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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucius Apuleius
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Kräfte, reizten die Begierden wieder und erneuten das Gefühl der Wollust.
    Noch manche Nacht verfloß uns nach diesem Muster.
    Eines Tages bat mich Byrrhenna sehr inständig zu sich zu Gaste. Ich lehnte es ab, soviel ich konnte; allein sie bestand schlechterdings darauf. Was war zu tun? Ich mußte zur Fotis gehen und aus ihren Augen wie aus dem Fluge der Vögel mir Rats erholen.
    Sie sah es zwar ungern, daß ich mich weiter als einen Finger breit von ihr entfernte; inzwischen erteilte sie mir dennoch in Huld und Gnaden Urlaub.
    »Aber höre,« sprach sie, »komm auch ja nicht so spät nach Hause; denn eine liederliche Rotte vornehmer junger Leute aus der Stadt macht des Nachts die Straßen unsicher, hin und wieder trifft man beständig in den Gassen Erschlagene an, und da die Truppen des Statthalters so weit von uns liegen, so ist dem Unwesen gar nicht zu steuern. Dein Staat und die Geringschätzung, die man hier gegen Fremde hegt, könnten Dich leicht Nachstellungen aussetzen.«
    »Ich bitte Dich, sei dieserhalb ohne Sorgen, liebe Fotis,« antwortete ich. »Ich würde ja selbst darunter leiden, wenn ich dem Schmause vor dem Vergnügen, bei Dir zu sein, den Vorzug gäbe. Und jetzt, da es gar darauf ankommt, Dich von dieser Furcht zu befreien, werde ich gewiß um so früher wieder hier sein. Gleichwohl will ich nicht ohne Geleit gehen. Ich will meine Lenden mit meinem treuen Schwerte gürten, um doch im Notfall einige Bedeckung bei mir zu haben.«
    Also geschah es, und ich begab mich zum Gastmahl.
    Ich fand große Gesellschaft und, als in einem der ersten Häuser von Hypata, lauter schöne Welt.
    Das Mahl war herrlich. Die Tischbetten glänzten von Elfenbein und waren mit goldnen Decken überhangen. Die Pokale groß, von mancherlei schönen Formen, doch von gleicher Kostbarkeit. Hier prangte künstlich geschliffenes Glas, dort heller Kristall. Anderwärts schimmerte blankes Silber oder glühte das feinste Gold. Auch Bernstein, zu den schönsten Gefäßen ausgehöhlt, lud den Mund zu trinken ein. Kurz alles, was nur Reichtum und die seltenste Kunst vermag, war allhier anzutreffen.
    Vorleger die Menge; alle aufs stattlichste gekleidet. Gerichte im Überfluß.
    Zur Aufwartung die artigsten Mädchen und schönfrisierte und wohlgeputzte Knaben, die in Gemmen-Gläsern fleißig alten Wein herumreichten.
    Man brachte Licht, und das Tischgespräch nahm überhand, ward lebhaft. Man lachte, scherzte, witzelte hin und wieder.
    Da fing Byrrhenna zu mir an:
    »Nun, mein lieber Lucius, wie gefällt es Ihnen bei uns? Meines Wissens tun wir uns vor anderen Städten durch Tempel, Bäder und andere öffentliche Gebäude hervor. Auch haben wir ganz hübsche Möbel. Übrigens hat man hier völlige Freiheit, zu leben, wie man will. Der Freund der großen Welt findet bei uns das geräuschvolle römische Leben, und wiederum, wer die Eingezogenheit liebt, – die Ruhe und Stille des Landes. Wer sich nur in der Provinz ein Vergnügen machen will, der kommt zu uns gereist.«
    »Ich stimme Ihnen in allem bei, liebe Tante,« antwortete ich, »was Sie sagen. In der Tat habe ich mich auch nirgends noch so frei gefühlt als hier. Wenn nur die böse Magie nicht wäre! Um ihretwillen bin ich immer in Ängsten. Sie schleicht hier so im Finstern, daß kein Mensch sich davor in acht nehmen kann. Selbst die Toten in ihren Gräbern sollen nicht davor sicher sein; man holt Reste und Gliedmaßen von Leichen, von Brandstätten und Scheiterhaufen hinweg, den Lebendigen damit Unheil zuzufügen. Ja, die Schwarzkünstlerinnen sollen es sogar oftmals mit den Verstorbenen nicht zum Begräbnisse kommen lassen, indem sie die Leichen mit unglaublicher Geschwindigkeit während des Begängnisses von den Bahren herunterstehlen.«
    »Ei, was noch mehr ist,« fiel ein anderer ein, »nicht die Lebendigen einmal werden hier verschont. Ich kenne jemanden, der ein Lied davon singen kann. Der arme Teufel hat Nase und Ohren eingebüßt und ist jämmerlich entstellt.«
    Die ganze Gesellschaft schlug bei den Worten ein mutwilliges Gelächter auf, und aller Augen suchten jemanden, der in einer Ecke des Saales ganz allein gelagert war. Dieser ward äußerst beschämt und böse. Er sprang auf, schimpfte und fluchte etwas in den Bart hinein und wollte fort.
    »O, nicht doch, lieber Telerophon,« sprach Byrrhenna zu ihm, »Sie werden doch nicht böse werden und fortgehen wollen? Bleiben Sie bei uns, ich bitte Sie, und haben Sie nochmals die Höflichkeit, uns Ihre Geschichte zu

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