Der goldene Esel
Hühner und einen guten Vorrat köstlichen alten Weins.
Ich rief gleich Fotis.
»Sieh hier,« sagte ich, »der Venus Ermunterer und Waffenträger, Bacchus, ist auch schon da. Schonen wir seiner heute nicht, auf daß er in uns alle träge Scham ertränke und rüstige Wollust dafür herbeischaffe! Denn frisch segelt das Schiffchen der Venus die Nacht hindurch, wenn nicht in der Lampe das Öl noch im Becher der Wein versiegt.«
Der Rest des Tages ging über dem Bade hin und dem schmalen Abendessen beim Milo, wozu ich eingeladen war.
Byrrhennens Warnung eingedenk, vermied ich bei Tische, soviel ich konnte, die Augen meiner Wirtin, und sah ich sie ja einmal an, so war es so schüchtern, als ob ich in die Hölle blickte. Ich hielt mich dafür an Fotis schadlos; denn mit innigem Vergnügen schielt ich immer nach ihr hin, als sie hinter uns aufwartete.
Wie es etwas später hinkam, sah Pamphile die Lampe an und rief: »Ei, was werden wir morgen für Regen kriegen!« – »Woher weißt Du denn das?« fragte der Mann. – »Das sagt mir die Lampe,« antwortete sie.
Milo fing darüber laut zu lachen an und sprach: »Potz Stern! Hab ich doch nimmermehr gedacht, daß wir an unsrer Lampe eine so kluge Sibylle hätten, die auf ihrer Leuchter-Warte alle Verrichtungen des Himmels und selbst die Sonne beobachtet!« – Darauf nahm ich das Wort.
»O, von dergleichen Weissagungen,« sprach ich, »hat man Beispiele die Menge. Sie lassen sich auch leicht erklären. Denn ist gleich dieses Feuer klein und nur durch Menschenhände angezündet, so waltet dennoch zwischen ihm und dem großen himmlischen Feuer (als wovon es ursprünglich abstammt) eine starke Sympathie ob. Es kann daher nicht allein selbst durch geheime Ahnungen die Veränderungen des hohen Äthers vorauswissen, sondern sie uns auch recht wohl vorher verkündigen. Wir haben auch jetzt einen gewissen Chaldäer bei uns zu Korinth, der die ganze Stadt mit seinen wunderbaren Antworten in Verwirrung setzt und den Leuten die Geheimnisse des Schicksals für Geld aufschließt. Er weiß auf ein Haar anzugeben, welcher Tag das eheliche Band am festesten knüpfe, welcher den Grund der Stadtmauern verewige, welcher dem Kaufmann vorteilhaft, welcher den Reisenden zu Lande und zu Wasser glücklich sei. Mir selbst hat er auf mein Anfragen über den Erfolg dieser Reise allerhand höchst wundersame und bunte Sachen prophezeit; denn er sprach bald von großem Ruhm, den ich erlangen, bald von einer sonderbaren, fast unglaublichen Geschichte, die mir widerfahren, bald von mancherlei Büchern, die ich schreiben würde.«
Milo lächelte und fragte:
»Wie sieht er denn aus und wie heißt er denn, dieser Chaldäer?«
»Es ist ein langer, schwarzbrauner Mann,« erwiderte ich, »und heißt Diophanes.«
»Ja, ja!« sagte er, »es ist derselbige, der auch bei uns gewesen ist. Dem ehrlichen Kerl begegnete hier ein garstiger Streich. Er hatte sich von unseren Neugierigen schon ein hübsches Geld durch seine Wahrsagereien verdient und stand eines Tages mitten unter einer Menge Leute, denen er seine Orakel verkündigte, als mit einmal ein gewisser Kaufmann Cerdo zu ihm kommt und ihn um den besten Tag befragt, den er zu einer vorhabenden Reise zu erwählen hätte. Mein Diophanes, nach tausenderlei Krimskrams, bestimmt ihm einen Tag, und schon zieht der Kaufmann einen Beutel heraus, schüttet das Geld aus und fängt an, die hundert Denare aufzuzählen, die er für die Weissagung zu entrichten hat. Siehe, da drängt sich von hintenher ein junger Edelmann zu dem Seher hin, zupft ihn beim Rocke, und als dieser sich umsieht, fällt er ihm um den Hals und küßt ihn mit großer Freude. Diophanes bewillkommnet ihn sogleich auch, nötigt ihn, niederzusitzen, und ganz außer sich über die plötzliche Erscheinung, vergißt er darüber sein vorhabendes Geschäft und sagt zu dem Edelmann: ›Welch eine Freude hab ich, Sie endlich einmal wiederzusehen! Wann sind Sie angekommen?‹ – ›Mit einbrechendem Abend,‹ antwortete jener. ›Aber erzählen Sie mir doch auch, lieber Freund, wie es Ihnen zu Wasser und zu Lande ergangen ist, seit Sie so eilig von (der Insel) Euböa abfuhren?‹ – Der gute ehrliche Chaldäer, der noch gar nicht wieder bei sich selbst war, versetzte: ›Unsern Neidern und Feinden mag ich eine so grausame und wahrhaft Ulyssische Reise nicht wünschen, als ich gehabt habe! Das Schiff, worauf wir fuhren, von Wind und Wellen gemißhandelt, verlor bald Ruder und Mast, und als wir es
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