Der Grabritter (German Edition)
Zukunft im Gully landete? Freiwillig war er mit ihr zu einem Drogentest gegangen. Schwarz auf weiß war belegt, dass sich keinerlei Drogen in seinem Körper befanden. Trotzdem, Marquart hatte ihr unmissverständlich klar gemacht, dass er die Sache so aufbauschen würde, dass es sogar zu einer Haftstrafe reichte. Nun saß sie hier. Sie konnte ihren Jungen nicht im Stich lassen, aber gab es für sie beide überhaupt irgendeinen Weg, unbeschadet aus allem herauszukommen?
Plötzlich klopfte es an der Beifahrerscheibe. Erschreckt drehte Christa den Kopf. Das feiste Gesicht von Marquart erschien. Er sah sich noch einmal kurz um, öffnete dann die Tür und ließ sich neben Christa auf den Beifahrersitz fallen. »Hallo Christa, schön, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben«, begann er in merkwürdig vertrautem Ton die Unterhaltung. Christas Kopf wurde immer heißer. Mit feindseligen Blicken betrachtete sie den unheimlichen Kriminalrat. Zu gerne hätte sie diesem hinterhältigen und unsympathischen Kerl die Augen ausgekratzt. »Ich glaube nicht mich daran erinnern zu können Ihnen jemals das Du angeboten zu haben. Also was wollen Sie von mir?« Marquart grinste höhnisch. »Nicht so überheblich, meine Liebe, nicht so überheblich. Ich denke, dass in erster Linie Sie etwas von mir wollen. Wenn ich es veranlasse, geht morgen eine Akte zur Staatsanwaltschaft. Glauben Sie mir, bei der Menge Extasy, die man bei Ihrem Sohn gefunden hat und dafür wurde gesorgt, geht er in den Knast. Ich habe daran kein großes Interesse. Ich weiß doch, was man in dem Alter so alles verbockt, ohne dass man wirklich kriminelle Energie in sich trägt. Allerdings sprechen die Gesetze eine ganz andere Sprache. Also, wer will hier was von wem? Ich schlage Ihnen einen Deal vor. Die Sache mit Ihrem Jungen verschwindet aus den Akten. Nichts ist geschehen. Alles kann seinen gewohnten Gang gehen. Der Junge hat nach wie vor eine Zukunft und darf später vielleicht einmal richtige Verbrecher jagen. Dafür, meine Liebe, müssen Sie mir lediglich einen kleinen Gefallen erweisen.
Ich möchte, dass Sie mich über die Ermittlungen in dem Fall mit der Leiche ohne Kopf auf dem Laufenden halten. Sehen Sie, wir arbeiten doch beide für den gleichen Verein. Herzog schottet mich leider gegen viele Sachen zu sehr ab. Unter uns, ich vermute, er hat Angst um seine Stellung innerhalb des BKA. Vielleicht würde ich in manchen Fällen mit besseren Ergebnissen aufwarten können als er. Nennen Sie es meinetwegen krankhaften Ehrgeiz meinerseits. Aber schließlich dient es doch im Endeffekt nur der Gerechtigkeit. Glauben Sie mir, es gibt Dinge, die sind von weitaus größerer Bedeutung als die, dass ein dummer Junge in den Knast geht oder ob eine kleine Sekretärin Herzschmerz empfindet. Das ist eine Frage der Prioritäten, die ich vielleicht ein wenig anders einschätze als Sie, meine Liebe. Also, Christa, entscheiden Sie sich. Haben wir eine Abmachung?« Christa sah Marquart hilflos an. Sie dachte an ihren Sohn, sie dachte an Kriminalrat Herzog und die ganze Abteilung. Alles in ihrem Kopf schien wie in einem Orkan durcheinander zu wirbeln. Tränen stiegen in ihre Augen. Sie war nicht fähig eine Antwort zu geben. Marquart blieb ungerührt. »Nun, dann sind wir uns einig. Ich erwarte bis spätestens übermorgen die ersten Ergebnisse von Ihnen.« Mit einer ruckartigen Bewegung öffnete er die Tür und stieg aus. Noch einmal beugte er sich in das Wageninnere. »Bis übermorgen und wagen Sie nicht, mich zu verarschen. Sie würden es bereuen.« Marquart warf die Tür zu und verschwand. Bei Christa brachen alle Dämme. Sie weinte haltlos. Zum ersten Mal im Leben hegte sie einen abgrundtiefen Hass gegenüber einem Menschen. Aber war dieser Marquart überhaupt ein Mensch?
19
Die schwarze Limousine mit den Kennzeichen des Corps Diplomatique rollte langsam auf den Parkplatz in der Züricher Innenstadt. Dann hielt er und aus dem Wagen stiegen zwei Männer in dunklen Anzügen. Einer von ihnen war James Lambert-Jackson, ehemaliger Präsidentenberater unter George W. Bush, der andere … Conte Ferruccio Vigiani.
Zwei weitere Männer, die aussahen wie Bodyguards, blieben im Wagen sitzen. Gemeinsam überquerten der Conte und Lambert-Jackson den Parkplatz und stiegen die Stufen zu dem gegenüberliegenden großen Gebäude hoch. Es war die Rüd, Lehmann & Koch. Ehemals eine der angesehensten Schweizer Privatbanken, mittlerweile eine Tochtergesellschaft der
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