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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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England.
    Bei den Russen, die sich natürlich eindeutig auf die Seite der Kommunisten im republikanischen Staat geschlagen hatten, ging die Solidarität mit den Spaniern auch nicht allzuweit. Sie lieferten nur wenig und dazu altes Kriegsmaterial. Die Kommissare waren arrogant und, angesprochen auf das schlechte Material, antworteten sie, Hitler sei eben unberechenbar. Wenn wir euch mehr Waffen schicken, so argumentierten sie, greift er vielleicht sogar die Sowjetunion an. Und einen Krieg mit Deutschland können wir uns vorerst noch nicht leisten.
    Der Schweiß lief über Brenskis Gesicht. Er drehte sich nach Francés um. »Es ist eine Minute vor fünf.«
    Francés wartete noch ein paar Sekunden, dann schaltete er das Funkgerät ein, ging auf die zugeteilte Welle.
    »Achtung Paradiesvogel.«
    Brenski zuckte zusammen. Das war sein Kommandotrupp.
    »Achtung Paradiesvogel. Abfahrt schwere Wagen fünfzehn Minuten vor null.«
    Das war alles. Da war nur noch das Rauschen.
    »Verdammt noch mal«, fluchte Brenski und hieb mit der Faust auf den Erdrand vor seinem Schützenloch. »Und wann ist diese verdammte Stunde Null?«
    Francés sah ihn mit seinen immer ein wenig feuchten schwarzen Augen an, Augen eines Mädchens; oder vielleicht eines Homos.
    »Die Stunde Null ist genau fünfzehn Minuten, nachdem die Artillerie zu schießen angefangen hat«, sagte er zu Brenski. Und wie zur Entschuldigung fügte er hinzu: »Wir Spanier machen eben alles ein bißchen kompliziert. Ein bißchen geheimnisvoll. Wir wittern hinter allem eine Falle. Wir wittern Unrat und Verrat, wir wittern den anderen Glauben. Deshalb war ja auch die Inquisition bei uns so rege.«
    Brenski nahm sich eine Zigarette aus seiner verkrümpelten Packung, bot Francés eine an. Der schüttelte nur den Kopf.
    Sieh mal einer an, dachte Brenski. Den hätte ich für einen schönen Jüngling mit Stroh im Kopf gehalten. Und nun erteilt er mir eine Lektion in Völkerpsychologie.
    »Was hast du getan, ehe du zur Armee kamst? Bist du eingezogen worden?«
    Francés schüttelte den Kopf. »Ich habe mich freiwillig gemeldet. Ich habe in Madrid studiert. Mein Vater war ein Konservativer, aber kein Reaktionär. Als es knallte, hat er sich auf die Seite der Republik gestellt. Die Regulares haben ihm dafür die Finca abgebrannt, mit einem halben Hundert der besten Toros für die Corrida. Sie haben meinen Vater in seiner Bibliothek an die Wand genagelt, den Kopf nach unten, sie haben meine Schwester zu Tode vergewaltigt und meine Mutter in einem Weinfaß ertränkt. Deshalb bin ich hier. Bei uns. Bei dir, Sergeant Brenski.«
    »Was hast du studiert?« fragte Brenski, um die Spannung zu lösen, die sich ihm bei Francés' Schilderung um die Brust gelegt hatte.
    »Theologie, Camarada Brenski. Ich wollte Priester werden.«
    Brenski scharrte ein wenig von der Erde vor sich fort, nahm sein Fernglas und schaute zu dem Kloster hinüber. Noch immer hingen dort die weißen Fahnen, die Bull als Höschen bezeichnet hatte.
    An diesem Abend mußte sein Kommandotrupp zeigen, was er taugte. Sie waren alle Freiwillige aus allen möglichen Einheiten. Wenn sie das Kloster eroberten und hielten, dann würden sie auch die Straße nach Guevara freikämpfen und damit den Weg nach Madrid, um die vom Feind hart bedrängte Hauptstadt zu entsetzen. Dann konnte der Krieg vielleicht noch eine Wende nehmen. Wenn er, Paul Brenski, und sein bunter Haufen ein Kloster voller Nonnen stürmte. Aber auch ein Kloster voller Nationalisten.

2.
    Es war kalt in der Zelle, und an diese Kälte würde sich Schwester Teresa wohl nie gewöhnen können. Sie kam aus dem glutenden Süden des Landes, aus Córdoba, und sie hatte kastilisches und maurisches, gotisches und fränkisches Blut in ihren Adern. Getauft worden war sie auf den Namen Maria Christina de Valquez y Ortega, und sie stammte aus einer der ältesten Familien Spaniens. Sie konnte ihre Ahnen zurückverfolgen bis zu jenem Ritter unter Isabella von Kastilien, der mit seiner Schar Granada den Mauren entriß und der fünfhundertjährigen Herrschaft des Islam in Südspanien ein Ende machte.
    Maria Christina war stolz auf jenen Manuel de Valquez. Sein Porträt hing in der Halle des großen Patrizierhauses im Inneren der Stadt Córdoba, wo ihre Familie lebte, mitten im Ort und doch mitten in der Stille, denn in Córdoba sind die Gassen schmal, und nur Pferde und Esel, Fußgänger und die Droschken, welche die Touristen umherfahren, können sich durch ihre Enge zwängen.
    Maria

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