Der Grenzgänger
dank der Zeugenaussage von Doktor Renate Leder überführt“, antwortete ich schnell.
„Verraten Sie mir denn auch, wie sich Ihre Geschichte abgespielt hat?“, bat mich der Kommissar interessiert.
Ich ließ mich nicht lange bitten. „In meiner Geschichte hat Wagner zusammen mit Langerbeins Fleischmann ermordet. Fleischmann war für Wagner zum Risiko geworden, weil Fleischmann herausbekommen hat, dass der Verleger ihn mit den Buchverträgen und den Honorarabrechnungen über Jahre betrogen hat und dass Wagner ein intimes Verhältnis mit Renate Leder hatte. Fleischmann hat Wagner deswegen erpresst, Wagner sah die beste Gelegenheit darin, Fleischmann für alle Zeiten mundtot zu machen.“
„Wieso hat Wagner Fleischmann betrogen?“, wollte Böhnke wissen.
„Weil er ihm unseriöse Verlagsverträge untergejubelt hat. Ich habe sie mit dem Vertrag verglichen, den ich vor Jahren einmal unterschrieben habe. Bei Fleischmann fehlten Angaben zu Folgeauflagen, zur beiderseitigen Nutzung der Nebenrechte, die Wagner nur für sich in Anspruch nahm und zu den Einnahmen über die Verwertungsgesellschaft Wort. Fleischmann ist dahinter gekommen, als er irrtümlicherweise einen korrekten Verlagsvertrag bei seinem letzten Roman unterzeichnete.“ Nach einer kurzen Pause fuhr ich fort. „Deshalb hat Wagner die Show mit der Diskette in Fleischmanns Wohnung inszeniert. Er wollte dadurch vom Austausch der Verträge ablenken. Er hat den verräterischen Vertrag gewissermaßen gestohlen und durch die, zwangsläufig nicht von Fleischmann unterschriebene Kopie eines anderen Vertrages ausgetauscht.“
„Das glaube ich nicht“, widersprach mir der Kommissar. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Fleischmann als mit allen Wassern gewaschener Pornoschreiber sich bei seinen Buchverträgen derart über den Tisch ziehen lässt. Ich kann mir vielmehr vorstellen, dass Fleischmann Wagner wegen der Verlagsverträge vor den Kadi zerren wollte und Wagner dies verhindern wollte. Ich würde auch noch akzeptieren, wenn Sie behaupten würden, Wagner sei von Fleischmann in einer verfänglichen Situation gefilmt worden.“
Ich schwieg zu dieser Ansicht Böhnkes, der mich fragend anschaute. „Welche Rolle schreiben Sie Langerbeins in dieser Mordgeschichte zu? Woher kannte Wagner ihn?“
„Wahrscheinlich über Renate Leder. Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie die einzige Vertraute Fleischmanns war. Sie war seine Lektorin und kannte aus ihrer Zeit als Journalistin in Düren vielleicht Gerstenkorn, Langerbeins und Schmitz. Fleischmann hat ihr seine Romane erklärt, nicht wissend, dass die Lektorin ihr Wissen an Wagner ausplauderte. So kannte Wagner die Erpressung des Polizisten durch Fleischmann und machte sich dessen Abhängigkeit zunutze. Er hat Langerbeins die Dreckarbeit machen lassen und dafür gesorgt, dass Langerbeins von der Bühne abtrat, als er nicht mehr benötigt wurde. Spätestens nach dem Versagen im Krankenhaus, als er unmittelbar nach dem Unfall Renate Leder besuchen und wahrscheinlich auch ausschalten sollte, war Langerbeins für Wagner zum Sicherheitsrisiko geworden. Bei der Ermordung Fleischmanns ist Wagner in den Besitz der Kleidung, der verschiedenen Wohnungsschlüssel und des Personalausweises gekommen und konnte dort schalten und walten, wie er wollte.“
Böhnke fuhr auf den Parkplatz am Polizeipräsidium und schaltete den Wagen aus. „Und welche Rolle spielt der Metzger?“
„Er war im Prinzip ein Mitläufer bei den vielen Ablenkungsmanövern, die Wagner angestellt hat.“ Ich erinnerte Böhnke daran, dass wir in der Wohnung von van Dyke einen Briefumschlag mit der Adresse der Lektorin gefunden hätten. „Ich vermute, darin wollte Fleischmann das ,Metzger-Manuskript’ verschicken. Doch er hat sich vertan und das Werk in einem anderen Umschlag zu seinem Pornoverlag geschickt. Der hat es als Fehllieferung erkannt und umgehend an den Wagner-Verlag geschickt. Dort ist es zufälligerweise in die Hände von Wagner gefallen. Er hat das Manuskript gelesen und sich die Verfehlungen von Schranz zu Eigen gemacht. Jeder Ermittler würde sich denken, dass Schranz vielleicht etwa mit dem Ableben von Fleischmann zu tun haben muss. Dafür sprach ja auch der Häcksler.“
„Sie übersehen eines“, gab Böhnke zu bedenken. „Wagner hat die Manuskripte immer sofort an die Lektorin weitergeleitet.“
„Das hat er gesagt. Wissen Sie, ob es auch stimmt?“, hielt ich dagegen. „Ich unterstelle einfach, dass er uns nicht die ganze
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