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Der Graf von Monte Christo

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Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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schauten ihn voll Erstaunen an, denn sie begriffen diese Unempfindlichkeit nicht, als sie hinter sich den Boden unter einem schweren Tritte erdröhnen hörten. Sie wandten sich um und sahen Diavolaccio, der Rita in seinen Armen hielt; ihr Kopf war zurückgeworfen und ihre langen Haare hingen bis zur Erde herab. Als Diavolaccio mehr in den Kreis des vom Feuer sich verbreitenden Lichtes trat, sah man, daß das Mädchen wie der Bandit ausfallend bleich waren. Erstaunt und beunruhigt standen alle auf mit Ausnahme von Carlini, der sitzen blieb und zu trinken und zu essen fortfuhr, als ob ihn alles nichts anginge. Diavolaccio näherte sich unter dem tiefsten Stillschweigen und legte Rita zu den Füßen des Kapitäns nieder.
    Jetzt sahen alle, daß in Ritas linker Brust ein Messer stak, bis ans Heft eingebohrt. Alle Augen richteten sich auf Carlini; die Scheide hing leer an seinem Gürtel.
    Auch rohe Naturen sind imstande, eine kraftvolle Handlung zu würdigen; obgleich schwerlich ein anderer von den Banditen die gleiche Tat ausgeführt hätte, so begriffen sie doch, was er getan.
    Nun, sagte Carlini, ebenfalls aufstehend und dem Leichnam sich nähernd, während er die Hand an den Kolben einer Pistole legte, ist vielleicht noch einer hier, der mir diese Frau streitig machen will?
    Nein, erwiderte der Anführer, sie gehört dir.
    Carlini nahm sie nun in seine Arme und trug sie aus dem Lichtkreise fort.
    Am Fuße einer alten Eiche fand ihn am Morgen Ritas Vater, der herbeigeeilt war, das Lösegeld zu bringen.
    Elender! rief der Greis, was hast du getan?
    Und er blickte voll Schrecken auf Rita, die bleich, unbeweglich, mit einem blutigen Messer in der Brust, da lag.
    Cucumetto hatte deine Tochter geschändet, sagte der Bandit, und da ich sie liebte, mußte ich sie töten, denn nach ihm hätte sie der ganzen Bande zum Spielzeug gedient.
    Der Greis sprach kein Wort, er wurde nur bleich wie ein Gespenst.
    Räche sie nun, wenn ich unrecht gehabt habe, fügte Carlini hinzu.
    Und er riß das Messer aus dem Busen des Mädchens und reichte es dem Greise mit der einen Hand, während er mit der andern seine Weste auf die Seite schob und ihm seine nackte Brust darbot.
    Du hast wohl getan, sprach der Greis mit dumpfer Stimme, umarme mich, mein Sohn!
    Carlini warf sich schluchzend in die Arme des Vaters seiner Geliebten. Es waren die ersten Tränen, die dieser Blutmensch vergoß.
    Dann begruben sie das Mädchen, und Carlini schwur blutige Rache; doch er konnte seinen Schwur nicht halten, denn zwei Tage nachher wurde er in einem Kampfe von römischen Carabinieri getötet. Man wunderte sich nur, daß er, dem Feinde das Gesicht bietend, eine Kugel zwischen die Schultern bekommen hatte. Das Erstaunen hörte aber auf, als einer von den Banditen gegen seine Kameraden bemerkte, Cucumetto habe zehn Schritte hinter Carlini gestanden. Man erzählt sich von diesem Räuberhauptmann noch zehn andere, ebenso grauenvolle Geschichtchen, und es zitterte auch alles von Fondi bis Perugia, wenn man nur Cucumettos Namen nannte.
    Diese Geschichten boten Luigi und Teresa oft Stoff zur Unterhaltung. Das Mädchen hörte immer diese Erzählungen bebend an, aber Vampa beruhigte sie mit einem Lächeln und schlug an seine nie fehlende Flinte. War sie dann noch nicht völlig beruhigt, so zeigte er ihr auf hundert Schritte einen Raben, der auf einem dürren Aste saß, schlug an, drückte los, und das Tier fiel wohlgetroffen an dem Fuß des Baumes nieder.
    Mittlerweile verlief die Zeit; die jungen Leute hatten beschlossen, sich zu heiraten, wenn Vampa zwanzig Jahre alt wäre. Sie waren beide Waisen und hatten nur ihre Herren um Erlaubnis zu bitten; sie baten darum und erhielten auch die Einwilligung.
    Als sie eines Tages von ihren Zukunftsplänen sprachen, vernahmen sie ein paar Schüsse; dann trat plötzlich ein Mann aus dem Gehölze hervor, bei dem die jungen Leute ihre Herden zu werden pflegten, lief auf sie zu und rief: Ich werde verfolgt, könnt ihr mich verbergen?
    Die jungen Leute erkannten sogleich, daß der Flüchtige ein Bandit war; doch zwischen dem römischen Bauern und dem römischen Banditen herrscht eine angeborene Sympathie, weshalb der erste immer bereit ist, dem zweiten Dienste zu leisten. Luigi lief, ohne ein Wort zu sagen, nach dem Steine, der den Eingang einer nahen Grotte verstopfte, entblößte diesen Eingang, hieß den Flüchtling durch ein Zeichen in dieses nur ihm und Teresa bekannte Asyl schlüpfen, stieß den Stein wieder an seine vorige

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