Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucius Apuleius
Vom Netzwerk:
nährten und recht dazu abgerichtet waren, jeden Vorübergehenden zu zausen und zu beißen.
    Sobald die abscheulichen Biester durch das Hetz! Hetz! der Hirten angefeuert und angereizt sind, stürzen sie in wildem Grimme und mit fürchterlichem Gebelle auf die armen Leute ein und beißen, zerfleischen und zerreißen sie aufs allererbärmlichste. Wehe! wen sie gleich fassen, aber weher noch, wen sie erst nach langem Verfolgen erhaschen!
    In dem Gewirre und Getümmel der Flucht geriet der jüngste der drei Brüder ins Gedränge, stieß an einen Stein und stürzte zu Boden. Gleich hatten die Hunde den Unglücklichen unter und fingen an, ihn in Stücke zu reißen. Sein Sterbegeschrei hörend, erkennen die Brüder die Gefahr; sie eilen herbei zu Hilfe. Sie wickeln die Röcke um ihre Linke und suchen durch Steinwürfe ihren Bruder zu verteidigen und die Hunde von ihm abzujagen; allein umsonst! Es war der grausamen Blutgier derselben kein Einhalt zu tun; der Arme verschied unter ihren Bissen! Seine letzten Worte waren: »Brüder, laßt an dem reichen Bösewicht Euern jüngeren Bruder nicht ungerächt!«
    Nun drangen die beiden übrigen Brüder blindlings, nicht aus Verzweiflung, sondern aus Verachtung ihres Lebens auf den reichen Wüterich ein und schleuderten in der äußersten Bosheit Steine über Steine nach ihm. Allein ohne allen Anstand schwang dieser seine Lanze und warf sie dem einen mitten durch die Brust. Augenblicklich verließ den Getroffenen das Leben, dennoch fiel er nicht zur Erde; denn es fuhr das Eisen der Lanze, nachdem es Brust und Rücken durchbohrt, so tief in den Boden, daß der schwingende Schaft den Leichnam in der Schwebe emporhielt.
    Nach dem andern Bruder schleuderte ein großer, starker Kerl von Bedienten, der seinem Herrn zu Hilfe kam, einen gewichtigen Stein; doch, anstatt den rechten Arm zu zerschmettern, auf den er gerichtet, streifte der mattgewordene Wurf nur die äußersten Fingerspitzen desselben und fiel unschädlich zur Erde. Der Jüngling bediente sich listig dieses glücklichen Zufalls zur Rache; er tat, als sei von dem Wurfe ihm die Hand zerquetscht, und sprach also zum grausamen Reichen:
    »So freue Dich denn, Du raubsüchtiger Bluthund! freue Dich des Untergangs einer ganzen Familie! weide Deine unersättliche Grausamkeit am Blute dreier Brüder! und triumphiere frohlockend über den Mord Deiner Mitbürger! Aber wisse! so sehr Du auch die Armen um das Ihrige betrügst und je weiter und weiter Deine Grenzen hinausrückst; dennoch wirst Du immer einen Nachbar haben! Und hätte mir nur des Geschickes Mißgunst meine Rechte nicht gelähmt, Du solltest jetzt Dein Haupt vor deinen Füßen suchen!«
    Durch diese höhnische Rede noch mehr erbost, zog mein Meister Bandit das Schwert, und damit in blinder Wut gegen den Jüngling an, um denselben eigenhändig darniederzurennen. Allein, da kam er blind an! Der Jüngling, der zu seinem Erstaunen nicht so wehrlos war, als er's sich eingebildet, fing ihm die geschwungene Rechte auf, bemächtigte sich seines Schwerts und erschlug den Nichtswürdigen mit mehreren Streichen. Dann richtete er das vom Blute seines Feindes rauchende Eisen, um sich vor dessen Bedienten zu retten, gegen sich selbst und durchhieb sich die Kehle.
    Dies war es, was die schrecklichen Wunderzeichen vorbedeuteten! Dies war es, was man dem unglücklichen Vater berichtete!
    Vor Leid konnte der arme Greis weder ein einziges Wort hervorbringen noch auch eine stumme Träne weinen. Er ergriff das Messer, womit er vorgelegt hatte, und schnitt sich damit nach seines Sohnes Beispiele mehrmals in die Gurgel, bis er vorwärts tot auf den Tisch hinsank und mit dem Strome seines Blutes die Flecken des Wunderbluts hinwegspülte.
    Nachdem der Gärtner das Schicksal dieses so im Hui erloschenen Hauses genugsam beklagt hatte, seufzte er schmerzlich über sein eigen Mißgeschick und rang die Hände, nach einer teuer mit Tränen bezahlten Mahlzeit so weiten Weges mit leeren Händen wieder heimziehen zu müssen. Er setzte sich auf mich und ritt voller Trübsinns fort.
    Allein auch sein Heimzug fiel unglücklich aus.
    Es begegnete uns ein großer Kerl, der dem Kleide und Ansehen nach ein Soldat aus einer Legion war; er fragte in seiner Sprache, auf Lateinisch, ziemlich trotzig: »Wo willst Du mit dem leeren Esel hin?« Der Gärtner verstand kein Latein, war auch viel zu sehr in Traurigkeit vertieft, als daß er auf die Anrede hätte achten sollen; ohne zu antworten, ritt er also vorbei. Dadurch fand

Weitere Kostenlose Bücher