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Der Grabritter (German Edition)

Der Grabritter (German Edition)

Titel: Der Grabritter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Lierss
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nicht fertig, Herr Hauptkommissar.« Er nahm den linken Arm des Toten hoch und drehte den Leichnam über den rechten Arm auf den Bauch. Kerner starrte auf den Rücken des Toten, der nichts war als eine rohe Fleischmasse. Überall waren größere oder kleinere Stücke herausgerissen. Die Wunden waren an den Rändern unregelmäßig ausgefranst. Es sah für ihn so aus, als habe man dem Mann mit einer mittelalterlichen Peitsche, an deren Enden sich Widerhaken befanden, die Fleischstücke einfach aus dem Rücken herausgerissen. Kerner ahnte nicht, wie nahe er damit der Wahrheit kam. Fast unerträglich war dieser Anblick und doch sah Kerner genau hin. Unauslöschlich brannte sich das Bild in sein Gedächtnis ein. Es würde da sein, wenn er demjenigen gegenüber stand, der die Verantwortung dafür trug.
    Der Professor blickte in das wie aus Stein gemeißelte Gesicht Kerners. Hatte er bis vor einer Minute noch Zweifel an der Befähigung des Mannes vom BKA, beim Blick in diese Augen wurde ihm plötzlich klar, dass dort ein gnadenloser Jäger vor ihm stand. Einer von der Sorte die niemals aufgab.  »Das Weitere können wir gleich in meinem Büro besprechen, Herr Hauptkommissar. Nur eines will ich Ihnen noch zeigen. Bitte kommen Sie her zu mir.« Kerner ging zum oberen Ende der Leiche, wo auch der Professor nun stand.
    Er nahm einen Kugelschreiber aus der Brusttasche seines Kittels und zeigte auf eine Stelle an einem durchtrennten Halswirbel. »Sehen Sie diese kleine Druckstelle dort unterhalb des Wirbels?« Kerner betrachtete die ihm gezeigte Stelle. »Was ist das?« Fragend sah er den Professor an. »Nun, genau an dieser Stelle haben wir ein kleines Stück Stahl gefunden. Ich kann noch nichts Genaues sagen aber es wäre gut möglich, dass es von der Waffe stammt mit der der Mann enthauptet wurde. Dieses kleine ovale Hämatom sieht mir aus wie der Abdruck von einem einzelnen Glied einer massiven Halskette. Je nach dem aus welchem Material sie gefertigt war, könnte sie bei der Enthauptung eine Absplitterung an der Waffe verursacht haben.« Der Professor steckte den Kugelschreiber wieder ein und deckte die Leiche ab. »Kommen Sie, gehen wir in mein Büro. Dort kann ich Ihnen die weiteren Ergebnisse meiner Untersuchung zeigen.« Kerner blickte noch einmal auf die Plane unter der sich der Tote befand, und stellte die Schale die er immer noch in der Hand hielt auf den Untersuchungstisch. Er fragte sich, wer so etwas tun konnte. Ein Mensch? Ja zweifelsohne kam kein anderes Lebewesen dafür in Frage, aber menschlich konnte allenfalls die Hülle der Kreatur sein, die im Stande war, so etwas anzurichten. Langsam drehte er sich um und folgte dem Professor, der bereits an der Tür auf ihn wartete.
     
    Draußen im Gang stand Rainer Huber und wollte gerade etwas sagen. Als er Kerners immer noch versteinerten Gesichtsausdruck bemerkte, schwieg er. Er ließ seine Schultern fallen und machte gar nicht erst den Versuch, sich den beiden anzuschließen.
    Im Büro des Professors glaubte Kerner, sich in einer Bibliothek zu befinden. An allen Wänden des Raumes standen Regale, die bis unter die Decke reichten, vollgepfropft mit Büchern. Auch der Schreibtisch in der Mitte des Raumes war überladen mit Büchern und Aktenordnern. Der Professor nahm einen Stapel mit Ordnern von einem Stuhl herunter und bot ihn Kerner an. Aus seiner Kitteltasche holte er einen Schüssel und öffnete die Schublade seines Schreibtisches. Er nahm eine Akte und einen kleinen Plastikbeutel heraus. Beides trug die Aufschrift BKA Meckenheim , Kriminalrat Herzog . Er schob die Unterlagen, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen zur Seite, schlug die Akte auf und sah Kerner an. »Die Leiche haben Sie gesehen. Jetzt kommen wir zu ein paar Sachen, die Sie nicht sehen konnten, die aber deshalb nicht weniger interessant sind. Im Blut des Toten konnte etwas höchst Ungewöhnliches festgestellt werden. Es befand sich eine hohe Konzentration von Terpentinöl darin.« Der Professor bemerkte Kerners fragenden Blick. »Terpentinöl, Herr Hauptkommissar, ist dem Mann möglicherweise mit einer ganz bestimmten Absicht injiziert worden. In früheren Zeiten haben verschiedene Geheimdienste diese Methode angewandt, um etwas aus Personen herauszubringen, die nicht kooperierten. Man hat es ihnen direkt in die Blutbahn injiziert. Die Leute bekamen rasendes Fieber und Wahnvorstellungen. In diesem Zustand wurden sie unter Folter verhört. Es gab dabei so gut wie niemanden der nicht alles, was er

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