Der Gesellschaftsvertrag
ausgesprochenen Grundsätzen und den in seinen Abhandlungen über Titus Livius sowie in der florentinischen Geschichte aufgestellten Lehren beweist, daß dieser tiefe Politiker bis jetzt nur oberflächliche oder verdorbene Leser gehabt hat. Der römische Hof hat jenes Werk streng verboten. Ich glaube es gern, denn gerade ihn hat er am handgreiflichsten geschildert.]
Aus den allgemeinen Verhältnissen haben wir erkannt, daß die Monarchie nur für große Staaten geeignet ist, und bei ihrer Prüfung an sich wird sich uns die Wahrheit dieses Satzes noch klarer zeigen. Je zahlreicher das Beamtenheer ist, desto mehr verringert sich die Kluft zwischen dem Fürsten und seinen Untertanen, desto mehr nähert sich das Verhältnis der Gleichheit, so daß in der Demokratie dieses Verhältnis eins ist oder die Gleichheit selbst. Diese Kluft vergrößert sich dagegen, in dem Maße wie sich das Regierungspersonal verringert, und erreicht ihren höchsten Umfang, sobald die Regierung in den Händen eines einzigen ruht. Alsdann ist der Abstand zwischen dem Fürsten und dem Volke zu groß, und es fehlt dem Staate ein fester Zusammenhang. Um ihn zu bilden, sind Mittelglieder, sind Fürsten, Große und Edelleute nötig, um die Kluft auszufüllen. Nichts von allem diesem paßt jedoch für einen kleinen Staat, den solche Abstufungen zugrunde richten würden.
Ist es aber überhaupt schwierig, daß ein großer Staat gut regiert werde, so ist es noch weit schwieriger, daß er von einem einzigen Manne gut regiert werde. Jeder weiß, was daraus hervorgeht, wenn der König seine Regierungsgeschäfte anderen überläßt.
Ein wesentlicher und unvermeidlicher Mangel, der der republikanischen Regierungsform stets den Vorrang vor der monarchischen sichern wird, besteht darin, daß in ersterer die öffentliche Meinung fast immer nur erleuchtete und befähigte Männer, die ihren Ämtern Ehre machen, zu den höchsten Stellen erhebt, während die, die in Monarchien zu ihnen gelangen, häufig nur kleine Wichtigtuer, kleine Betrüger, kleine Ränkeschmiede sind, denen die kleinen Talente, die an den Höfen den Weg zu den höchsten Stellen bahnen, nur dazu dienen, dem Volke ihre Unfähigkeit zu zeigen, sobald sie ihr Ziel erreicht haben. Das Volk irrt sich hinsichtlich der Wahl weit weniger als der Fürst, und ein Mann von wahrem Verdienste ist im Ministerrate fast ebenso selten wie ein Dummkopf an der Spitze einer republikanischen Regierung. Ergreift deshalb infolge eines glücklichen Zufalls ein solcher zum Regieren geborener Mann in einer durch die Schar jener sauberen Glücksjäger fast schon zugrunde gerichteten Monarchie das Staatsruder, so ist man über die Hilfsmittel, die er findet, überrascht, und das macht in einem Lande Geschichte.
Damit ein monarchischer Staat gut regiert werden könnte, wäre es nötig, daß seine Größe oder Ausdehnung genau den Fähigkeiten des Regenten entspräche. Erobern ist leichter als regieren. Hat man einen tauglichen Hebel, so kann man mit einem Finger die Welt erschüttern; um sie jedoch zu tragen, bedarf es der Schultern eines Herkules. Ist der Staat leidlich groß, so ist der Fürst fast jederzeit zu klein. Ereignet es sich dagegen, was freilich selten stattfinden wird, daß der Staat für sein Oberhaupt zu klein ist, so wird er wieder schlecht regiert, weil sich der Fürst stets mit großartigen Plänen trägt, darüber die Interessen des Volkes vergißt und es durch den Mißbrauch seiner zu großen Talente nicht weniger unglücklich macht als ein beschränktes Oberhaupt durch seine zu geringen Gaben. Ein Königreich müßte sich eigentlich bei jeder neuen Regierung nach der Begabung des Fürsten erweitern oder verengen; da die Fähigkeiten eines zusammengesetzten Regierungskörpers ein bestimmteres Maß haben, kann der Staat feste Grenzen behalten, ohne deshalb schlechter regiert zu werden.
Der empfindlichste Übelstand bei der Regierung eines einzigen ist der Mangel jener beständigen Nachfolge, die bei den beiden anderen eine ununterbrochene Verbindung herstellt. Nach dem Tode des einen Königs muß man einen anderen haben; bis zur Wahl vergeht eine gefährliche Zwischenzeit, und die Wahlen sind stürmisch. Besitzen die Staatsbürger nicht eine seltene Uneigennützigkeit und Redlichkeit, wie sie mit dieser Regierungsform nicht leicht vereinbar ist, so mischen sich Umtriebe und Bestechung ein. Selten wird der, dem sich der Staat verkauft hat, ihn nicht seinerseits verkaufen und sich nicht an den
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