Der Graf von Monte Christo
behalten, und wäre es auch nur in der Ferne, ist in der Tat schrecklich.
Sie sind schwer zu befriedigen, Vicomte.
Ja, denn häufig denke ich an etwas Unmögliches. Ich wünsche, eine Frau für mich zu finden, wie mein Vater eine gefunden hat.
Monte Christo erbleichte und schaute Albert an, während er mit prächtigen Pistolen spielte, deren Federn er knacken ließ.
Ihr Vater ist also sehr glücklich gewesen? sagte er.
Sie wissen, wie ich von meiner Mutter denke, Herr Graf: ein Engel des Himmels, immer noch schön, besser als je. Ich komme von Treport zurück. Für einen andern Sohn wäre die Begleitung seiner Mutter eine Gefälligkeit oder ein Frondienst gewesen, ich aber habe acht Tage unter vier Augen mit ihr zufriedener, ruhiger, poetischer, sage ich Ihnen, zugebracht, als wenn ich Titania nach Treport geführt hätte.
Das ist eine erschreckliche Vollkommenheit, und Sie machen denen, die Sie hören, große Lust, Junggesellen zu bleiben.
Gerade weil ich weiß, daß es auf der Welt eine vollkommene Frau gibt, getraue ich mir nicht, Fräulein Danglars zu heiraten. Haben Sie zuweilen bemerkt, wie unsere Selbstsucht alles, was uns gehört, in glänzende Farben kleidet? Der Diamant, den wir im Schaufenster des Juweliers funkeln sahen, wird viel schöner, sobald er unser Diamant ist. Doch wie schmerzlich ist es, wenn man weiß, daß es einen von reinerem Wasser gibt, während man selbst verurteilt ist, den geringeren Diamanten ewig zu tragen?
Weltmensch! murmelte der Graf.
Deshalb werde ich vor Freude springen an dem Tage, wo Fräulein Eugenie wahrnimmt, daß ich ein dürftiges Atom bin und kaum so viele 100 000 Franken besitze als sie Millionen hat.
Monte Christo lächelte.
Ich hatte wohl einen Gedanken, fuhr Albert fort; Franz liebt das Exzentrische, und ich wollte ihn in Fräulein Danglars verliebt machen; doch obgleich ich ihm vier Briefe lockendsten Inhalts schrieb, antwortete er mir stets und unabänderlich: Ich bin allerdings exzentrisch, aber das geht bei mir nicht so weit, daß ich mein Wort zurücknehme, wenn ich es einmal gegeben habe.
Das nenne ich eine aufopfernde Freundschaft, einem andern eine Frau geben, die man selbst nur zur Geliebten haben möchte.
Albert lächelte.
Wissen Sie, daß dieser liebe Franz zurückkommt? sagte Morcerf; doch es ist Ihnen wenig daran gelegen, Sie lieben ihn, glaube ich, nicht?
Ich! ei mein lieber Vicomte, woher glauben Sie denn, daß ich Franz nicht liebe? Ich liebe die ganze Menschheit.
Und ich bin in dieser Menschheit mit einbegriffen ... Ich danke.
Wir wollen die Sache nicht verwirren, sagte Monte Christo, ich liebe die ganze Menschheit so, wie wir nach Gottes Befehl unsern Nächsten lieben sollen, das heißt auf eine christliche Weise; doch ich hasse nur gewisse Personen. Kommen wir aber auf Herrn d'Epinay zurück. Sie sagen, er kehre zurück?
Ja, von Herrn von Villefort zurückgerufen, der, wie es scheint, ebenso begierig ist, Fräulein Valentine zu verheiraten, wie Herr Danglars, Fräulein Eugenie zu verehelichen. Der Zustand eines Vaters, der erwachsene Töchter besitzt, muß recht angreifend sein; es scheint, er verursacht ihnen Fieber, und ihr Puls schlägt neunzigmal in der Minute, bis sie die Tochter los sind.
Herr d'Epinay gleicht Ihnen nicht, er nimmt, wie ich glaube, sein Unglück in Geduld hin.
Er tut noch etwas Besseres, er nimmt die Sache ernst, zieht weiße Halsbinden an und spricht bereits von seiner Familie. Übrigens hegt er eine große Achtung vor den Villeforts.
Nicht wahr, eine wohlverdiente? Ich glaube, Herr von Villefort galt immer für einen strengen, aber gerechten Mann.
Das lasse ich mir gefallen, sagte Monte Christo, es ist doch wenigstens einer, den Sie nicht wie den armen Herrn Danglars behandeln.
Dies kommt vielleicht daher, daß ich nicht genötigt bin, seine Tochter zu heiraten, entgegnete Albert lachend.
In der Tat, mein Herr, sagte Monte Christo, ich wundere mich über Sie.
Und warum?
Weil Sie sich gegen eine Heirat mit Fräulein Danglars sträuben. Mein Gort! lassen Sie die Dinge ihren Gang gehen, und Sie brauchen vielleicht gar nicht zuerst Ihr Wort zurückzunehmen.
Bah! rief Albert mit großen Augen.
Allerdings, mein lieber Vicomte, man wird Ihnen nicht mit Gewalt den Kopf zwischen Tür und Angel stecken! Sprechen Sie im Ernste, sagte Monte Christo, den Ton ändernd, haben Sie Lust zu brechen?
Ich gebe 100 000 Franken dafür.
Wohl, so seien Sie froh! Herr Danglars ist bereit, das Doppelte zu geben, um zu
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