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Der goldene Ring

Der goldene Ring

Titel: Der goldene Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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Fenster ab und gingen zur Tür. Burke hob den Riegel.
    Jetzt bist du frei, deine eigene Wahl zu treffen!
    Dort standen Dionket und Creyn und andere, die die Tracht der Redakteure trugen. Hinter ihnen drängten sich zahlreiche Überlebende. Elizabeth wehrte ihre Gedanken behutsam ab, begegnete dem Blick der beiden Heiler.
    »Laßt mir nur ein paar Minuten Zeit.« Sie wies auf den roten Jumpsuit für die Ballonfahrt, den sie immer noch anhatte. »Ich möchte mich gern nach anderen Kleidern umsehen.«
    Von seiner Basis gerissen, wälzte sich der riesige Glaskasten, der die Große Retorte war, in der Flut, und mit jeder heftigen Schwankung fielen die Körper in seinem Inneren Übereinander. Schließlich beruhigte sich die Retorte und schwamm auf einigermaßen ebenem Kiel. Zur Hälfte lag sie unterhalb der Wasserlinie, und diejenigen unter den Gefangenen, die bei Bewußtsein waren, hatten das Gefühl, in einer bizarren Parodie auf einem Boot mit Glasboden zu sitzen. Die schwarz und silberne Marquise, die das Gehäuse bedeckt hatte, war ganz zerrissen und flog davon, als der Sturm in den ornamentalen Aufbau griff. Die Bänke und Tische, die Kommoden und Eßteller und Wasserkrüge, alles wurde mit den Körpern der Verurteilten auf einen Haufen geworfen.
    Raimo Häkkinen spuckte Salzwasser, salziges Blut und einen Zahn aus. Er lag gegen die Vorderfront gedrückt, nahe der Tür. Wasser leckte durch Ritzen rund um den Rahmen.
    »Helft mit!« krächzte er, zog sein Unterhemd aus und riß mit den Zähnen Streifen davon ab.
    Nur eine Person von dem Haufen Verwundeter in seiner Nähe reagierte, eine Frau in dem gepolsterten Unterzeug für die Rüstung. Sie bissen und rissen ihr kurzes Gambeson entzwei; die zusammengedrückten Plastikblasen ergaben ein ausgezeichnetes Material zum Kalfatern.
    »Jetzt müßte sie abgedichtet sein.« Raimo bedachte die Frau mit einem zahnlückigen Lächeln.
    »Sie schwimmt!« Sie starrte benommen auf das bräunliche Wasser, voll von unvorstellbarem Abfall, das die vier transparenten Wände umgab. »Wie ein verrücktes Aquarium - nur ... nur das da draußen sind keine Fische ...« Sie wandte sich ab und erbrach sich heftig. Raimo kroch auf Händen und Knien zurück.
    »Vielleicht kann ich einen Wasserkrug finden, der noch heil ist.«
    Er schlängelte sich durch die Körper und die Trümmer. Nicht wenige Leute lebten noch, aber es gab auch viele Tote. Er entdeckte einen Wasserbehälter mitten zwischen drei Leichen. Und war der eine da nicht ...
    Er drehte den Körper um. »Bryan? Bist du in Ordnung?« Die Lippen lächelten. »Bryan?«
    »Er kann dich nicht hören«, sagte die Stimme von Aluteyn Handwerksmeister. »Dein Freund ist in Tanas Frieden eingegangen.«
    Raimo, die Wasserflasche in Händen, fuhr zurück. »Äh -'wie traurig. Wir sind auf dem gleichen Boot nach Muriah heruntergekommen. Und wenn die Gerüchte, die ich Über ihn und Lady Rosmar hörte, der Wahrheit entsprachen, haben wir beide vielleicht - nun, auf die gleiche Weise gelitten.«
    Aluteyn löste behutsam Bryans goldenen Ring. »Nicht ganz auf die gleiche Weise, Raimo. Aber keiner von euch braucht noch länger zu leiden.« Er legte den Ring um Raimos Hals und entfernte den silbernen, den er getragen hatte. »Ich glaube, Bryan hätte gewollt, daß du seinen bekommst. Dein Gehirn heilt dank meiner kleinen Flickschusterei, und vielleicht finden wir fähigere Redakteure unter den anderen Überlebenden. Oder - später.«
    »Du glaubst, wir werden es schaffen? Du glaubst, dieser verdammte Glaskasten wird lange genug schwimmen, um uns ans Ufer zu bringen?«
    »Diejenigen, die Hemmnisse für meine Metafunktionen programmiert haben, tun es nicht mehr. Ich kann einen bescheidenen PK-Wind erzeugen, sogar das Wasser heraushalten, indem ich die Wände der Retorte verstärke, jetzt, wo ich mein volles Bewußtsein wiedergewonnen habe.« Er wies auf die umherliegenden Körper. »Wenn du mir helfen willst, die noch Lebenden auszusortieren ...«
    »Laß mich die Dame holen, die mir geholfen hat, die Tür zu kalfatern!« Raimo grinste und schwankte davon. Der Boden der Retorte schaukelte in den heftigen Strömungen, die Körper rollten durcheinander.
    Der Handwerksmeister betrachtete ein letztes Mal das lächelnde Gesicht des toten Anthropologen. Dann nahm er, stöhnend vor Schmerz und Resignation, seine Arbeit wieder auf.
    Sie war eine gute Schwimmerin und eine mutige Frau. Mit ihrer erschöpften Kreativität konnte sie immer noch aus einem Teil ihrer

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