Der Goldvulkan
hinunterstürzen. Und während Summy Skim, abgesehen von seiner jährlichen Übersiedlung nach Green-Valley, ein Feind von Ortsveränderungen war, hatte Ben Raddle schon viele Male die Vereinigten Staaten durchstreift, die Fahrt über den Atlantischen Ozean gemacht und einen Teil Europas besucht, ohne bisher jemals die bewußte »große Gelegenheit« beim Schopfe fassen zu können. Erst unlängst war er von einer weiten überseeischen Reise zurückgekehrt und seitdem gönnte er sich keine Minute Ruhe, sondern lauerte immer auf das geträumte ungeheure Unternehmen, woran er sich beteiligen könnte.
Dieser Widerspruch ihrer Neigungen machte Summy Skim heimlich rechten Kummer. Er fürchtete immer, daß Ben Raddle sich einmal gezwungen sehen würde, ihn zu verlassen, oder daß er das mäßige Vermögen, das ihnen beiden Unabhängigkeit und Freiheit sicherte, durch ein abenteuerliches Unternehmen verschlungen sehen könnte.
Das bildete auch unablässig den Gegenstand des Gesprächs der beiden Vettern.
»Sage mir nur, Ben, bemerkte gelegentlich Summy Skim, wozu dient es, sich den Kopf zu zerbrechen über das, was du so pomphaft ›große Geschäfte‹ nennst?
– Das dient dazu, reich zu werden, sehr reich zu werden, Summy, antwortete Ben Raddle.
Als eifriger Jäger konnte er… (S. 12.)
– Ha,
by God!
Vetter, was hat einer davon, so reich zu sein? So viel braucht man doch nicht, in Green-Valley glücklich zu leben. Was würdest du denn mit so vielem Gelde anfangen?
– O, neue und noch bedeutendere Unternehmungen, lieber Vetter.
– Zu welchem Zwecke?
– Noch mehr Gold anzuhäufen, das ich dann zu noch umfänglicheren Geschäften verwenden würde.
– Und so weiter?
– Richtig…. und so weiter.
– Bis zum seligen Ende, nicht wahr? bemerkte Summy Skim ironisch.
– Bis zum letzten Atemzuge, Summy,« schloß Ben Raddle, ohne aus seiner Ruhe zu kommen, das Zwiegespräch, während sein Vetter, der nichts mehr zu erwidern wußte, verzweifelt die Arme zum Himmel emporstreckte.
Fußnoten
1 Diese Ereignisse sind in den »Außerordentlichen Reisen« in dem Romane »Die Familie ohne Namen« ausführlich geschildert.
2 Der offizielle Name Kanadas.
Zweites Kapitel.
Summy Skim wider Willen auf abenteuerlichem Pfade.
In seinem Heim angelangt, beschäftigte sich Summy Skim mit den ihm zunächst liegenden Aufgaben und Pflichten. Er mußte den Bekannten der Familie Mitteilung machen, sich für die Trauer ausrüsten und die kirchlichen Feierlichkeiten bestellen, die in der Parochie bei Todesfällen Sitte waren.
Was die Ordnung der seinen Onkel persönlich betreffenden Angelegenheiter anging, war es noch Zeit, darüber mit Herrn Snubbin eingehend zu sprechen wenn die beiden Vettern sich über ihre Entschließung geeinigt hatten und der Notar im Besitze der telegraphisch verlangten Unterlagen war, die es ihm ermöglichten, über die Hinterlassenschaft ein Verzeichnis aufzustellen.
Ben Raddle kam erst nach fünf Tagen, am 21. März, nach Montreal zurück, nachdem er sich einen Monat in New York aufgehalten hatte, wo zwischen ihm und mehreren andern Ingenieuren das Riesenprojekt einer Brücke beraten worden war, die, den Hudson überspannend, die Metropole mit New Jersey verbinden sollte.
Ben Raddle hing mit allen Fasern seines Herzens an dieser Arbeit, die ja geeignet war, einen Ingenieur zu begeistern. Die Errichtung der Brücke schien jedoch nicht so nahe bevorzustehen. Wohl sprach man davon in allen Journalen und studierte man die Sache auf dem Papier, mindestens vergingen aber voraussichtlich ein, vielleicht zwei Jahre, ehe es zur Ausführung der Arbeit kam. Daraufhin eben hatte sich Ben Raddle zur Heimreise entschlossen.
Sein Ausbleiben war Summy Skim recht lang vorgekommen. Wie oft bedauerte er, den Vetter nicht zu seinen Anschauungen bekehren, ihn nicht veranlassen zu können, ein friedliches, sorgenfreies Leben der jetzigen aufreibenden Existenz vorzuziehen. Die Geschichte mit der Hudsonbrücke steigerte nur noch seine Beunruhigung. Beteiligte sich Ben Raddle bei der Ausführung dieses Projektes, so fesselte ihn das vielleicht jahrelang an New York und er, Summy Skim, würde dann allein sein in dem gemeinschaftlichen Hause und allein auch in Green-Valley.
Gleich nach dem Eintreffen des Ingenieurs meldete sein Vetter ihm das in Dawson City erfolgte Ableben ihres Onkels Josias Lacoste, der als einziges Vermögen den Claim Nummer 129 am Ufer des Forty Miles Creek im Gebiete von Klondike hinterlassen
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