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Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch
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knarren und quietschen die Lederpanzer meiner Leibwache.
    Fren bleibt allein zurück; aber sie muss mir verzeihen! Was hätte ich tun sollen?
     
    Als der Lärm und die Schritte jenseits der Türen klangen, trat die Stille in den Saal. Fren neigte den Kopf. Das leicht amüsierte, ironische Lächeln, das ständig ihre Lippen umspielte, verlor sich. Mit dem Zeigefinger fuhr sie sich tastend über die Stirn und dabei fühlte sie, wie grauer Puder die Farbe ihres Gesichts verdüsterte.
    Es war schon recht, aber eine gewisse Mattigkeit blieb immer dabei zurück. Sie war müde geworden im Lauf der Jahre. Sie dachte an die grün geschminkten Finger Ämars.
    wie viel Tage waren das? Zwei oder drei? Fren lauschte. Waren da Schritte? Nein, der Lärm entfernte sich. Schweigen floss wie Sirup aus den Winkeln, floss von der Decke in zähen, klebrigen Fäden. Mochte Schweigen sein! Es tat ihr wohl, allein zu sitzen. Nichts zu tun, nichts zu sagen, … nicht zu lächeln.
    Fren fühlte, wie sie alt wurde. Fast fünfunddreißig Jahre, und sie wurde alt. Sie lehnte sich nicht dagegen auf. Warum auch? Auflehnung wäre Jugend gewesen.
    Da lief er einfach hinaus, dieser Junge, Tolt! – Nein, sie war wohl nicht beleidigt. Fren hatte sich daran gewöhnt, dass sie fortliefen. Ganz eigenartig, je wichtiger ein Mann wurde, umso kindischer pflegte er sich aufzuführen. Wurde man denn Fürst oder – sei’s drum – Regent, um nur noch eiliger als all die Boten und Wächter laufen zu müssen?
    Ein frecher Junge, dieser Tolt, Regent von Zaina! Sagte doch: Verzeiht dem Regenten und tadelt Tolt. Drehte ihr die Münze in der Hand um!
    Zweifellos – Fren wusste das längst – hatte sie ihre Macht eingebüßt, weil sie am Augenblick gehangen hatte; aber war nicht das Leben die Summe all dieser Augenblicke! Nur der Augenblick, das Jetzt war wirklich, nicht die Projekte, denen Ämar sich geopfert hatte. Sogar er selbst hatte am Ziel den schalen Geschmack geschmeckt. Ein leerer Becher, den die anderen ausgetrunken hatten.
    Ämar … und nun Tolt, der sie haben wollte. – O ja, wie sehr er sie hatte haben wollen …
    Fren seufzte. Sollte er doch jetzt laufen und die Welt retten!
    Warum nicht, wenn er es so wollte? In spätestens zehn Jahren würde er – vielleicht nebenbei – bemerken, dass sie alt geworden war.
    Sie stand auf und strich mit den Fingerkuppen über die zarten Falten ihrer Chtrißa. Sie blickte an sich hinab. Nun gut! Einem Regenten musste an leiblichen Nachkommen gelegen sein, wenn er nicht eines Tages unter dem Gejohle der Menge von der Mauer gestürzt werden wollte. Und dem Regenten Tolt würden die Priester nicht viel Zeit lassen!
    Sie schaute auf die Trümmer zu ihren Füßen.
    »Scherben bringen Glück«, sagte sie, und leise schwang das Echo ihrer Stimme aus den Winkeln zurück.
     
    Es war nicht leicht für das Moam, die gewaltigen elektrischen Spannungen, die Es auf Adapor antraf, so weit auszugleichen, dass sie dem Normalpegel Ne Pars entsprachen. – Es hatte diese winzigen, zerbrechlichen Intelligenzen nie so recht verstanden, hatte nie ihre millionenfach widersprüchlichen, individuellen Schwingungen auseinander zuhalten vermocht. Wozu auch? Sie waren des Moam Publikum und nicht umgekehrt. Aber dies, dies war etwas anderes!
    Die unzähligen Einzelstimmchen, an die sich das Moam gewöhnt hatte, vereinigten sich zu einem einzigen anschwellenden Schrei der Not, der Verzweiflung. Sie überfluteten das Moam wie die Kälte des Weltraums mit der Einsamkeit des Sterbens, mit dem kalten Hauch der Nacht, der in die Kuppeln hineinwehte. Sie griffen in ihrem millionenfachen Ringen um Luft wie mit riesigen, verzweifelt würgenden Krallen nach dem Moam, als wüssten sie, dass Es da sei, und wussten’s doch nicht.
    Blindwütig … Erstickende. – Das Moam wand sich, eine Bestie, der das Opfer sterbend noch die Bauchdecke zerreißt.
    Das Moam verstand nicht, litt, wand sich in den Qualen des Mitleidens. Dann, allmählich wurde der Ansturm schwächer. Der Schrei versiegte. Was blieb, war Schweigen.
    Das Moam erholte sich, weitete vorsichtig tastend seine sensitive Sphäre aus; aber da war nichts. – Ein großer Felsbrocken, an den Es sich klammerte, Kälte … allein! Kein Geist, kein Leben, allein …
    Da explodierte etwas im Moam, ein Knoten, in dem sich Seine Intelligenz seit Äonen verschlungen hatte, barst. Wie ein Blitz traf Es die Einsicht all dessen, was geschehen war und was geschehen würde. Es sah, wie Es sich selbst

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