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Der groesste Teil der Welt

Der groesste Teil der Welt

Titel: Der groesste Teil der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Egan
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niemand gesehen hatte, die verborgene menschliche Seite des Generals, die die Welt in Erstaunen versetzen würde.
    Das alles dauerte nicht länger als einen Augenblick. Kein Wort war gesagt worden. Kitty und der General standen Hand in Hand da, beide ein wenig errötet, und Dolly musste sich alle Mühe geben, um nicht loszuschreien, weil sie es geschafft hatten. Sie hatte bekommen, was sie brauchte, ohne dass auch nur ein Wort gefallen war. Kitty gegenüber empfand sie Dankbarkeit, ja geradezu Ehrfurcht - für dieses Wunder, sie war ein Genie, das nicht nur mit dem General posiert, sondern das ihn gezähmt hatte. So kam es Dolly vor - als gäbe es eine Einbahnstraße zwischen der Welt des Generals und Kittys Welt, und als hätte die Schauspielerin ihn hinübergelockt, ohne dass er das auch nur bemerkt hätte. Er konnte jetzt nicht zurück! Und Dolly hatte es ermöglicht - zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie etwas Hilfreiches getan. Und Lulu hatte dabei zugesehen.
    Kittys Gesicht zeigte noch immer das gewinnende Lächeln, das sie für den General aufgesetzt hatte. Dolly beobachtete, wie die Schauspielerin die Umstehenden registrierte, die Dutzenden von Soldaten mit ihren automatischen Waffen, Are und Lulu und Dolly, wie sie dabei, den Tränen nah, selig strahlte. Kitty musste wissen, dass sie es geschafft, dass sie ihre eigene Erlösung vollzogen, sich ihren Weg aus der Vergessenheit freigeschaufelt und den Weg zur Wiederaufnahme der Arbeit, die sie so liebte, freigeräumt hatte. Und das alles mit etwas Hilfe von dem Despoten zu ihrer Linken.
    »Aha«, sagte Kitty, »hier lassen Sie also die Leichen verscharren?«
    Der General schaute sie an, er hatte nichts verstanden. Are trat eilig vor, Dolly ebenso. Auch Lulu kam dazu.
    »Verscharren Sie sie hier, in Massengräbern«, fragte Kitty den General in überaus freundlichem Konversationston. »Oder lassen Sie sie vorher verbrennen?«
    »Miss Jackson«, sagte Are, angespannt und mit bedeutungsvollem Blick. »Der General kann Sie nicht verstehen.«
    Der General lächelte nicht mehr. Er war ein Mann, der es nicht dulden konnte, wenn er nicht wusste, was vor sich ging. Er ließ Kittys Hand los und sprach in strengem Ton mit Are.
    Lulu zog Dolly an der Hand. »Mom«, zischte sie. »Sag ihr, sie soll aufhören.«
    Die Stimme ihrer Tochter riss Dolly aus einer vorübergehenden Lähmung. »Lass den Scheiß, Kitty«, sagte sie.
    »Fressen Sie sie?«, fragte Kitty den General. »Oder überlassen Sie das den Geiern?«
    »Halt den Mund, Kitty«, sagte Dolly lauter. »Hör mit diesen Spielchen auf.«
    Der General sagte etwas Grobes zu Are, der sich daraufhin an Dolly wandte. Seine glatte Stirn war sichtlich feucht. »Der General wird langsam wütend, Miss Peale«, sagte er. Und das war der Code, Dolly konnte ihn deutlich entziffern. Sie trat zu Kitty hinüber, packte sie an ihrem gebräunten Arm und beugte sich zu Kittys Gesicht vor.
    »Wenn du so weitermachst«, sagte Dolly leise, »kommen wir hier nicht lebend raus.«
    Aber ein Blick in Kittys glühende, selbstzerstörerische Augen verriet ihr, dass es hoffnungslos war; Kitty konnte nicht aufhören. »Huch!«, sagte sie laut in geheuchelter Überraschung. »Hätte ich den Genozid etwa nicht erwähnen sollen?«
    Dieses Wort kannte der General. Er riss sich von Kitty los, als stünde sie in Flammen, und erteilte seinen Soldaten mit erstickter Stimme Befehle. Die stießen Dolly weg, rissen sie zu Boden. Als sie sich zu Kitty umschaute, hatten die Soldaten sie umstellt, und die Schauspielerin war nicht mehr zu sehen.
    Lulu schrie, während sie Dolly auf die Beine half: »Mommy, mach was, mach was! Sie sollen aufhören!«
    »Are«, rief Dolly, aber Are war jetzt für sie verloren. Er hatte seinen Platz neben dem vor Wut kreischenden General eingenommen. Die Soldaten trugen Kitty, Dolly glaubte, im Gewühl Tritte wahrzunehmen. Sie konnten noch immer Kittys hohe, durchdringende Stimme hören: »Trinken Sie ihr Blut, oder wischen Sie damit bloß den Fußboden? Tragen Sie ihre Zähne als Halskette?«
    Dann hörten sie einen Schlag und einen Schrei. Dolly sprang auf. Aber Kitty war verschwunden, die Soldaten trugen sie in ein Gebäude, das zwischen den Bäumen neben dem Landeplatz versteckt war. Der General und Are folgten ihnen und schlossen die Tür. Der Dschungel war gespenstisch still, bis auf Papageienrufe und Lulus Schluchzen.
     
    Während der General tobte, hatte Are zwei Soldaten Befehle zugeflüstert, und sobald der General

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