Der Graf von Monte Christo
Andrea verdrießlich; bei Gott! wenn du mich gestört hast, damit ich mit dir frühstücke, so soll dich der Teufel holen!
Mein Sohn, sagte Caderousse pathetisch, während man ißt, plaudert man; und dann, du Undankbarer, macht es dir keine Freude, deinen alten Freund einmal zu sehen? Ich meinesteils weine vor Freude.
Schweige doch, Heuchler, versetzte Andrea; du solltest mich lieben?
Ja, ich liebe dich; oder der Teufel soll mich holen! Es ist eine Schwäche, ich weiß wohl, aber sie ist stärker als ich.
Was dich nicht abhält, mich wegen irgend einer Schufterei kommen zu lassen.
Geh doch! rief Caderousse, sein breites Messer an seiner Schürze abwischend, wenn ich dich nicht liebte, würde ich das elende Leben ertragen, das du mich führen läßt? Sieh doch nur, du trägst auf deinem Rücken das Kleid deines Bedienten, und hast folglich einen Bedienten, ich habe keinen und muß mein Gemüse selbst ausklauben. Du machst pfui über meine Küche, weil du an der Tafel des Hotel des Princes oder im Café de Paris speisest. Ich könnte auch speisen, wo ich wollte; nun! warum beraube ich mich dessen? Um meinem kleinen Benedetto keine Mühe zu machen. Gestehe nur, daß ich es könnte, wie?
Ein ganz unzweideutiger Blick bekräftigte den Sinn dieser Worte.
Gut, wir wollen annehmen, du liebst mich, sagte Andrea; warum hast du mich aber hergelockt?
Um dich zu sehen, Kleiner.
Um mich zu sehen, wozu? Da wir zum voraus alles abgemacht haben.
Ei! lieber Freund, gibt es Testamente ohne Kodizille? Doch du bist gekommen, um vor allem zu frühstücken, nicht wahr? Wohl, so setze dich, und laß uns mit diesen Sardellen und dieser frischen Butter anfangen, die ich, wie du es gern hast, auf Weinblätter gelegt habe. Ah! ja, du musterst mein Zimmer, meine vier Strohstühle, meine Bilder zu drei Franken. Verdammt! was willst du, das ist kein Hotel des Princes!
Du bist also bereits deiner Lage überdrüssig, du bist nicht mehr glücklich, du, der das Aussehen eines Bäckers haben wollte, der sich von den Geschäften zurückgezogen?
Caderousse stieß einen Seufzer aus.
Nun! was kannst du sagen? Hat sich dein Traum nicht verwirklicht?
Ich kann sagen, daß es wirklich ein Traum ist: Ein Bäcker, der sich zurückgezogen, der ist reich, der hat Renten.
Bei Gott, du hast Renten. – Ich?
Ja, du, da ich dir deine zweihundert Franken bringe.
Caderousse erwiderte, die Achseln zuckend: Es ist demütigend, so auf ungern gegebenes Geld angewiesen zu sein, das heute oder morgen ausbleiben kann. Du siehst wohl, daß ich für den Fall, daß dein Wohlstand nicht fortdauert, sparen muß. Ei! mein Gott! das Glück ist unbeständig. Ich weiß wohl, daß dein Glück groß ist, Böser, du wirst Danglars' Tochter heiraten.
Wie! Danglars'?
Gewiß Danglars'! Soll ich denn sagen: des Barons von Danglars? Das wäre, als ob ich sagte: des Grafen Benedetto ... Danglars war ein Freund von mir, und wenn er nicht ein schlechtes Gedächtnis hätte, so müßte er mich zu deiner Hochzeit einladen ... da er doch auch bei der meinigen gewesen ist ... Verdammt! er war damals nicht so stolz, der kleine Kommis des Herrn Morel. Ich speiste mehr als einmal mit ihm und dem Grafen von Morcerf. Du siehst, ich habe schöne Bekanntschaften, und wenn ich sie ein wenig kultivieren wollte, so würden wir uns in denselben Salons begegnen.
Still doch, deine Eifersucht läßt dich Regenbogen sehen.
Es ist gut, mein Benedetto; man weiß, was man redet. Mittlerweile setze dich und laß uns essen!
Caderousse gab das Beispiel und fing an, mit gutem Appetit zu frühstücken, wobei er alle Gerichte lobte, die er seinem Gaste vorsetzte. Dieser schien entschlossen, zog herzhaft die Pfropfen aus den Flaschen und griff den mit Öl und Knoblauch geschmorten Kabeljau an.
Ah! Gevatter, sagte Caderousse, es scheint, du söhnst dich mit deinem ehemaligen Haushofmeister aus?
Meiner Treu, ja, erwiderte Andrea, bei dem, jung und kräftig, wie er war, für den Augenblick der Appetit den Sieg über alles andere davontrug.
Und du findest das gut, Spitzbube?
So gut, daß ich nicht begreife, wie ein Mensch, der so gute Dinge ißt, das Leben schlimm finden kann.
Das kommt davon her, daß mein ganzes Glück durch den einzigen Gedanken verdorben wird, daß ich auf Kosten eines Freundes lebe, nachdem ich mir stets meinen Unterhalt mutig selbst erworben habe.
Oh, was tut's? sagte Andrea. Ich habe genug für zwei, laß dich das nicht kümmern!
Wahrhaftig, nein; doch magst du mir glauben oder
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