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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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es noch Kerker im Kastell If.
    Dantes nahm den Schemel und schwang ihn um seinen Kopf.
    Gut, gut, rief der Kerkermeister, gut, da Sie durchaus wollen, so wird man den Gouverneur benachrichtigen.
    Dann ist es recht, sagte Dantes, stellte seinen Schemel auf den Boden und setzte sich darauf, den Kopf senkend mit starren Augen, als ob er wirklich wahnsinnig würde.
    Der Gefangenwärter entfernte sich und kehrte einen Augenblick nachher mit vier Soldaten und einem Korporal zurück.
    Auf Befehl des Gouverneurs, sagte er, bringt den Gefangenen ein Stockwerk tiefer, man muß die Narren mit den Narren zusammensperren.
    Die vier Soldaten ergriffen Dantes, der in eine Art von Stumpfsinn verfiel und ihnen ohne Widerstand folgte. Man ließ ihn fünfzehn Stufen hinabsteigen und öffnete eine Tür, durch die er eintrat.
    Er hat recht, murmelte er, man muß die Narren mit den Narren zusammensperren.
     

     
    Die Tür schloß sich wieder, und Dantes ging mit ausgestreckten Händen vorwärts, bis er die Mauer fühlte. Dannsetzte er sich in eine Ecke und blieb unbeweglich, während seine Augen, sich allmählich an die Dunkelheit gewöhnend, die Gegenstände zu unterscheiden anfingen. Der Gefangenwärter hatte recht, es fehlte nicht mehr viel, und Dantes wurde ein Narr.

Der Verlobungsabend.
     
    Herr von Villefort war nach Dantes' Verhör wieder zu seinem unterbrochenen Verlobungsmahl zurückgekehrt, hatte die zahlreichen Fragen seiner Braut und ihrer Verwandten nur kurz und ausweichend beantwortet und verabschiedete sich schleunigst von der erstaunten Familie, um sofort mit Extrapost eine – wie er sagte – für seine Zukunft ungemein wichtige Dienstreise nach Paris anzutreten.
    Als er eben den Wagen besteigen wollte, erblickte er aber eine Gestalt, die unbeweglich seiner harrte. Es war die schöne Katalonierin, die, da sie keine Nachricht von Edmond erhielt, bei Einbruch der Nacht sich selbst nach der Ursache der Verhaftung ihres Geliebten erkundigen wollte. Als Villefort sich näherte, entfernte sie sich von der Mauer, an die sie sich gelehnt hatte, und versperrte ihm den Weg. Da der Staatsanwalt Dantes von seiner Braut hatte sprechen hören, brauchte sie sich nicht zu nennen, um von ihm erkannt zu werden. Er war erstaunt über ihre Schönheit und Würde, und als sie ihn fragte, was aus ihrem Geliebten geworden sei, hatte er die Empfindung, als wäre er der Angeklagte und sie der Richter.
    Der Mann, von dem Sie sprechen, sagte er, ist ein großer Verbrecher, und ich kann nichts für ihn tun, Fräulein.
    Mercedes schluchzte, und als Villefort an ihr vorüberzugehen versuchte, hielt sie ihn zum zweiten Male zurück.
    Aber sagen Sie mir wenigstens, wo er ist, fragte sie, ich will mich nur erkundigen, ob er lebt oder ob er tot ist.
    Ich weiß es nicht, er gehört mir nicht mehr an.
    Von dem rührenden Blicke und der flehenden Haltung bewegt, schob er Mercedes zurück, bestieg den Wagen und schloß eiligst die Tür, als wollte er den Schmerz, den man ihm brachte, draußen lassen. Doch der Schmerz läßt sich nicht so zurückstoßen, und es entstand im Grunde dieses kranken Herzens der erste Keim zu einem tödlichen Geschwür. DerUnschuldige, den er seinem Ehrgeize opferte, und der für seinen schuldigen Vater büßen mußte, erschien ihm bleich und drohend, seiner ebenfalls bleichen Braut die Hand reichend; und mit ihm kamen die Gewissensbisse, nicht die, welche den Kranken wie rasend aufspringen lassen, sondern der dumpfe, schmerzliche Klang, der in gewissen Augenblicken das Herz berührt und es mit der Erinnerung an eine vergangene Handlung peinigt ... eine Pein, deren nagende Qualen eine wunde Stelle schaffen, die bis zum Tode immer empfindlicher wird.
    Da trat in der Seele dieses Mannes noch einmal ein Augenblick des Zögerns ein. Schon mehrmals hatte er, und zwar mit dem ausschließlichen Bewußtsein eines juristischen Kampfes mit dem Angeklagten, den Tod der Angeschuldigten gefordert. Die Hinrichtung dieser Angeschuldigten, die seiner überwältigenden, Richter und Geschworene hinreißenden Beredsamkeit zuzuschreiben war, hatte nicht einmal eine Wolke auf seiner Stirn zurückgelassen, denn diese Angeklagten waren Schuldige, oder Villefort hielt sie wenigstens dafür. Aber diesmal war es etwas ganz anderes; er hatte die lebenslängliche Gefängnisstrafe auf einen Unschuldigen herabgerufen, dem er nicht nur seine Freiheit, sondern auch sein verdientes Glück zerstörte: diesmal war er nicht Richter, sondern Henker.
    Wenn in diesem

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