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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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laufen. Offenbar hoffen sie, mich über die Grenze locken zu können, um mich dort zu empfangen.« Eine solche Begegnung sehnte ich herbei, um die Lords ein für alle Mal abzustrafen. Der Tod der gesandten Krieger hatte meine Wut vorübergehend gelindert, obwohl ich spüren konnte, wie sie immer noch in meinem Herzen schwelte. Doch ich musste mich gedulden. Mein Plan sah vor, mich zunächst nach Maruyama zurückzuziehen und dort meine Truppen zu mobilisieren. Nichts würde mich davon abbringen.
    Ich berührte mit der Stirn den Rasen, um meinem Lehrer das letzte Lebewohl zu sagen. Manami kam aus dem Gästetrakt und kniete mit einigem Abstand hinter uns.
    »Ich bringe einen Korb, Herrin«, flüsterte sie.
    »Gib ihn mir«, erwiderte Kaede. Es war ein kleiner Korb aus Weidenflechten und rot gefärbten Lederstreifen. Sie nahm ihn an sich und öffnete ihn. Der Duft von Aloepflanzen stieg von ihm auf. Kaede legte das weiße Bündel hinein und verteilte die Aloepflanzen kreisförmig am Rand. Dann stellte sie den Korb vor sich auf den Boden, und zu dritt verbeugten wir uns noch einmal.
    Ein Buschsänger trillerte sein Frühlingslied und aus der Tiefe des Waldes antwortete ihm ein Kuckuck, der erste, den ich dieses Jahr gehört hatte.
    Am folgenden Tag hielten wir die Begräbniszeremonie ab und beerdigten den Kopf neben Shigerus Grab.
    Ich veranlasste, dass für Ichiro ein zweiter Stein aufgestellt werden würde. Zu gern hätte ich erfahren, was wohl aus Chiyo, der alten Frau, und den anderen Bediensteten in Hagi geworden war. Mich quälte der Gedanke, dass das Haus nicht mehr existierte, dass man es niedergebrannt hatte: das Teezimmer, der obere Raum, in dem wir so oft gesessen und in den Garten hinuntergeschaut hatten, der Nachtigallenboden, zerstört, ihrer Lieder für immer beraubt. Am liebsten wäre ich so schnell wie möglich nach Hagi geeilt, um mein Erbe einzufordern, ehe man es mir nahm. Doch ich wusste, dass dies genau die Reaktion war, die die Otori sich erhofften.
    Fünf der Bauern starben sofort, zwei weitere erlagen später ihren Verletzungen. Wir begruben sie auf dem Tempelfriedhof. Von den Pferden waren zwei schwer verwundet und Amano ordnete an, ihnen den Gnadentod zu geben. Die anderen beiden waren unverletzt geblieben. Das eine gefiel mir besonders, ein schöner schwarzer Hengst, der mich an Shigerus Pferd Kyu erinnerte und sein Halbbruder hätte sein können. Makoto bestand darauf, die Otorikrieger ebenfalls mit vollem Zeremoniell zu begraben und darum zu beten, dass ihre Geister aus Wut über diesen unehrenhaften Tod nicht verweilten, um uns heimzusuchen.
    An diesem Abend kam der Abt in den Gästetrakt und wir unterhielten uns noch bis tief in die Nacht. Makoto und Miyoshi Kahei, einer meiner Verbündeten und Freunde aus Hagi, waren ebenfalls dabei; Kaheis jüngerer Bruder Gemba war als Vorhut nach Maruyama geschickt worden, um dem ältesten Gefolgsmann der Domäne, Sugita Haruki, unseren unmittelbar bevorstehenden Aufbruch anzukündigen. Im vergangenen Winter hatte Sugita Kaede versprochen, sie und ihre Forderungen zu unterstützen. An jenem Abend war Kaede nicht dabei; sie und Makoto fühlten sich aus verschiedenen Gründen in der Gegenwart des anderen nicht wohl und sie ging ihm, wenn möglich, aus dem Weg. Ich hatte sie aber gebeten, sich hinter den Wandschirm zu setzen, damit sie alles hörte, was gesprochen wurde. Später würde ich sie um Rat fragen. In der kurzen Zeit seit unserer Heirat hatte sich herausgestellt, dass ich mit ihr reden konnte wie bislang mit niemandem. Offenbar hatte ich so lange geschwiegen, dass ich nun kaum genug davon bekam, meine Gedanken mit ihr zu teilen. Auf ihr Urteil und ihre Weisheit war Verlass.
    »Dann befindet ihr euch also nun im Kriegszustand«, sagte der Abt, »und eure Armee hatte gerade ihr erstes kleineres Gefecht.«
    »Von wegen Armee«, sagte Makoto. »Ein Haufen Bauern! Wie gedenkst du sie zu bestrafen?«
    »Wie meinst du das?«, entgegnete ich.
    »Es gehört nicht zu ihren Aufgaben, Krieger zu töten«, sagte Makoto. »Jeder andere in deiner Position würde sie mit äußerster Härte bestrafen. Man würde sie kreuzigen, in Öl sieden, ihnen bei lebendigem Leibe die Haut abziehen.«
    »Genau das wird ihnen geschehen, wenn sie den Otori in die Hände fallen«, murmelte Kahei.
    »Sie haben in meinem Namen gekämpft«, sagte ich. Insgeheim dachte ich, dass die Otorikrieger ihr schändliches Ende verdient hatten, obwohl ich bereute, sie nicht allesamt selbst

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