Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)
Ausgegeizt!
ist ein Appell. Es sind die Gedanken eines Försters, der ein Marketingmann geworden ist. Dass ich diese zwei Wirklichkeiten genau kenne, die scheinbar kaum etwas miteinander zu tun haben, erlaubt mir einen freieren Blick auf beide. Ich werde immer wieder Parallelen ziehen zwischen der Forstwirtschaft einerseits, deren Aufgabe und Ziel es ist, ein komplexes System über lange Zeiträume ertragreich zu bewirtschaften – und unserer heutigen Wirtschaftswelt andererseits, die zwischen unglaublicher Rentabilität und haarsträubender Kurzfristigkeit an immer tieferen Abgründen entlangbalanciert.
Der Themenbereich meines Buches ist hauptsächlich der Handel, der Einzelhandel. Mein Fokus liegt dabei meistens, aber nicht immer, auf den Konsumgütern, also den Dingen unseres täglichen Bedarfs. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den Lebensmitteln, die für uns – trotz der glitzernden Warenwelt der Smartphones und Dolby-Surround-Anlagen – eine wichtigere Rolle spielen, als wir es ihnen zubilligen. Und die Perspektive, die ich bei meinen Erörterungen einnehme, ist vor allem die der Konsumenten.
Im ersten Teil dieses Buches beschäftige ich mich mit den mächtigen Trends, die unsere Wirtschaft derzeit bestimmen und die keine goldene Zukunft verheißen: mit dem Billigwahn und seinen Folgen, mit der Globalisierung, der damit einhergehenden Kostenfixierung und Beschleunigung der Unternehmens- und Arbeitswelt, mit der allgegenwärtigen Renditegier, mit der Macht des Mainstreams, mit dem Irrweg der Kundenorientierung und schließlich mit den Größenverhältnissen in unserer Handelslandschaft. All das müssen wir kennen, um zu verstehen, warum die Dinge so sind, wie sie sind.
Im zweiten Teil dieses Buches geht es um Grundsätze, Geschichten und Vorbilder, wie die Wirtschaft besser und trotzdem erfolgreich funktionieren kann. Es gibt sie nämlich, solche Beispiele. Eines der Unternehmen, das durch diese Grundsätze groß geworden ist, heißt Manufactum – das Unternehmen, bei dem ich viele Jahre gearbeitet habe und das ich ein kleines Stück weit mitgestaltet habe.
Im dritten Teil schließlich bin ich wieder dort, wo ich als Förster angefangen habe: bei der Nachhaltigkeit – dem Wirtschaftsprinzip, das aus der Forstwirtschaft stammt. Das ist ein vielstrapazierter Begriff, neudeutsch ein »Buzzword«, das längst zum guten Ton gehört, weshalb viele Unternehmen es verwenden, um damit »Greenwashing« zu betreiben. Was aber sind die Anforderungen einer Nachhaltigkeit, die ihrem Begriff gerecht wird? Wie funktioniert sie, welche Bedeutung hat sie, und welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um erfolgreich nachhaltig wirtschaften zu können?
Ich werde zeigen, dass es zu großen Teilen an uns Konsumenten liegt, für die entsprechenden Voraussetzungen zu sorgen. Heute leben und konsumieren wir alles andere als nachhaltig. Wir fördern mit unserem Konsum nicht die Richtigen, sondern die Falschen: die falschen Strukturen, die falschen Firmen, die falschen Prinzipien. Wir müssen das jedoch ändern, dringend ändern, wenn wir nicht zu einem immer instabileren System beitragen wollen, das am Ende zu kollabieren und uns in seinen Untergang mitzureißen droht.
Aber machen wir uns nichts vor: Es gibt weder ein Patentrezept für den richtigen Einkauf noch irgendwelche einfachen Regeln, die unsere Orientierung erleichtern. Konsumieren heißt auswählen – und jeder bewussten Auswahl geht die Entscheidungsnot voraus. Daran führt kein Weg vorbei.
Ich bin bei dem, was hier zur Debatte steht, nicht nur mit Erfahrung, sondern auch mit Leidenschaft bei der Sache. Deshalb konnte ich dieses Buch auch nicht im Sinne öffentlich-rechtlicher Ausgewogenheit schreiben. Es ist sicher nicht immer präzise, es ist manchmal grob und vielleicht sogar manchmal ein bisschen unfair. Aber das werden Sie aushalten. Das werden Sie vielleicht sogar gut finden. Wenn Sie mit mir der Meinung sind: Es hat sich ausgegeizt.
Einleitung
Vor dem inneren Auge des Försters
Es waren Bussarde. Mindestens drei Dutzend auf einmal, ein nie gesehener Anblick. Sie kreisten über dem kleinen Hügel, der nicht größer war als ein Vorgarten und kaum einen Meter aus dem Wasser ragte. Auf dem Hügel wuselte es. Mäuse. Tausende. Sie rannten auf dem winzigen Eiland umher und suchten verzweifelt Schutz, den es dort aber nicht mehr gab. Die Bussarde stießen immer wieder in das Gewimmel. Sie fraßen sich satt. Maus für Maus.
So erzählte es uns der Mann im
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