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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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würde. Brenski hatte dem absurden Glauben nachgehangen, daß dieser Krieg für sein persönliches Schicksal eine Lösung bringen würde, und er hatte gedacht, daß Maria Christina diese Lösung sein könnte.
    Ein Mensch. Ein Mensch, den man liebt, an den man glaubt und mit dem man hofft.
    Er schlich sich von hinten her, von Osten, an den Hügel heran, kroch durch den Wald, so leise, daß ihn selbst ein Hase auf dem Pfad vor ihm nicht gewittert hätte.
    Er fand den ersten ihrer eigenen Posten. Sein Gesicht war eine einzige blutige Maske.
    Er kroch weiter. Das Licht des Feuers erlaubte ihm, die Stellen zu sehen, wo sie die Minen eingegraben hatten; sie waren unberührt.
    Auch der zweite ihrer Posten war ermordet worden.
    Irgendwo mußten sie stecken, die Höllenhunde der Nacionales. Irgendwo mußten sie warten.
    Er umkreiste die Hütte, erst in weitem Bogen, dann immer näher.
    Nichts.
    Und dann sah er im Waldboden die Abdrücke von vielen Stiefeln, die alle nach Osten zeigten.
    Sie waren weg. Sie hatten nicht auf die zurückkehrenden Partisanen gewartet. Sie waren einfach weg, das Werk getan, sich die Hände abgerieben, und dann, auf geht's nach Hause.
    Lange zögerte er, ehe er sich an die Hütte heranwagte.
    Aber dann sah er im Augenwinkel etwas, das sich bewegte. Er hatte sein Wurfmesser in der Hand, balancierte es.
    Etwas kroch im Kreis herum, klein, schmal.
    Maria Christina.
    Er sprang auf, jetzt alle Vorsicht vergessend, war bei ihr. Sie blickte auf, erkannte ihn nicht. Sie war nackt, und ihre Schenkel und ihre Brüste waren mit Kratz- und Bißwunden bedeckt.
    Eiskalt wurde er da.
    Jetzt war dieser Krieg wieder sein Krieg.
    Der Krieg der Rache.
    Er hob Maria Christina auf, trug sie in das gnädige Dunkel des Waldes. Sie blutete heftig aus einer Messerwunde am Hals, die aber nicht lebensgefährlich zu sein schien. Vorsichtig ließ er Maria Christina zu Boden gleiten, riß sich das Hemd runter, riß es in Streifen, verband ihr den Hals, blickte in diese nichts sehenden Augen, lief dann zur Hütte.
    Das Feuer lohte ihm entgegen, daß es ihm Augenbrauen und Haare versengte, er hakte die Feldflasche ab, näßte seinen Staubschal, hielt ihn sich vor Nase und Mund.
    In der offenen Tür der Hütte blieb er stehen.
    Agostina, den Kopf fast abgehackt, in einer Blutlache. Mama Elena mit gläsernen Augen, aus denen schon längst alles Licht geflossen war, mit Händen und Füßen auf den Boden genagelt.
    Die Hitze zwang ihn zurück.
    Im gleichen Moment krachte das Dach herunter, das Feuer stob hoch, und Maria Christina begann zu schreien.
    Es war ein helles, wie dem Irrsinn entspringendes Kreischen, und die anderen unten am Hang hörten es, und sie stürmten herauf, El Corazón und seine Männer, denn jetzt hielt sie nichts mehr.
    »Mama!« schrie El Corazón und wollte sich in die Flammen stürzen.
    Brenski hielt ihn fest.
    Der Riese aus Katalonien gab Brenski einen Faustschlag ins Gesicht, der ihn zurückwarf. Aber er bekam einen Fuß von El Corazón zu fassen, als er in die nun lichterloh brennende Hütte eindringen wollte.
    »Bleib hier – schau dir Maria Christina an! Willst du deine Mutter so sehen?«
    El Corazón starrte ihn mit offenem Mund und leeren Augen an.
    »Was hast du gesagt?« fragte er stockend.
    Brenski nahm seinen Arm und führte ihn zum Waldrand.
    Die anderen folgten ihnen, Ramón breitete sein Hemd über Maria Christinas nackten Leib, und sie umstanden jetzt El Corazón und Brenski.
    »Mama ist tot?« fragte El Corazón.
    »Ja, sie ist tot«, antwortete Brenski.
    »Und die anderen?«
    »Die Posten, Agostina, die anderen Frauen, sie alle. Bis auf Maria Christina. Aber ob sie am Leben bleibt, das weiß ich nicht.«
    El Corazón setzte sich auf den Boden, ließ die Arme zwischen den Knien hängen.
    »Sie hat mich fast ein Jahr lang an ihrer Brust genährt«, sagte er zur Erde hin. »Mama Elena war eine gute Mutter«, sagte er wieder und wieder.
    »Ramón!« Instinktiv übernahm Brenski die Befehlsgewalt. »Schau in der Schlucht nach, ob den Maultieren und dem jungen Ricardo etwas passiert ist.«
    Ramón verschwand lautlos.
    »Felicio – du hast zarte Hände, habe ich gehört. Schau, ob du die Wunden meiner Maria Christina richtig verbinden kannst.«
    Felicio sah ihn lange an. »Hast du selbst Angst davor?«
    »Ja, Felicio. Denn der Zorn und die Wut könnten mir den Verstand rauben.«
    Felicio schob den Brotbeutel mit dem Verbandszeug nach vorne – er war auch der Sanitäter des Partisanentrupps –

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