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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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d'Avrigny, und dennoch würde ich mich töten! ...
    Es ist gut, sagte der Doktor nach kurzem Schweigen, ich werde warten.
    Villefort schaute ihn an, als zweifelte er noch an seinen Worten.
    Doch wenn eine Person Ihres Hauses krank wird, fuhr Herr d'Avrigny langsam und feierlich fort, wenn Sie sich selbst getroffen fühlen, rufen Sie mich nicht, denn ich werde nicht kommen. Wohl will ich mit Ihnen das furchtbare Geheimnis teilen, aber die Schande und die Reue sollen nicht in meinem Gewissen wachsen und furchtbar werden, wie das Verbrechen und das Unglück in Ihrem Hause wächst und Früchte treibt.
    Sie verlassen mich also, Doktor?
    Ja, ich kann Ihnen nicht ferner folgen, und ich verweile nicht am Fuße des Blutgerüstes. Eine andere Enthüllung wird kommen und das Ende dieser furchtbaren Tragödie herbeiführen. Gott befohlen!
    Doktor, ich flehe Sie an.
    Alle Greuel, die meinen Geist beflecken, machen mir Ihr Haus verhaßt und unselig. Gott befohlen, mein Herr.
    Ein Wort, nur ein einziges Wort, Doktor! Sie entfernen sich und überlassen mich allen Schrecknissen meiner Lage, Schrecknissen, die Sie durch Ihre Enthüllung noch vermehrt haben. Doch was wird man von dem plötzlichen Tode des armen alten Dieners sagen?
    Es ist richtig, sagte der Arzt, geleiten Sie mich zurück!
    Der Doktor ging zuerst hinaus, Herr von Villefort folgte ihm; die Bedienten standen unruhig in den Gängen und auf den Treppen, wo der Doktor vorbeikommen mußte.
    Mein Herr, sagte d'Avrigny so laut, daß es jeder hörte, der arme Barrois mußte in der letzten Zeit zu viel im Zimmer sitzen; einst gewohnt, mit seinem Herrn sich zu Pferde oder zu Wagen in allen Ländern Europas umherzutreiben, hat ihn der eintönige Dienst am Lehnstuhl getötet. Das Blut ist schwer geworden, er wurde vom Schlage gerührt, und ich erhielt zu spät Nachricht. – Vergessen Sie nicht, fügte er leise hinzu, vergessen Sie nicht, die Tasse mit Veilchensirup in die Asche zu werfen.
    Und ohne Villeforts Hand zu berühren, entfernte er sich, geleitet von den Tränen und Wehklagen der Zurückbleibenden.
    Am Abend kamen alle Dienstboten Villeforts, die sich in der Küche versammelt und lange miteinander besprochen hatten, zu Frau von Villefort und baten um ihren Abschied. Keine Ermahnung, kein Versprechen höheren Lohnes vermochte sie zurückzuhalten; auf alles, was man sagte, erwiderten sie: Wir wollen gehen, weil der Tod im Hause ist.
    Sie gingen also, trotz aller Bitten, die man an sie richtete, und äußerten nur, sie bedauerten lebhaft, so gute Gebieter und besonders Fräulein Valentine zu verlassen, die so mild, so wohltätig, so sanft wäre.
    Villefort schaute bei diesen Worten Valentine an. Sie weinte.
    Seltsam! Von den Tränen der Tochter erschüttert, schaute er auch Frau von Villefort an, und es kam ihm vor, als ob ein flüchtiges, düsteres Lächeln über ihre dünnen Lippen hingeschwebt wäre.

Das Zimmer des ehemaligen Bäckers.
     
    Am Abend des Tages, als der Graf von Morcerf mit einer Wut, die sich aus der Weigerung des Bankiers erklärt, Danglars' Haus verlassen hatte, fuhr Herr Andrea Cavalcanti, die Haare frisiert und glänzend, den Schnurrbart zugespitzt, mit weißen Handschuhen, auf seinem Phaeton in den Hof des Bankiershauses.
    Als er zehn Minuten im Salon war, fand er Gelegenheit, Danglars in eine Fenstervertiefung zu ziehen, wo er ihm die Qualen seines Lebens seit der Abreise seines edlen Vaters auseinandersetzte. Seit dieser Abreise, sagte er, habe er in der Familie des Bankiers, wo man so wohlwollend gewesen, ihn wie einen Sohn aufzunehmen, alle Garantien des Glückes gefunden, die ein Mensch immer suchen müsse, bevor er sich von den Launen der Leidenschaft hinreißen lasse, – und was die Leidenschaft selbst betreffe, so habe er das Glück gehabt, ihr in den schönen Augen von Fräulein Danglars zu begegnen.
    Danglars hörte mit der größten Aufmerksamkeit; seit einigen Tagen erwartete er diese Erklärung, und als sie endlich kam, erheiterte sich sein Auge ebensosehr, als es sich bei Morcerfs Worten verdüstert hatte. Er wollte indessen den Antrag des jungen Mannes nicht so annehmen, ohne irgend eine Einwendung zu machen.
    Herr Andrea, sind Sie nicht ein wenig zu jung, um an das Heiraten zu denken? sagte er.
    Nein, mein Herr, erwiderte Cavalcanti, ich wenigstens finde es nicht; in Italien verheiraten sich die vornehmen Herren im allgemeinen jung. Das Leben ist so vielen Wechselfällen unterworfen, daß man das Glück ergreifen muß, sobald es in

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