Der glueckliche Manager
Erfolgreichsten zu orientieren. Das Fernsehen liefert uns diese Bilder direkt ins Wohnzimmer. Wenn wir ihrer Verführung in unseren Erwartungen nachgeben, werden wir mit Sicherheit unglücklich werden.
Ich erinnere mich an ein Plakat, das schon ziemlich alt ist. Es stammt glaube ich, aus dem Jahr 2003. Auf dem Plakat ist Wolfgang Thierse abgebildet und er stellt die Frage: »Gibt es ein Recht auf Glück…?«
Ich will zunächst verneinen, aber ich sage ja. Doch bei wem kann man das Recht einklagen? Ich gebe mir darauf eine einfache Antwort: bei mir selbst.
Jeder Mensch hat das Recht, glücklich zu sein, er muss sich nur darum kümmern. Er darf nicht darauf warten, bis ihm irgendjemand eine Schachtel Glück vorbeibringt.
»Der Mensch ist seines Glückes Schmied.« Es gibt Sprichworte, die klingen so wunderschön einfach. Das Dumme ist nur: Sie sind gar nicht einfach umzusetzen.
Es stimmt, wir in Europa können unser Leben weitgehend selbst gestalten. Aber auch das hat Grenzen: Krankheit, Tod, Arbeitslosigkeit, Erdbeben und vieles andere mehr begrenzen unsere Gestaltungsmöglichkeiten. Darüber hinaus ist es in vielen Ländern, in vielen Regionen dieser Welt nicht so einfach, sich ein Stück Glück zu sichern. Wie glücklich wäre ich heute, wenn ich in Haiti geboren worden wäre? Vermutlich würde ich gar nicht mehr leben…
Auch ich tendiere zu der Empfehlung, »positiv« zu denken und ein paar Regeln zu befolgen, um mein Glück zu machen. Das ist naiv und trotzdem auch richtig. Selbstverständlich muss man konstatieren, dass das Verhältnis von Aktivität und Passivität, Macht und Ohnmacht viel komplizierter ist, als man denken mag.
Dennoch hat das Sprichwort seine Berechtigung, denn es drückt eine aktive Handlung aus. Diese beginnt zunächst bei der eigenen Existenz. Dabei handelt es sich nicht nur um eine räumliche, sondern auch um eine zeitliche Dimension. In diesen Dimensionen begegnen wir der Quelle des Lebens. Ich definiere sie mit der Antwort auf die Frage: »Wie lebe ich eigentlich?« Wenn ich nach meiner Lebensquelle suche, beschäftige ich mich zunächst mit meinem eigenen Leben. Ich betrachte es von außerhalb, mit Abstand, und versuche herauszufinden, wie es sich entwickelt hat und wie die weitere Lebensführung aussehen kann. Bei dieser Suche hoffe ich auf die Chance, mein Glück zu finden. Wenn ich meine Lebenserwartungen realistisch gestalte, wird es leichter, das wahre Lebensglück zu finden.
Für das Glück und die Zufriedenheit sind die »richtigen« Erwartungen wichtig. Es ist eine Binsenweisheit des Lebens, dass überspannte Erwartungen unglücklich machen. Aber wie entstehen denn meine Erwartungen? Und ab wann sind sie überspannt?
Eines Tages erhielt ich eine Mail vom chinesischen Staatsfernsehen CCTV. Man wollte mit mir ein Interview über Laotse machen. Ich hatte Zweifel: Was könnte ich den Chinesen schon über Laotse erzählen? Gut, ich habe viel von und über Laotse gelesen und habe ein Buch für Manager geschrieben, was deutsche Manager von Laotse lernen könnten. Aber ich kann nicht für mich in Anspruch nehmen, den Chinesen neue Erkenntnisse über Laotse zu vermitteln. Der Termin hat sich zunächst verschoben. Aber schließlich kam es dann in Düsseldorf doch noch zu einem Treffen, und ich wurde drei Stunden lang über Laotse befragt und gefilmt. Nach einem halben Jahr hatte ich noch keine Information darüber erhalten, wann der Film gesendet würde. Dann wurde mir eine sehr schön gestaltete Box zugeschickt. Darin lagen fünf DVDs mit einer Spielzeit von insgesamt viereinhalb Stunden. Ich sah mir die DVDs an (auf chinesisch natürlich). Es ist ein wunderbarer Film über China und den Daoismus. Auch ich kam vor – auf der ersten DVD für genau zwei Sekunden, in denen ich einen wichtigen Satz sagte. Bin ich nun enttäuscht? Bin ich glücklich? Ich bin froh, dass ich keine Erwartungen hatte. Ich empfinde etwas Genugtuung, dass ich in China mit meinen Büchern (die in die chinesische Sprache übersetzt wurden) zur Kenntnis genommen wurde. Ich bin amüsiert, dass aus den drei Stunden Interview zwei Sekunden geworden sind, und ich bin ein kleines bisschen glücklich, dass es zumindest ein wichtiger Satz war, den ich sagen durfte.
Das Glück stellt sich also ein, wenn man realistische Erwartungen hat. Das bedeutet, dass die Erfüllung der Erwartungen aufgrund der bisherigen Lebenserfahrung wahrscheinlich ist.
Gibt es ein Glückskonzept?
Bereits der lateinische Enzyklopädist
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