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Der Glanzrappe

Der Glanzrappe

Titel: Der Glanzrappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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’ s dir vorübergehend zur Verfügung gestellt hab.«
    Morphew drehte sich um und stapfte das kurze zertrampelte Stück Weg vom Stall zurück.
    Jetzt war er allein mit dem Rappen und besah ihn sich genau. Dabei merkte er, daß auch das Pferd eine Entscheidung über ihn fällte. Von einem Tier wie diesem hatte er noch nie gehört, und er fühlte sich ihm unterlegen. Es war ein junger, kraftvoller Hengst mit einem schmalen Kopf u nd weit auseinanderstehenden Augen. Er hatte einen hoch angesetzten Schweif und einen langen, zarten Hals, aber massive Schultern. Die Hinterhand war gut bemus k elt, die Beine hatten kurze Röhren, aber starke, elastische Gelenke. Er hatte steile Hufe, und der Strahl wurde durch die Trachten nicht eingeengt.
    Er machte einen Schritt auf ihn zu und strich über seinen langen Kopf. Der Hengst ließ zu, daß er ihm über Backen, Hals und Maul fuhr; dann weiter über den Rü ck en und die Schultern und hinab bis zu den Beinen, wo Robey am Vorarm und am Unterschenkel den Druck seiner Hände verstärkte. Er blickte dem Pferd in die Augen und hatte den Eindruck, daß es ihn akzeptierte, vielleicht sogar mochte.
    Nachdem er mit den Händen kräftig über den Körper des Glanzrappen gestrichen hatte, legte er ihm das Zaumzeug an und die Satteldecke auf. Er zog den Sattelgurt an und sagte dem Pferd, was er vorhatte. Dann stieg er in den Steigbügel und schwang sich in den Sattel. Er sagte dem Hengst, daß er jetzt bereit war, und der machte deutlich, daß es losgehen konnte.
    Als er vors Haus geritten kam, saß der alte Morphew in einem Schaukelstuhl auf der Veranda. Der Handstandjunge lief so nah wie möglich an ihn heran, ohne mit den Händen unter den Stuhl zu geraten. Morphew hatte einen Leinenbeutel mit Dosen zurechtgelegt, die scharf gewürzten Schinken, Schweinefleisch und Bohnen und Kondensmilch enthielten. Er stand auf und kam mühsam von der Veranda herunter.
    »Bild dir nicht zuviel darauf ein, daß du ihn reitest«, sagte er und zog die Steigbügelriemen fest. »Wer so ein Tier reitet, meint irgendwann, er wäre was ganz Besonderes.«
    Dann trat der alte Morphew einen Schritt von dem Pferd zurück. Jugendliches Feuer funkelte plötzlich in seinen Augen. Er wirkte zufrieden wie ein Kaufmann, der ein gutes Geschäft zum Abschluß gebracht hat. Robey sah die Freude in seinem Gesicht und kam zu dem Schluß, d aß der alte Mann vor kurzem etwas Schreckliches erlebt haben mußte, was ihn zutiefst berührt und verstört hatte, im Herzen und im Verstand, und daß er erst jetzt allmählich wieder zu sich kam.
    »Rupert«, rief Morphew dem Deutschen zu, »bist ja heute gar nicht betrunken?«
    Ohne sich bei der Arbeit stören zu lassen, streckte ihm der bucklige Mann den Mittelfinger der rechten Hand entgegen. Morphew lachte über ihr kleines spitzbübisches Spiel.
    »Bucklige sind oft schlauer als wir«, sagte er, als wäre das eine Wahrheit für Eingeweihte.
    »Läuft der Junge nie auf den Füßen?« fragte Robey .
    »Nein«, antwortete Morphew mit einem Blick auf den Handstandjungen. »Er geht verkehrt herum durch die Welt. Ich wette, so was hast du noch nie gesehen oder gehört.«
    »Nein, Sir, ich glaub nicht.«
    »Du hast noch viel zu lernen, und ich hoffe, du lebst lange genug, daß du davon erzählen kannst.«
    »Ganz bestimmt.«
    »Gut so. «
    M it einer Handbewegung forderte er ihn auf loszureiten. »Jetzt such deinen Vater, und bring ihn nach Hause, dann rechnen wir ab.«
    Nach diesen Worten ritt Robey auf dem Glanzrappen davon, die schweren Revolver in den Hüfthalftern. Als er aus seinem Blick verschwand, bemerkte Morphew, daß der Deutsche zur Veranda gekommen war und nun neben ihm stand. Der Schmied bewunderte die wunderschönen, fließenden Bewegungen des Hengstes und war erstaunt, daß das Pferd den Jungen offensichtlich mochte.
    »Ein beeindruckendes Tier«, sagte Morphew.
    »Die Art von Pferd, die einen auch das Leben kosten kann.«
    »Hab ich auch schon gedacht.«
    »Und was hast du weiter gedacht?«
    »Eine ganze Menge. An seine Mutter. Daß er genauso ist wie sein Vater und alles tut, was er sich in den Kopf gesetzt hat. Daß so einer leicht in Schwierigkeiten geraten kann und nur schwer wieder rauskommt.«
    »Und vielleicht auch, daß bei dem, was er jetzt vorhat, das Pferd womöglich klüger ist als er?«
    »Auch das hab ich gedacht.«
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    3 ES WAR HERRLICH ,
    auf dem Rücken des Glanzrappen zu

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