Der Golfklub Mörder Kommissar Morry
Schreibtisch, um seine Zigarette im Ascher auszudrücken. „Ich glaube, ich habe das Motiv", sagte er.
Der Doktor wandte sich um und hob die weißen, buschigen Augenbrauen.
„Das Motiv?" wiederholte er erstaunt.
James nickte. „Ja, ich habe es."
„Spannen Sie mich nicht auf die Folter, James."
James setzte sich auf die Kante des Schreibtisches und verschränkte die Arme vor der Brust. „Es geht dem Mörder darum, das Grundstück des Klubs in seinen Besitz zu bringen."
„Was sollte er damit?"
„Sehen Sie, Doktor, der Klub liegt in einem äußerst vornehmen Außenbezirk. Bauland ist heutzutage rar und sehr teuer. Wenn es dem Unbekannten gelänge, den Klub zu ruinieren und das Land in seine Hände zu bekommen, würde er ein Millionengeschäft abwickeln können. Jede Baugesellschaft würde sich um das Gelände reißen."
„Aber das hieße doch ..." begann der Doktor erregt und unterbrach sich dann. Er schüttelte heftig den Kopf. „Nein, das halte ich für ausgeschlossen. Sie glauben, der Täter versucht systematisch und mit allen erdenklichen Mitteln den Klub in den Ruin zu treiben?"
„Ich halte das für möglich."
„Um das zu erreichen, brauchte er nicht zu morden", sagte der Arzt. „Es würde genügen . . . theoretisch zumindest . . . die Mitglieder zu terrorisieren, so daß sie allmählich die Lust verlieren, noch länger Mitglied des Klubs zu bleiben."
„Vielleicht war es gar nicht die Absicht des Täters, den armen Sir Ginbourgh zu ermorden. Die Vergiftung sollte nur den Auftakt zu einer geplanten Serie von Schrecken und Einschüchterungsversuchen bilden. Nehmen wir an, der Täter war ein Laie ... er vertat sich mit der Giftmenge, und Sir Ginbourgh wurde ein Opfer dieses verhängnisvollen Irrtums."
„Nein, nein", meinte der Arzt nach kurzem Nachdenken. „Wie erklären Sie sich dann die lange Pause, die zwischen den beiden Untaten liegt? Sie spricht keineswegs für die Theorie, daß es dem Täter darum ging, eine Schreckensserie in Szene zu setzen."
„Vergessen Sie nicht den Schock, den unser Unbekannter erlitten haben muß, als er plötzlich wider Willen zum Mörder geworden war. Er ließ also zunächst von allen weiteren Versuchen ab. Aber der Plan war fest in seinem Inneren verankert. Allmählich wurde er ruhiger und sicherer. Die Polizei war ihm nicht auf die Schliche gekommen. Das gab ihm enormen Auftrieb. Sein Gewissen . . . falls er je eines besessen haben sollte . . . umgab sich gleichsam mit einer Hornhaut, die sich in Jahresfrist bildete. Ich kann mir vorstellen, wie er sich selbst gegenüber argumentierte. Ich bin ein Mörder, wird er sich gesagt haben. Daran läßt sich nichts ändern. Es kommt vielleicht auf ein weiteres Verbrechen nicht mehr an, solange ich das Ziel erreiche!"
„Sie haben eine erstaunliche Fähigkeit, die Psychologie des Verbrechers zu durchleuchten . . . aber ich fürchte, daß Sie dabei sehr laienhafte Vorstellungen zu Grunde legen", meinte der Doktor mit einem spöttischen Lächeln.
„Nein, nein, ich fürchte, hier geht die Phantasie mit Ihnen durch."
„Wer ist der Makler, von dem Sie vorhin sprachen? Wie heißt er?"
Der Blick des Doktors ging an James vorbei. „Der Makler hat nichts mit der Geschichte zu tun."
„Wie heißt er?" wiederholte James.
„Douglas Patterson."
„Klubmitglied?"
„Nein. Er war auch niemals Gast des Klubs. Schon deshalb kommt er als Täter nicht in Betracht. Der Mann, der Prentiss ermordete, ist ohne Zweifel Klubmitglied. Er war in dieser Nacht mitten unter uns. Vielleicht haben wir mit ihm gesprochen und gelacht; ganz sicher haben wir seine Hand gedrückt..."
Plötzlich klingelte es. Der Doktor entschuldigte sich und ging hinaus. Nach wenigen Minuten kam er zurück. Er hielt einen Brief in der Hand und riß ihn auf. Nachdem er ihn durchgelesen hatte, warf er ihn ärgerlich auf den Schreibtisch.
„Na, bitte schön!" rief er ungehalten und schlug mit der flachen Hand auf den Briefbogen. „Da haben wir es. Noch eine Austrittserklärung. Durch Boten überbracht. Ist das nicht lächerlich? Als ob es damit nicht Zeit bis morgen gehabt hätte."
James, der beobachtete, wie der Doktor erregt zum Fenster ging und dort stehenblieb, glitt vom Schreibtisch. „Ich habe den Mörder", sagte er.
„Was denn", entfuhr es dem Doktor, der sich umwandte. „Sie kennen ihn?"
„Ja", erwiderte James. „Er steht mir nur wenige Schritte gegenüber. Sie sind es, Doktor."
Doktor Brooks öffnete in maßloser Verblüffung den Mund
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