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Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch
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betrogen hatte, wie Es die anderen, diese kleinen, lebendigen Intelligenzen gequält, unterjocht und schließlich vernichtet hatte. Es durchschaute den Plan, mit dessen Hilfe Es von Ne Par nach Adapor gelockt worden war.
    Und Es schrie, schrie hinauf zu den Sternen. Offenbarte sich – rasend – in momentaner Allwissenheit, dass sogar die Menschen auf Ne Par an Ihm teilhatten. Aber die Einsicht war nur wie ein Blitz, danach erlosch das Moam. Auf immer freilich blieb es anwesend mit Seinen Taten … zeitlos und tot wie Adapor.
     
    Dies ist der Augenblick, der Moment des Verweilens. Die Zeit ist erstarrt. Die Dinge liegen nackt im grellen Licht.
    Wie tönerne Bilder stehen die Menschen unbeweglich. Kein Blatt fällt auf den Boden, kein Wind berührt die Haut, kein Härchen regt sich, und der Funke, aus der Glut stiebend, verharrt im Auftrieb.
    Wahnsinn steht in der Tür.
    Zu spät.
    Das Moam rast in der Zeit, berennt die selbst errichteten Gitter.
     
    Einer der gefangenen Adaporianer, er hatte sein Leben lang mit Computern gearbeitet, sah sich vor einer Staude knien, deren Stängel biegsam und hohl waren, denn er stellte sich vor, dass ein Computer auch mit etwas anderem Fließenden als mit Elektrizität – vielleicht mit Wasser – arbeiten könnte. Aber dieser Mann sah auch den Pfeil, der vor ihm in der Luft hing, und wusste, dass dieser Pfeil ihn gleich töten würde und dass Ne Par darum auf das Wassergehirn noch eine Weile würde warten müssen, da sonst niemand genug über Datenverarbeitung wusste. Aber er bemerkte auch, dass einer der Ne Paresen, der gar nicht hier, sondern in jenem fernen Gebäude dort weilte, an seinen Gedanken teilnahm und seinen Tod zwar bedauerte, dabei aber an einen simplen Wasserhahn dachte, den er einmal gesehen und sehr bewundert hatte. – So war also auch der Mann, der vor der Staude kniete, nicht er selbst, sondern einer der späteren …
    Thomal, der über einem ne-paresischen Wachsoldaten hockte, das Gesicht von Kampfeswut verzerrt alle beide, sah, dass er diesen Mann mit seinem Stein im nächsten Moment töten würde. Sie beide wussten es und empfanden das gleiche Bedauern, weil es umsonst war.
    Was war denn eigentlich geschehen? – Alle wussten es jetzt endlich, die Fragonreiter, die in der Ferne über den Großen Wagen kreisten, sogar die Jünglinge der Orolastämme, die um das Feuer ihre barbarischen Tänze gestampft hatten, obwohl es denen recht gleichgültig blieb.
    Warum flog ein Pfeil auf das Herz des Computerspezialisten zu, warum würde Thomal gleich einem Ne Paresen den Schädel zerschmettern? – Es war der gleiche Streit, dessentwegen Artom selbst zum Admiral der Adaporianer geeilt war: Im Gefangenenlager hatte Thomal seine Kameraden wieder gefunden. Jene, die im giftigen Morgentaumoos eingeschlafen waren. Sie schliefen noch immer. Er hatte veranlasst, sie intravenös zu ernähren, doch da waren die Wachen eingeschritten.
    Es hatte sich rasch ein Auflauf gebildet mit bösen Gebärden auf beiden Seiten, und es war nicht bei Gebärden geblieben. In dieser Situation waren die unnachsichtigen Befehle des Regenten eingetroffen. Wen wundert es da, dass die Wachen ein großes Schlachten begannen, obwohl sie doch hätten merken müssen, dass die Gefangenen noch immer von ihren Waffen im Stich gelassen waren.
    Aber Thomal hatte das kommen sehen. Er hatte den Widerstand organisiert, Steine gesucht und geschleudert … und nun der Moment der Erkenntnis! Nun wusste er plötzlich, dass bei den schlafenden Kameraden die Hirnzentren, die die Persönlichkeit ausmachen, längst zerstört, dass die Ne Paresen nette, anständige Leute, dass Adapor tot, dass der gläserne Wald Moam hieß und wahnsinnig war …
    Admiral Franzik gewahrte das sinnlose Töten im Lager, aber während sein Geist immer weitere Bereiche des Lebens der Menschen, des Moam, der Zukunft und der Vergangenheit erfasste, genoss er zum ersten Mal seit seiner Berufung den Zustand des Wissens. Endlich löste sich das Rätsel um die Ermordung Mohaljas, den das Moam zufällig mit einem seiner Verse, dieser merkwürdigen roten Frucht getötet hatte, und – darum also waren bestimmte Informationen über Ne Par und diesen Krieg nicht zugänglich, weil sie der Oberste Rat um seines Plans willen beiseite geschafft hatte.
    Nur nebenbei und ohne großes Bedauern nahm Franzik zur Kenntnis, dass er gleich diesen Artom mit der goldenen Haube, der eine Stufe unter ihm verharrte, hinabstoßen würde. Der Tod dieses Mannes war so

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