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Der Gesellschaftsvertrag

Der Gesellschaftsvertrag

Titel: Der Gesellschaftsvertrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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größer, je zahlreicher das Volk ist; und nach einer augenscheinlichen Analogie kann dies in gleicher Weise von der Regierung im Hinblick auf die obrigkeitlichen Personen behauptet werden.
    Da nun die Gesamtkraft der Regierung gleichzeitig stets die des Staates ist, so kann sie sich nie ändern, woraus folgt, daß ihr, je mehr sie von dieser Kraft auf ihre eigenen Glieder verwendet, um so weniger übrigbleibt, um auf das ganze Volk zu wirken.
    Je zahlreicher die obrigkeitlichen Personen sind, desto schwächer ist demnach die Regierung. Da dies ein Hauptgrundsatz ist, so wollen wir besonders darauf achten, ihn so klar wie möglich darzustellen.
    In der obrigkeitlichen Person können wir drei wesentlich verschiedene Willen unterscheiden: erstens den eigenen Willen jeder einzelnen, der nur ihren Privatvorteil bezweckt; zweitens den gemeinschaftlichen Willen sämtlicher obrigkeitlichen Personen, der sich einzig und allein auf den Vorteil des Fürsten bezieht und den man den Standeswillen nennen kann. Im Hinblick auf die Regierung ist dieser Wille ein allgemeiner und im Hinblick auf den Staat, von dem die Regierung einen Teil ausmacht, ein Privatwille; der dritte Wille ist der des Volkes oder der oberherrliche Wille, der sowohl im Hinblick auf den Staat als Ganzes als auch im Hinblick auf die Regierung als Teil des Ganzen der allgemeine ist.
    In einer vollkommenen Gesetzgebung darf der besondere oder einzelne Wille keine Bedeutung haben, der Standeswille muß der Regierung völlig untergeordnet und folglich der allgemeine oder oberherrliche Wille beständig der herrschende und die einzige Richtschnur aller anderen sein.
    Der Regel nach werden dagegen diese verschiedenen Willen immer wirksamer, je mehr sie einen gemeinsamen Punkt erstreben. So ist der allgemeine Wille stets der schwächste, der Standeswille nimmt die zweite und der Privatwille die erste Stelle ein, so daß in der Regierung jedes Glied zuerst in seiner eigenen Person, dann als obrigkeitliche Person und zuletzt als Staatsbürger auftritt, eine Stufenfolge, die der von der gesellschaftlichen Ordnung verlangten völlig widerstreitet.
    Befindet sich nun, dies vorausgeschickt, die Regierung in den Händen eines einzigen, so ist der Privatwille und der Standeswille vollkommen eins und letzterer folglich auf die höchste Stufe innerer Kraft gelangt, die er überhaupt erreichen kann. Da nun der Gebrauch der Kraft von dem Grade des Willens abhängt, und die unbedingte Kraft der Regierung unveränderlich ist, so folgt daraus, daß unter den Regierungen die eines einzigen die wirksamste ist.
    Vereinen wir dagegen die Regierung mit der gesetzgebenden Gewalt, verwandeln wir uns das Staatsoberhaupt in die Fürsten und alle Staatsbürger in ebenso viele obrigkeitliche Personen, so wird der Standeswille, da er in den allgemeinen übergegangen ist, nicht mehr Wirksamkeit als dieser haben und dem Privatwillen seine ganze Kraft lassen. So wird sich die Regierung, obwohl ihre absolute Kraft immer die gleiche ist, in dem Minimum ihrer relativen Kraft oder Wirksamkeit befinden.
    Diese Beziehungen sind unbestreitbar, und andere Betrachtungen dienen noch zu ihrer Bestätigung. Man macht zum Beispiel die Wahrnehmung, daß jede obrigkeitliche Person auf ihren Körper eine größere Einwirkung ausübt als jeder Staatsbürger auf den seinigen, und daß mithin der Privatwille weit mehr Einfluß auf die Handlungen der Regierung als auf die des Staatsoberhauptes hat; denn jede obrigkeitliche Person ist fast immer mit irgendeinem Regierungsgeschäfte betraut, während kein Staatsbürger einzeln genommen irgendein Geschäft der Staatshoheit zu verrichten hat. Je mehr sich überdies der Staat erweitert, desto mehr nimmt seine wirkliche Kraft zu, wenn auch nicht im Verhältnis seiner Ausdehnung. Bleibt sich der Staat jedoch gleich, so gewinnt die Regierung, so sehr sich die obrigkeitlichen Personen auch vermehren, dadurch doch keine größere wirkliche Macht, weil diese Kraft dem Staate angehört, der stets ein gleiches Maß hat. Auf diese Weise vermindert sich die relative Stärke oder die Wirksamkeit der Regierung, ohne daß ihre absolute oder wirkliche Stärke zunehmen kann.
    Ferner ist es zweifellos, daß die Abwicklung der Geschäfte langsamer wird, je mehr Leute dabei beteiligt sind, und daß man bei zu großem Verlassen auf die eigene Klugheit mit dem Glück nur wenig rechnet. Man läßt sich dann eine günstige Gelegenheit nur zu leicht entgehen und verliert durch ewiges Überlegen

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