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Der Gesellschaftsvertrag

Der Gesellschaftsvertrag

Titel: Der Gesellschaftsvertrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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Schwachen für das Geld entschädigen, das die Mächtigen von ihm erpreßt haben. Früher oder später wird unter einer solchen Regierung alles käuflich, und die Ruhe, deren man dann unter den Königen genießt, ist schlimmer als die Verwirrung während der Zwischenreiche.
    Was hat man nun getan, um diesen Übelständen vorzubeugen? Man hat die Kronen in gewissen Familien erblich gemacht und eine Ordnung der Thronfolge festgesetzt, die jedem Streite beim Tode der Könige vorbeugt, das heißt, man hat dadurch, daß man den Übelstand der Regentschaft an die Stelle der Wahlumtriebe setzte, eine scheinbare Ruhe einer weisen Regierung vorgezogen und es lieber darauf ankommen lassen wollen, Kinder, Unmenschen und Schwachsinnige zu Herrschern zu haben, als über die Wahl guter Könige streiten zu müssen. Man hat nicht bedacht, daß man fast immer verlieren muß, wenn man sich auf solche Weise allen Wechselfällen aussetzt. Der junge Dionysius hatte ganz recht, als er seinem Vater, der ihm eine schändliche Handlung verwies und unter anderem sagte: »Habe ich dir ein solches Beispiel gegeben?« erwiderte: »Oh, dein Vater war auch nicht König.«
    Alles trägt dazu bei, einem zur Herrschaft über andere erzogenen Menschen jedes Gefühl für Gerechtigkeit und Rechenschaft zu rauben. Man soll sich viel Mühe geben, um junge Prinzen mit der Regierungskunst vertraut zu machen; diese Erziehung scheint ihnen aber keinen großen Nutzen zu bringen. Man würde besser tun, wenn man damit den Anfang machte, sie in der Kunst des Gehorsams zu unterrichten. Die größten Könige, die die Geschichte rühmt, sind nicht zur Regierung erzogen worden; das ist eine Wissenschaft, die man sich um so weniger aneignet, je länger man sie studiert hat, und die man sich besser durch Gehorsam als durch Befehlen erwirbt. »Nam utilissimus idem ac brevissimus bonarum malarumque rerum delectus, cogitare, quid aut nolueris sub alio principe aut volueris.« (Die nützlichste und zugleich kürzeste Art der Entscheidung zwischen Gutem und Bösem für einen Fürsten ist die Überlegung, was er selbst wollen würde und was nicht, wenn er Untertan eines anderen Fürsten wäre.)
    Eine Folge dieses Mangels an Zusammenhang ist der Wankelmut der königlichen Regierung. Da sie nach dem Charakter des regierenden Fürsten oder der statt seiner regierenden Leute bald diesen, bald jenen Plan befolgt, ist sie außerstande, lange einen bestimmten Zweck und ein festes Verfahren beizubehalten. Diese ewige Unbeständigkeit, die bei anderen Regierungsformen, unter denen der Fürst immer derselbe bleibt, nicht stattfindet, versetzt den Staat in ein unaufhörliches Hin- und Herschwanken von einem Grundsatz zum andern und von einem Entwurfe zum andern. Auch sieht man deshalb, daß im allgemeinen an einem Hofe mehr List und in einem Senat mehr Weisheit herrscht, und daß die Republiken durch festere und besser befolgte Pläne ihre Zwecke erreichen, während jede Revolution im Ministerrat auch eine im Staate hervorruft, da alle Minister und fast alle Könige den Grundsatz teilen, in allen Stücken das Gegenteil ihrer Vorgänger zu tun.
    Aus ebendieser Zusammenhangslosigkeit ergibt sich auch die Lösung eines von den königlich gesinnten Politikern oft gehörten Trugschlusses. Sie vergleichen nicht allein die bürgerliche Regierung mit der häuslichen und den Fürsten mit dem Familienvater – diese irrige Ansicht habe ich bereits widerlegt –, sondern legen dieser hohen Person auch äußerst freigebig alle Tugenden bei, die er nötig hätte, und gehen immer von der Annahme aus, daß der Fürst wirklich sei, was er sein sollte, eine Annahme, bei der offenbar die königliche Regierung den Vorzug vor jeder andern verdient, weil sie unstreitig die stärkste ist und der nichts weiter fehlt, um auch die beste zu sein, als einer größeren Übereinstimmung des Regierungswillens mit dem allgemeinen.
    Wenn nun aber nach Platos Behauptung ein geborener König eine so seltene Erscheinung ist, wie oft werden dann erst Natur und Glück sich die Hand reichen, um ihn zu krönen? Und wenn die königliche Erziehung unbedingt diejenigen, die sie empfangen, verdirbt, was kann man dann von einer ganzen Reihe zum Herrschen erzogener Männer hoffen? Die Verwechslung der königlichen Regierung mit der eines guten Königs ist demnach eine absichtliche Täuschung. Um zu sehen, was diese Regierung an sich ist, muß man sie unter unbefähigten oder schlechten Fürsten ins Auge fassen, denn sie werden

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