Der Golfklub Mörder Kommissar Morry
blondes Geschöpf, das einen kleinen Schmollmund und ein rundes, leidlich hübsches Gesicht besaß. Sie trug eng anliegende grüne Hosen aus Jacquard und einen knallroten, nicht weniger eng anliegenden Pullover.
Ihr Schmollmund war ärgerlich verzogen, als sie wütend schnarrte: „Sind Sie verrückt geworden? Wollen Sie das ganze Haus rebellisch machen?"
„Sie können das vermeiden, wenn Sie uns einlassen."
„Sind Sie tatsächlich von der Polizei?"
Morry wies seinen Ausweis vor. Miß Nell gab den Weg frei.
„Na schön, kommen Sie rein."
June Nell führte sie ins Wohnzimmer. Es war ein kitschig eingerichteter Raum, dessen Kommoden und Tischchen mit Nippesfiguren überladen waren. Die Kissen auf dem Plüschsofa waren mit Blumenmotiven und Sprüchen bestickt, und in zwei Vasen betätigten sich künstliche Blumen als Schmutzfänger. May ließ die Tür zum Flur offen und lehnte sich gegen den Rahmen.
„Wollen Sie nicht reinkommen und die Bude endlich schließen?" fragte Miß Nell ärgerlich.
May schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein, das will ich nicht."
„Was ist das für ein komischer Heiliger?" fragte Miß Nell zornig und blickte den Kommissar an. „Was hat das zu bedeuten?"
Morry lächelte. „Wie ich meinen Mitarbeiter kenne, legt er Wert darauf, Ihren Besucher im Auge zu behalten. Er will vermeiden, daß uns der gute Mann entwischt."
„Ich habe keinen Besucher."
„Sind Sie sicher?"
„Und wenn ich einen hätte . . . was geht Sie das an?"
„Oh, das ist eine andere Frage, meine liebe junge Dame. Sagen Sie uns lieber, wer er ist."
„Ein Freund. Er ist vorhin erst gekommen." Sie sprach sehr laut, offenkundig darauf bedacht, daß jedes Wort in der ganzen Wohnung verstanden werden konnte. „Er war nicht über Nacht hier."
„Bitten Sie ihn herein."
In diesem Moment öffnete sich eine der zum Flur führenden Türen. Ein Mann kam heraus und betrat das Wohnzimmer. Es war offensichtlich, daß er jedes Wort des Gesprächs verfolgt hatte. Er war groß und breitschultrig. Das runde, bläßliche Gesicht wurde von kleinen, weit auseinanderstehenden Augen beherrscht, die ungewöhnlich flink waren. Er trug einen hellen Sommeranzug und ein Sporthemd ohne Krawatte.
„Sie wollen mich sprechen?" fragte er kurz angebunden.
„Wer sind Sie?" erkundigte sich der Kommissar freundlich.
„Ist das so wichtig?"
„Ich denke schon."
„Hören Sie", sagte der breitschultrige Mann und klopfte mit dem Knöchel einige Male auf die Tischplatte, „ich habe nichts verbrochen. Sie können also nicht hinter mir her sein. Warum interessiert Sie mein Name? Ich habe meine guten Gründe, mich nicht vorzustellen. Ich bin verheiratet. Es wäre mir peinlich, wenn meine Frau erführe, wo ich die letzte Nacht verbrachte..."
Er warf einen Blick auf Miß Nell, die rot anlief und wütend die Lippen zusammen preßte. „Jaja, schon gut", winkte er ab. „Glaubst du etwa, du kannst die Polizei bluffen? Das hat. doch gar keinen Zweck." Er wandte sich wieder an Morry. „Also ich war hier in der Wohnung. Die ganze Nacht. June kann das bestätigen. Was wollen Sie von mir?"
„Zunächst einmal den Namen."
„Sind Sie gekommen, um mir Schwierigkeiten zu machen?"
„Sie haben nichts zu befürchten, wenn Ihre Weste rein ist."
„Also gut. Ich heiße March . . . Markus March."
Der Kommissar lächelte. „Ich verstehe. Immer, wenn Sie eine Nacht bei Miß Nell zubringen, müssen Sie eine Ausrede erfinden, um die Zweifel Ihrer Frau zu zerstreuen. Diesmal war es die Behauptung, den Bruder in Liverpool zu besuchen."
Marchs Kinn klappte nach unten. „Das wissen Sie?"
„Wenn ich Ihnen jetzt sage, daß man Ihre Stieftochter lebensgefährlich verletzt hat . . . was würden Sie antworten?"
March schluckte. Er zog die Unterlippe zwischen die Zähne und verkniff die Augen.
„Das kann doch nicht wahr sein", erwiderte er dann leise. „Er kann das doch nicht getan haben..."
„Wer?"
March faßte sich an den Hals. „Was ist geschehen?" keuchte er. „Erzählen Sie mir, was passiert ist. Ich muß es wissen!"
„Heute morgen, um sechs Uhr vierzig, um genau zu sein, wurde aus dem Führerhaus eines gestohlenen Lastwagens ein Schuß auf Ihre Stieftochter abgegeben. Die Kugel drang in den Kopf und muß, sofern das überhaupt möglich ist, auf operativem Weg entfernt werden. Das Opfer des Anschlags wird selbst bei einem Gelingen des Eingriffs für mindestens einen Monat nicht vernehmungsfähig sein."
Markus March zog einen Stuhl unter dem
Weitere Kostenlose Bücher