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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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den dunkelgrünen Borten wehten ganz leicht im Wind.
    Sie mußte auf einer Finca sein, die im Geviert gebaut war wie die ihrer Eltern, denn die Geräusche, die zu ihr hereindrangen, waren die gleichen, sie klangen gleichzeitig klar und gedämpft.
    Es gab Pferde, und es gab Maultiere und wahrscheinlich auch einen Koben für die mageren schwarzen Schweine, die einen so saftigen Schinken abgaben.
    Mit einemmal hatte sie rasenden Hunger. Aber auf ihrem Nachttisch stand nur ein Glas mit einer bräunlichen Flüssigkeit. Es war kalter Tee mit dem süßlich bitteren Beigeschmack irgendeiner Medizin. Die Augen fielen ihr wieder zu, und sie sah sich in Brenskis Armen. Sie lagen in hohem Gras, und nur Falter und Bienen konnten sie beobachten, und Brenski streichelte ihren ganzen Körper bis zu den Fußspitzen. Sie ließ auch ihre Hände über seinen glatten, braungebrannten Körper gleiten, und mit einemmal verließ sie alle Scham, und sie sagte leise, drängend: ›Bitte, nimm mich, jetzt.‹
    Und er nahm sie, und es hob sie in die Meeresbläue des Himmels, und es war, als würde sie davongetragen von immer schnelleren Wellen, die jetzt purpurn waren und wie aus Samt.
    »Sie schläft«, sagte eine Stimme und riß sie aus ihrem Traum. Aber sie hielt die Augen geschlossen, denn die Stimme gehörte einem Mann, den sie nicht kannte, und sie wollte niemand anderes hören und sehen als Brenski.
    »Haben Sie sie gründlich untersucht, Doktor?« Das war Brenski, aber seine Stimme klang gepreßt und kalt, und Maria Christina hatte sie noch nie so gehört.
    »So gut es hier möglich war. Wenn sie kräftiger ist, werde ich sie in die Klinik nehmen.«
    »Und wenn es dann zu spät ist?«
    Wofür zu spät? dachte Maria Christina.
    »Was meinen Sie?« fragte der Arzt.
    »Wenn sie schwanger ist?«
    »Werde ich nichts dagegen tun können.«
    »Aber Sie müssen, Sie können doch nicht zulassen, daß …«
    »Kommen Sie«, sagte der Arzt, »Sie reden zu laut«, und dann schloß sich die Tür hinter den beiden Männern, und sie war wieder allein.
    Über ihren Körper krochen jetzt eisige Hände, und als sie ihren Hals erreichten und dann ihren Kopf, war es, als wollten sie ihre Stirn zerdrücken. Ein Stöhnen quoll in ihr auf, und obwohl sie mit aller Kraft versuchte, es zu unterdrücken, wurde daraus ein Schrei.
    Eilige Schritte näherten sich von draußen, die Tür wurde aufgerissen, doch es war nur die alte Frau mit den warmen, braunen Augen.
    »Aber Kind, Kind, was ist denn?« Sie hielt Maria Christina fest, drückte sie in die Kissen zurück. »Du darfst noch nicht aufstehen, du darfst es nicht.«
    »Ich muß zu Brenski.«
    »Du hast geträumt.«
    »Nein, er war hier. Mit dem Arzt. Mit einem Arzt.«
    »Du hast geträumt.«
    »O ja, vorher«, sagte Maria Christina, »vorher, ja, da habe ich geträumt.« Und dann weinte sie.
    Die alte Frau hielt sie fest und wiegte sie in ihren Armen, bis sie ruhiger wurde. Sie gab ihr wieder von dem kalten Tee zu trinken und ließ sie eine Tablette schlucken.
    »Nun wirst du schlafen«, sagte sie, »und wenn du erwachst, darfst du auch etwas essen. Ich werde es dir bringen. Und schau her, hier an diesem Klingelzug brauchst du nur zu ziehen, und ich komme zu dir.«
    »Wo ist Brenski?« fragte Maria Christina noch einmal, aber ihre Stimme klang schon undeutlich.
    Die alte Frau sagte: »Sorge dich nicht. Er wird zu dir kommen, wenn er kann. Es wird ihm nichts geschehen.«
    Aber was ist mir geschehen? dachte Maria Christina, was ist nur mir geschehen?
    In der Wohnhalle, wo sich der Arzt, Brenski und El Corazón aufhielten, sagte die alte Frau: »Ich weiß nicht, was Sie in dem Zimmer der Señorita gesprochen haben, aber es hat sie furchtbar aufgeregt, sie war kaum zu beruhigen. Ich habe ihr noch eine Tablette geben müssen, damit sie schlief.« Sie schaute Brenski vorwurfsvoll an. Er wurde blaß unter ihrem Blick, und sie sah, daß sein Mund hart und grausam sein konnte.
    »Ihr Arzt wird sie mit in seine Klinik nehmen, wenn es ihr besser geht. Aber wenn sie schwanger sein sollte, will er ihr nicht helfen. Sie soll einen Bastard zur Welt bringen, nur weil dieser Arzt ein ›Christ‹ ist und der Errettung und Erhaltung von Leben verpflichtet. Aber was für einem Leben?« Er wandte sich an den Arzt: »Einem Bastard oder einem Kretin, geboren von einem jungen Mädchen, das von – niemand weiß wie vielen – Schweinen vergewaltigt wurde! Noch weiß sie es nicht, haben Sie mir gesagt, noch hat der Schock die

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