Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)
erreicht.
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Tierradentro
In der Nähe lag auch Tierradentro, eine weitere archäologische Zone. Das Dorf war von tausenden Grabkammern umgeben, die 2000 Jahre alt sein sollen. Ein weiteres mysteriöses Erbe von ei ner weiteren unbekannten Kultur. Sogar der Name war mysteriös: Tierra-Dentro . Das „innere Land“. Die Grabkammern waren Erd höhlen, die man über riesige spiralförmige Treppen betrat; die Wände der Treppenhäuser waren mit geometrischen Mustern be malt. Das Dorf selbst bestand aus zwei Straßen, die sich kreuzten. Die Tatsache, dass das „Restaurant“ des Dorfes das Wohnzim mer einer Familie war, machte einen Teil seines Charmes aus.
Wie bei San Agustín reizte uns auch hier die Schönheit der umgebenden Berge, ein paar Tage länger zu bleiben. Die Berge um Tierradentro waren etwas schroffer als die in San Agustín; deshalb mieteten wir Esel anstelle von Pferden, um die Gruften zu besuchen. Egal wie sehr ich meinem Esel in die Flanken trat, er lief nicht schneller als im Schritttempo. Dann blieb er einfach stehen, sodass ich ihn den restlichen Weg hinter mir her zerren musste.
Melissa war schon zu viel geritten. Ihr Hintern, der von Natur aus nicht allzu gut gepolstert war, war nach Tagen im Sattel wundge ritten, sodass sie hinten einen leuchtend roten Kreis hatte, wie ein brünstiger Schimpanse. Als wir in Tierradentro losritten, musste sie ihren Sattel mit jedem verfügbaren Pulli polstern. Die folgende Woche schlief sie auf dem Bauch. Zum Glück waren wir nicht der romanischen Idee erlegen, unsere eigenen Pferde zu kaufen und darauf nach Ecuador zu reiten. Stefano, unser Führer in San Agu stín, hatte im vorangegangenen Jahr zwei englischen Mädchen ge holfen, genau das zu tun. Sie hatten ihm von Quito aus geschrieben, dass sie es geschafft und die Pferde mit Gewinn verkauft hatten. Tierradentro war muy tranquillo – äußerst friedlich. Es wäre uns leicht gefallen, noch länger zu bleiben. Wir hatten aber eine Art Deadline, denn wir wollten Mark zum Karneval in Barran quilla treffen. Eine Reise entwickelt immer ihr bestimmtes Zeit gefühl; nun hatten wir das Gefühl, dass es an der Zeit war, weiter zuziehen. Wir bestiegen einen Bus nach Bogotá.
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Bogota
Kolumbiens Hauptstadt hat einen schlechten Ruf. Die meisten Menschen assoziieren sie mit Drogen und Morden. Melissa und ich mochten Großstädte sowieso nicht allzu sehr. Unser einziger Grund, in Bogotá einen Zwischenstopp einzulegen, bestand da rin, Wanderkarten für zwei weiter nördlich gelegene Regionen zu kaufen – die Sierra Nevadas von Cocuy und Santa Marta.
Bogotá liegt in der Mitte des Landes in einem weiten Tal. Das Klima ist angenehm. Die Stadt wird von grünen Hügeln flankiert. Sie erscheint fast europäisch, mit Wohnblocks und Bürohochhäu sern, Einkaufsarkaden und dichtem Verkehr. Sie machte keinen allzu gefährlichen Eindruck. Der Taxifahrer, der uns am Busbahnhof abholte, sah das an ders. Wir zeigten ihm die Adresse eines Hotels unserer Wahl. Er lehnte ab.
„Nein. Sie können dort nicht hingehen. Ich werde sie nicht hin fahren. Sie werden umgebracht.“ Wir bestanden aber darauf. Er wurde allmählich nervös. „Ich kann sie nicht dort hinbringen“, wiederholte er. Stattdes sen brachte er uns zu einem Hotel in einem anderen Stadtteil, das fünfmal soviel kostete wie das Hotel unserer Wahl. Wir sagten, es sei zu teuer. Er brachte uns zu einem anderen, das ungefähr genauso teuer war. Geduldig erklärte ich, dass wir in genau das Hotel wollten, das wir ursprünglich ausgesucht hatten. „Ah, ich kenne noch eins. Sehr schön. Und sicher.“ Allmählich wurde es spät. Wir waren genervt.
„Hören sie“, bat ich. „Bringen sie uns einfach zu dem Hotel, das wir ihnen genannt haben. Sonst zahlen wir nicht.“ Das funktio nierte. Grummelnd brachte er uns zum Hotel. Er machte eine Ge ste mit dem Finger quer über den Hals um zu demonstrieren, was mit uns geschehen würde. Wir stiegen aus und bezahlten. „Hey, was ist mit der Zeit, die ich investiert habe, um ein ver nünftiges Hotel für sie zu finden?“, meckerte er. „Spielt man in Kolumbien Cricket?“, fragte Melissa, als er da vonfuhr. „Ich glaube nicht, warum?“ „Ich habe nur gedacht, das war das Signal für „lbw“ – ‚Leg be fore Wicket‘. Da fliegt der Schlagmann raus.“ Das Hotel war zugegebenermaßen eine Absteige – wie die mei sten Hotels, die man in Innenstädten findet. Aber wenigstens wur den
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