Der Graf von Monte Christo
wird.
Er machte Haydee ein Zeichen.
Sei willkommen, Freund, der du mit meinem Herrn und Gebieter erscheinst, sagte das Mädchen in vortrefflichem Toskanisch und mit weichem, römischem Akzent. Ali, Kaffee und Pfeifen!
Monte Christo zeigte Albert zwei Stühle, die sie an ein mit natürlichen Blumen, Zeichnungen und Musikalien bedecktes Tischchen rückten.
Ali kehrte bald mit dem Kaffee und den Tschibuks zurück; Baptistin war das Betreten dieses Teils der Wohnung verboten.
Albert wies die Pfeife zurück, die ihm der Nubier bot.
Oh! nehmen Sie, nehmen Sie, sagte Monte Christo; Haydee ist beinahe ebenso zivilisiert wie eine Pariserin; eine Havanna ist ihr unangenehm, weil sie die schlechten Gerüche nicht liebt, doch der orientalische Tabak gibt einen Wohlgeruch, wie Sie wissen.
Ali verließ das Zimmer.
Der Kaffee war zum Genusse völlig bereitet, nur hatte man für Albert eine Zuckerdose zur Verfügung gestellt. Monte Christo und Haydee nahmen den arabischen Trank nach Art der Araber, nämlich ohne Zucker.
Haydee streckte ihre Hand aus und faßte mit der Spitze ihrer zarten, rosigen Finger die Tasse von japanischem Porzellan, die sie mit dem naiven Vergnügen eines Kindes, das Angenehmes ißt oder trinkt, an ihre Lippen führte.
Zu gleicher Zeit traten zwei Frauen ein und brachten zwei andere Platten, beladen mit Eis und Sorbet, die sie auf kleine, eigens dafür bestimmte Tische setzten.
Mein lieber Wirt und Sie, Signora, sagte Albert Italienisch, entschuldigen Sie mein Erstaunen. Ich bin ganz verwirrt, und das ist natürlich; ich finde hier den Orient, den wahren Orient, nicht wie ich ihn gesehen, sondern wie ich ihn geträumt, im Schoße von Paris geträumt habe. Oh! Signora, daß ich nicht Griechisch sprechen kann, Ihre Rede, verbunden mit dieser feenhaften Umgebung, wurde für mich einen Abend bilden, dessen ich mich stets erinnern müßte.
Ich spreche gut genug Italienisch, um mich mit Ihnen zu unterhalten, mein Herr, sagte Haydee gelassen, und ich werde nach Kräften dafür sorgen, daß Sie den Orient hier wiederfinden, wenn Sie ihn lieben.
Wovon kann ich mit ihr sprechen? fragte Albert ganz leise Monte Christo.
Wovon Sie wollen, von ihrem Vaterland, von ihrer Jugend, von ihren Erinnerungen, oder wenn Sie lieber wollen, von Rom, von Neapel, von Florenz.
Oh! es wäre nicht der Mühe wert, eine Griechin vor sich zu haben, um mit ihr von dem zu reden, wovon man mit einer Pariserin reden würde; lassen Sie mich mit ihr vom Orient sprechen.
Tun Sie das, mein lieber Albert, es ist für sie die angenehmste Unterhaltung.
Albert wandte sich an Haydee und fragte: In welchem Alter hat Signora Griechenland verlassen?
Mit fünf Jahren.
Und Sie erinnern sich Ihres Vaterlandes?
Wenn ich die Augen schließe, sehe ich alles wieder, was ich gesehen habe.
Und was ist die fernste Zeit, deren Sie sich erinnern?
Ich konnte kaum gehen; meine Mutter, die Wasiliki hieß – was königlich bedeutet, fügte das Mädchen stolz hinzu – meine Mutter nahm mich bei der Hand, und wir gingen beide, nachdem wir in unsere Börse alles Gold getan hatten, das wir besaßen, mit Schleiern bedeckt umher und forderten mit den Worten: Wer den Armen gibt, leiht dem Ewigen, Almosen für die Gefangenen. Wenn dann unsere Börse voll war, kehrten wir in den Palast zurück und schickten, ohne meinem Vater ein Wort zu sagen, alles Gold, das man uns, im Glauben, wir seien arme Frauen, gegeben hatte, dem Hegumenos des Klosters, der es unter die Gefangenen austeilte.
Wie alt waren Sie damals?
Drei Jahre, sagte Haydee.
Sie erinnern sich also alles dessen, was seit Ihrem dritten Lebensjahre um sie her sich zugetragen hat?
Gewiß.
Graf, sagte leise Morcerf zu Monte Christo, Sie sollten ihr erlauben, uns etwas von ihrer Geschichte zu erzählen. Sie haben mir verboten, von meinem Vater mit ihr zu sprechen, doch vielleicht spricht sie von ihm, und Sie können sich gar nicht denken, wie glücklich ich wäre, seinen Namen aus einem so schönen Munde nennen zu hören.
Monte Christo wandte sich an Haydee und sagte zu ihr mit scharfer Betonung auf griechisch: Erzähle uns das Schicksal deines Vaters, aber nenne nicht den Namen des Verräters. Haydee stieß einen langen Seufzer aus, und eine düstere Wolke zog über ihre reine Stirn hin.
Was sagen Sie ihr? fragte ganz leise Morcerf.
Ich wiederhole ihr, daß Sie ein Freund von mir sind, und daß sie Ihnen gegenüber nichts zu verbergen habe.
Das ist also Ihre erste Erinnerung? sagte
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