Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)
nach Übersee zu sein. Sie sagten, sie hätten eine Annonce für einen billigen Charterflug von Montreal nach Cartagena gesehen.
„Wir dachten halt, warum nicht Kolumbien?“, sagte Randy. Mir fielen da schon einige Gründe ein. Pierre fragte, ob wir der Meinung wären, dass Raphael einen zu hohen Preis verlangte. Von Santa Marta hatten sie für den Bus das Dreißigfache des normalen Fahrpreises bezahlt, nur damit Raphael sie begleitete.
„Das Problem war, dass wir trotzdem mit dem Bus gefahren sind. Wir hatten gedacht, er würde uns ein Auto besorgen.“ Die Kanadier hatten ihm für die ganze Tour eine Pauschale ge zahlt; je weniger er ausgab, desto mehr blieb für ihn selbst üb rig. Hinzu kam, dass Raphael selbst nie in Nabusímake gewesen war. Er war ein Cowboy – im weniger schmeichelhaften Sinn des Wortes. Aber als gutaussehender Stadtjunge fühlte sich Rapha el ganz offensichtlich eine Stufe besser als die Bauernlümmel in Pueblo Bello. Er gab sich wenig Mühe, ihnen gegenüber seine Ge ringschätzung und seine hohe Meinung von sich selbst zu ver bergen.
„Ich, Raphael“, verkündete Raphael, „habe die Fahrt für morgen früh um neun Uhr angesetzt. Der Fahrer wollte um sieben Uhr abfahren. Ich habe ihm gesagt, das wäre zu früh. Wir fahren um neun. Wir zahlen, also entscheiden wir, wann es losgeht. Diese Menschen vom Land …“ Er schüttelte den Kopf. Am nächsten Morgen versammelten wir uns um halb neun und zogen los, um den Jeep zu finden. Er war um sieben Uhr abge fahren. In den nächsten drei Tagen fuhr niemand mehr nach Na busímake.
„Keine Sorge“, verkündete Raphael selbstbewusst. „Ich finde schon einen anderen Jeep.“ Es gab einen LKW, aber der Fahrer verlangte das Dreifache des normalen Fahrpreises für einen Jeep. Raphael weigerte sich zu zahlen. Der Fahrer weigerte sich, für we niger zu fahren. Natürlich sei es teurer, erklärte er. Er machte eine Extra-Tour. Es gab keine anderen zahlenden Passagiere. Er hatte auch nichts in Nabusímake zu verkaufen. „Lost fahren wir, Raphael“, sagten die Kanadier. „Bezahl den Mann.“ Raphael weigerte sich. Um elf Uhr hatten wir alle genug. Pierre sagte zu Raphael, es hieße jetzt entweder zahlen oder Geld zurück.
Raphael gab nach. Ich lief davon, um Robert, Marcela und Me lissa zu holen. Als wir zurückkamen, war der LKW schon weg.
Wir beschlossen zu laufen. Schließlich waren wir gut in Form. Vor gerade mal einer Woche hatten wir in Güícan einen 5000er bestiegen. Aber die Sonne stand hoch, und in der Hitze zu laufen war doch etwas anderes als im kühlen Hochland. Nach ein paar Stunden waren wir völlig erschöpft. Wir waren aber schon zu weit gegangen, um noch umzukehren. Wir kämpften uns weiter und beteten um einen Wetterumschwung. Am mittleren Nachmittag begann es zu regnen. Robert und Marcela hatten keine Jacken und waren bald durchnässt.
„Also, eigentlich hatten wir uns doch Regen gewünscht“, sagte Melissa.
Wir beteten darum, dass der Regen aufhören möge, aber dies mal blieben unsere Gebete ungehört. Die Straße verlief stetig bergauf durch einen Wald. Wir waren durchnässt und begannen allmählich zu frieren. Ich hatte eine schmerzhafte Blase an der Spitze meines großen Zehs. Es wurde langsam dunkel und wir hatten nur ein einziges winziges Zelt für uns alle zusammen.
Wir überlegten gerade, was wir tun sollten, als wir Pferde hinter uns hörten. Wir drehten uns um und sahen zwei Arhuaco-Män ner, die aus dem strömenden Regen auftauchten. Verständlicher weise waren sie überrascht, uns zu sehen. Sie konnten kaum Spa nisch, aber da sie erkannten, dass wir eine Unterkunft suchten, gaben sie uns ein Zeichen, ihnen zu folgen. Wir trotteten hinter ihnen her, bis wir eine Gruppe Hütten erreichten. Die Männer zeigten auf eine davon und sagten, dass wir dort übernachten könnten.
Die beiden Männer verschwanden im Regen. Die Hütte war ein kleines, rundes, strohgedecktes Gebäude. Nicht nur das Dach war aus Stroh, sondern auch die Wand: Sie bestand aus einem Holz rahmen, der mit Zweigen und Gestrüpp ausgestopft war. Innen bestand sie aus einem einzelnen Zimmer, das bis auf eine höl zerne Bank, einen Stapel Feuerholz und eine kleine Feuerstelle in der Mitte des Bodens leer war.
Wir erblickten flüchtig einige Leute in den nahegelegenen Hüt ten, aber niemand beachtete uns. Also gingen wir hinein und breiteten unsere nassen Sachen zum Trocknen aus.
Dann bauten wir ein Feuer. Bald
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