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Der Gesellschaftsvertrag

Der Gesellschaftsvertrag

Titel: Der Gesellschaftsvertrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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Vereinigung die ihnen natürlichen Unstimmigkeiten vermeiden. Gegen jemanden, der nur kleine Staaten will, darf man die Mißbräuche in den großen nicht als Einwand erheben. Wie soll man denn nun aber den kleinen Staaten hinlängliche Stärke verleihen, um den großen widerstehen zu können? Wie einst die griechischen Städte dem Perserkönige und in letzter Zeit Holland und die Schweiz dem Hause Österreich widerstanden.
    Jedenfalls: Kann man nun den Staat nicht auf die gehörigen Grenzen beschränken, so bleibt immer noch ein Ausweg, und zwar keine Hauptstadt zu dulden, jede Stadt der Reihe nach zum Sitze der Regierung zu machen und in ihnen auch abwechselnd die Volksversammlungen abzuhalten.
    Behandelt die Gebiete gleichmäßig; gebet überall die gleichen Gesetze, verbreitet überall Wohlstand und Lebensfreude! So wird der Staat allemal der stärkste und bestregierte sein, wie nur irgend möglich. Denkt daran, daß die Mauern der Städte nur aus den Trümmern der Bauernhäuser errichtet werden. Bei jedem Schlosse, das ich in der Hauptstadt erstehen sehe, glaube ich die Schutthaufen einer ganzen Landschaft vor mir zu haben.

14. Kapitel
Fortsetzung
    In dem Augenblicke, wo das Volk als oberherrlicher Körper gesetzmäßig versammelt ist, ruht jegliche Befehlsgewalt der Regierung, ist die vollziehende Gewalt aufgehoben und die Person des geringsten Bürgers ebenso heilig und unverletzlich wie die des höchsten Staatsbeamten, weil in der Anwesenheit des Vertretenen es keine Vertreter mehr gibt. Die meisten Unruhen, die zu Rom in den Comitien entstanden, rührten von der Unkenntnis oder Vernachlässigung dieses Grundsatzes her. Damals waren die Konsuln nur die Leiter der Volksversammlungen, die Tribunen bloße Sprecher [Fußnote: Ungefähr in dem Sinne, den man im englischen Parlamente mit diesem Worte verbindet. Die Ähnlichkeit dieser Ämter würde Zwistigkeiten zwischen den Konsuln und Tribunen hervorgerufen haben, selbst wenn alle Befehlshabergewalt geruht hätte.] und der Senat gar nichts.
    Die Zwischenzeiten dieser Amtsaufhebung, in denen der Fürst einen wirklichen Oberherrn anerkennt oder wenigstens anerkennen sollte, sind ihm stets schrecklich gewesen; und diese Volksversammlungen, die den Schutz des politischen Körpers und den Zügel der Regierung bilden, sind stets den Oberhäuptern ein Greuel gewesen. Auch lassen sie es weder an Bemühungen noch Einwänden, weder an Schwierigkeiten noch Versprechungen fehlen, um sie den Staatsbürgern zu verleiden. Sind letztere geizig, feige, verzagt, lieben sie mehr die Ruhe als die Freiheit, so halten sie es gegen die immer neuen Anstrengungen der Regierung nicht lange aus. Bei der unaufhörlichen Steigerung ihres Widerstrebens schwindet schließlich die oberherrliche Gewalt und die meisten Gemeinwesen verfallen so und gehen vor der Zeit zugrunde. Aber zwischen die oberherrliche Macht und die unumschränkte Regierung schiebt sich bisweilen eine Mittelmacht ein, die noch einer Erwähnung bedarf.

15. Kapitel
Von den Abgeordneten oder Vertretern des Volkes
    Sobald der Staatsdienst aufhört, die Hauptangelegenheit der Bürger zu sein, und sie ihm lieber mit ihrem Gelde als mit ihrer Person dienen, ist der Staat schon seinem Untergange nahe. Zum Kampfe schicken sie Miettruppen und bleiben zu Hause, zur Beratung ernennen sie Abgeordnete und bleiben wieder zu Hause. Infolge ihrer Trägheit und ihres Geldes haben sie schließlich Soldaten, das Vaterland zu unterjochen, und Vertreter, es zu verkaufen.
    Das rastlose Treiben des Handels und der Künste, die nie zu befriedigende Gewinnlust, die Weichlichkeit und Bequemlichkeitsliebe bringen es dahin, daß jeder persönliche Dienst durch Geld ersetzt wird. Man tritt einen Teil seines Verdienstes ab, um desto ungestörter dem Mammon nachjagen zu können. Aber gebet nur Geld her und man wird euch bald mit Ketten lohnen. Das Wort Finanzen ist ein Sklavenwort und in einem wirklichen Gemeinwesen unbekannt. In einem wahrhaft freien Lande tun die Bürger alles mit ihren Armen und nichts mit dem Gelde; weit entfernt, sich von ihren Pflichten freizumachen, würden sie noch dafür bezahlen, sie persönlich zu erfüllen. Ich stimme der gewöhnlichen Ansicht durchaus nicht bei; ich bin überzeugt, daß Frondienste mit der Freiheit weniger im Widerspruch stehen als Abgaben.
    Je vollendeter die Staatsverfassung ist, desto mehr überwiegen die öffentlichen Angelegenheiten in den Augen des Staatsbürgers die privaten. Es gibt dann sogar weit

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