören, hört doch auf! , hallten ihre eigenen Schreie in ihren Ohren. Dann spürte sie, wie sie hochgerissen wurde,
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