Der goldene Ring
Häuschen und Hütten und riefen einander aufgeregt zu. Ein langer Zug von Reitern schlängelte sich an das Dorf heran.
Old Man Kawai hörte den Lärm und steckte den Kopf aus der Tür von Madame Guderians rosenbedecktem Haus unter den Kiefern. Er sog die Luft durch die Zähne.
»Sie kommt!«
Eine kleine Katze schoß aus dem Kasten unter dem Tisch. Er wäre beinahe Über sie gefallen, als er sich umwandte und nach einem Schabeisen griff. »Ich muß Blumen abschneiden und ihr zur Begrüßung entgegeneilen!« Streng zeigte er mit dem Finger auf die Katze. »Und du - sieh zu, daß deine Jungen gewaschen sind, damit du uns beiden keine Schande machst!«
Die gazebespannte Tür knallte zu. Vor sich hinmurmelnd, hackte der alte Mann einen Armvoll der schweren Büschel von Junirosen ab. Dann lief er den Pfad hinunter, eine Spur von rosa und roten Blütenblättern hinter sich lassend.
* * *
ENDE DES DRITTEN TEILS
Epilog
Der junge Ramapithecus erinnerte sich noch gut an den Vorfall in seiner Kindheit, und deshalb kehrte er an den See der Riesenvögel zurück.
Da war ein Pfad, den größere Wesen als er vor mehr als einem Jahr gemacht hatten und der danach von anderen Tieren offengehalten worden war, denn es war ein trockener Sommer gewesen, und der Kratersee tränkte die Durstigen. Doch der Ramapithecus war nicht auf der Suche nach Wasser.
Langsam kroch er auf das offene Gebiet um den Kraterrand hinaus. Da war der Vogel! Als er unter ihm hockte, wunderte er sich, warum er kleiner als damals zu sein schien. Und das Loch in seinem Bauch war fort, zusammen mit dem Kletterding. Aber es war sein Vogel. Das wußte er. Die Erinnerung brannte in ihm. Seine Mutter schrie vor Zorn ... packte zu, warf eine kostbare Freude fort, die in der Farbe der Sonne schimmerte.
Er suchte. In einem Busch. Dieser Busch, dieser Stechginsterstrauch. Er steckte einen braunbehaarten Arm in das Dickicht dünner Zweige. Vorsichtig! Kratz den staubigen Boden auf! Wühle, suche!
Seine Hand berührte etwas Glattes und Hartes. Er zog es mit großer Behutsamkeit heraus. Es war, wie er sich erinnerte. Die Knöpfe schnappten auf, die Hälften schwenkten zur Seite, und diesmal paßte es gut um seinen Hals, so daß es nicht mehr Über den Kopf gezogen werden konnte. Es würde ihm nicht mehr weggenommen werden.
Er stand auf und stieg auf dem Pfad hinunter zum Wald, wo seine furchtsamere Gefährtin auf ihn wartete. Der Sonnenschein war heller, der Geruch des Maquis schärfer, das Trillern der Vögel und Insekten deutlicher. Alle Dinge rings um ihn waren verwandelt. Das war für ihn Aufregung und Freude und ein bißchen Angst, alles auf einmal.
Ich komme! Ja, ich bin es!
Er sprang in seiner Lust hoch, und die Geringeren Wesen auf dem Pfad beeilten sich, ihm aus dem Weg zu kommen.
DAS ENDE VON
»der GOLDENE RING«
Band III des Pliozän-Zyklus mit dem Titel Kein König von Geburt erzählt von einer Umschichtung der Machtstrukturen während einer turbulenten Epoche im Vielfarbenen Land. Menschen und ihre fremden Antagonisten erhalten darin erste Kenntnisse von einer neu- alten Bedrohung aus dem westlichen Morgen.
Anhang
Apologia pro geologia sua
Karte des Nordwesteuropas während des Pliozän
Karte der westlichen Mittelmeer-Region während des Pliozän
Karte von Ostaven (Balearische Halbinsel) während des Pliozän
Apologia pro geología sua
Die in diesem Zyklus geschilderte Vorzeit-Landschaft stellt Europa während der sogenannten miopliozänischen Regression dar, als das Mittelmeer vor der Öffnung der Straße von Gibraltar seinen niedrigsten Stand hatte. Der Zeitpunkt des letzteren Ereignisses ist nicht genau bestimmt, doch mag es vor etwa 5,5 Millionen Jahren stattgefunden haben, und ich habe diese Zahl auf 6 Millionen Jahre aufgerundet. Während des Miozän erhielt das Mittelmeer-Becken Wasser aus dem Atlantik durch zwei Kanäle, die sich mehrere Male öffneten und schlossen - den Befischen Kanal in Südspanien und den Rif-Kanal, der sich Über das nördliche Marokko, Algerien und Tunesien erstreckte. Die Straße von Gibraltar brach auf, nachdem sich der Rif- und der Befische Kanal geschlossen hatten. Danach mag sich das Mittelmeer ziemlich schnell aufgefüllt haben. Vielleicht nur hundert Jahre nach der Katastrophe wird das Becken des Leeren Meeres durch den Zustrom vom Atlantik vollgelaufen und das alte Rhonetal fast so weit nördlich wie Lyon vom Wasser bedeckt gewesen sein. Und zweifellos kam es zu tektonischen Anpassungen, durch
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