Der Goldvulkan
welche Gegend Jacques Ledun und Harry Brown erreicht hätten und aus der sie zurückkehrten, als die Indianer sie überfielen… das waren ebensoviele Geheimnisse, die in dem Grabe, worin der arme Franzose voraussichtlich bald die letzte Ruhestätte fand, für immer unenthüllt zu bleiben drohten.
Und doch gab es eine Art Dokument, das trotz seiner Unvollständigkeit über die Geschichte Leduns genügend Aufklärung gegeben hätte Jane dachte wohl öfters an dieses Blatt Papier, von dem außer ihr niemand Kenntnis hatte. Welchen Gebrauch sie davon noch machen würde, das sollte von den Umständen abhängen. Natürlich würde sie es wieder Jacques Ledun einhändigen, wenn dieser seine Gesundheit doch noch wiedererlangte. Wenn er aber nun starb? Inzwischen bemühte sich Jane trotz aller Anstrengung vergeblich, das spannende Geheimnis zu enthüllen. Daß die Landkarte die der Gegend war, wo der Franzose und sein Begleiter den letzten Sommer zugebracht hatten, unterlag wohl keinem Zweifel. Doch welche Gegend war das?… Wo verlief dieser Creek, dessen vielgewundne Linie sich von Südosten nach Nordwesten schlängelte? War das ein Nebenfluß des Yukon, des Koyukuk oder der Porcupine?
Als Jane eines Tags mit dem Kranken allein war, breitete sie vor dessen Augen die Karte aus, die doch jedenfalls von seiner Hand gezeichnet war. Jacques Leduns Blick wurde lebendiger und richtete sich einen Augenblick auf das rote Kreuz, das die Neugier der jungen Prospektorin im höchsten Maße erregt hatte. Diese war überzeugt, daß das Kreuz die Stelle einer wichtigen Entdeckung bezeichnete Der Kranke schob aber die ihm vorgewiesene Karte bald wieder von sich und schloß dann die Augen, ohne daß ein einziges Wort von ihm weitre Aufklärung über das interessante Geheimnis gegeben hätte.
Ob ihm vielleicht die Kraft zum Sprechen fehlte? Oder wollte er das Geheimnis nur bis zu seinem Ende bewahren? Wohnte im Grunde dieser Seele, die sich schon anschickte, aus dem erschöpften Körper zu entfliehen, doch noch die leise Hoffnung, zum Leben zurückzukehren? Vielleicht wollte sich der Unglückliche den Preis für seine Bemühungen bewahren, vielleicht sagte er sich auch, daß er doch noch einmal zu seiner Mutter zurückkehren und dieser ein für sie erworbenes Vermögen mitbringen würde.
So vergingen wiederum mehrere Tage. Jetzt herrschte die kalte Jahreszeit in all ihrer Strenge. Wiederholt sank die Temperatur bis auf fünfzig Zentigrad unter Null und es war da unmöglich, der Kälte im Freien zu trotzen. In den Stunden, die sie nicht im Krankenhause zubrachten, verweilten die beiden Vettern in ihrem Zimmer. Nur zuweilen und nachdem sie sich bis über die Ohren in dickes Pelzwerk gehüllt hatten, begaben sie sich nach einem der Kasinos, wo jetzt ein sehr geringer Verkehr war, da sich die meisten Goldgräber vor Eintritt der strengsten Kälte nach Dyon, Skagway oder Vancouver zurückbegeben hatten.
Vielleicht hatten auch Hunter und Malone in einer dieser Städte Zuflucht gesucht. Gewiß war nur das eine, daß sie seit der Katastrophe am Forty Miles Creek niemand wiedergesehen hatte und daß sie auch nicht zu den Opfern des Erdbebens gehörten, da diese inzwischen alle rekognosziert worden waren.
In diesen häufig von tollem Schneetreiben unterbrochenen Tagen konnte Summy Skim natürlich nicht ausziehen, um mit dem getreuen Neluto die in der Umgebung von Dawson City umhertrottenden Bären zu verfolgen. Er sah sich wie alle andern genötigt, sich einer fast vollständigen Klausur zu unterwerfen, der Ursache der infolge der außerordentlichen Erniedrigung der Temperatur herrschenden Krankheiten, die die Stadt in der schlechten Jahreszeit allemal so schwer heimsuchten. Das Hospital genügte gar nicht mehr, die ihm zugeführten Kranken aufzunehmen, und der Platz, der in der Stube Jacques Leduns jedenfalls bald frei wurde, würde bestimmt sofort wieder besetzt werden.
Vergeblich hatte der Doktor Pilcox alles versucht, dem armen Franzosen wieder zu Kräften zu verhelfen. Die Arzneien schienen jedoch bei ihm alle Wirkung verloren zu haben, und sein Magen vertrug auch keinerlei Nahrung mehr Das Leben entwich sichtlich mit jedem Tage, mit jeder Stunde mehr und mehr aus dem bis aufs äußerste erschöpften Organismus.
Am Morgen des 30. November trat bei Jacques Ledun eine so schwere Krise ein, daß man glauben konnte, er werde sie nicht mehr überstehen. Er wurde höchst unruhig und trotz seiner Schwäche konnte man ihn nur mit einiger Gewalt in
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