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Der groesste Teil der Welt

Der groesste Teil der Welt

Titel: Der groesste Teil der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Egan
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wütend.«
    »Hören Sie mir zu.«
    »Der General ist wütend, Miss Peale.«
    »Lebt sie noch, Are? Mehr brauche ich nicht zu wissen.«
    »Sie lebt noch.«
    »Danke.« Tränen traten Dolly in die Augen. »Ist sie - wird sie - einigermaßen gut behandelt?«
    »Sie ist unversehrt, Miss Peale«, sagte Are. »Wir werden nicht mehr miteinander sprechen.«
    Sie schwiegen und lauschten dem Summen der Überseeverbindung. »Das ist alles sehr schade«, sagte Are und legte auf.
     
    Aber Dolly und Are redeten doch wieder miteinander. Monate, fast ein Jahr später, als der General nach New York kam, um vor der uno über den Übergang seines Landes zur Demokratie zu sprechen. Dolly und Lulu wohnten inzwischen nicht mehr in der Stadt, fuhren jedoch eines Abends nach Manhattan, um sich mit Are in einem Restaurant zu treffen. Er trug einen schwarzen Anzug und einen weinroten Schlips, passend zu dem hervorragenden Cabernet, den er sich und Dolly einschenkte. Er schien die Geschichte mit Wonne zu erzählen, als hätte er sich die Details nur für sie eingeprägt: Wie drei oder vier Tage, nachdem sie und Lulu den Schlupfwinkel des Generals verlassen hatten, die Fotografen auftauchten, zuerst einer oder zwei, die von den Soldaten aus dem Dschungel gezerrt und eingesperrt wurden, dann mehr, zu viele, um sie zu fangen oder auch nur zu zählen. Sie waren großartig im Verstecken, hockten wie Affen in den Bäumen, robbten durch flache Senken voran, tarnten sich mit Blattwerk. Attentätern war es nie gelungen, den Aufenthaltsort des Generals einigermaßen präzise ausfindig zu machen, aber für die Fotografen schien es ein Kinderspiel zu sein: Dutzende von ihnen strömten ohne Visum über die Grenzen, zusammengerollt in Körben und Weinfässern, in Teppiche gewickelt, sie ließen sich hinten in Lastwagen auf den ungepflasterten Straßen durchrütteln und umringten zu guter Letzt die Enklave des Generals, die dieser nicht zu verlassen wagte.
    Es dauerte zehn Tage, um dem General klarzumachen, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als sich seinen Inquisitoren zu stellen. Er legte seinen Uniformrock mit den Orden und Epauletten an, zog sich die blaue Mütze über den Kopf, nahm Kittys Arm und schritt mit ihr vor die Phalanx wartender Kameras. Dolly erinnerte sich daran, wie verwirrt der General auf den Bildern ausgesehen hatte, neugeboren in seiner weichen blauen Mütze, unsicher, wie er jetzt weitermachen sollte. Neben ihm lächelte Kitty, in einem schwarzen eng anliegenden Kleid, das Are sicher nur mit einiger Mühe hatte auftreiben können, so gut passte es zu dieser Gelegenheit: lässig und intim, schlicht und doch entblößend, die Art Kleid, die eine Frau privat trägt, bei ihrem Liebhaber. Ihre Augen waren schwer zu lesen, aber immer wenn Dolly sie ansah und ihren Blick über die Zeitungsbilder schweifen ließ, hörte sie in Gedanken Kittys Lachen.
    »Haben Sie Miss Jacksons neuen Film gesehen?«, fragte Are. »Ich finde, es ist ihr bisher bester.«
    Dolly hatte ihn gesehen, eine romantische Komödie, in der Kitty einen Jockey spielte und mühelos auf dem Pferderücken saß. Dolly war mit Lulu in das Kino der kleinen Stadt im Staat New York gegangen, in die sie gezogen waren, nachdem die anderen Generäle angefangen hatten, anzurufen: zuerst G., dann A. dann L. und P. und Y. Sie hatten es durch Mundpropaganda erfahren, und Dolly wurde überschüttet mit Angeboten von Massenmördern, die sich einen Neuanfang wünschten. »Ich bin ausgestiegen«, sagte sie dann und reichte sie weiter an ihre früheren Konkurrenten.
    Lulu war zuerst gegen den Umzug gewesen, aber Dolly war hart geblieben. Und Lulu hatte sich in der neuen Schule rasch eingewöhnt, sie hatte angefangen, Fußball zu spielen, und sich einen neuen Hofstaat aus Mädchen zugelegt, der ihr auf Schritt und Tritt zu folgen schien. Niemand in dieser Stadt hatte je von La Doll gehört, deshalb hatte Lulu nichts zu verbergen.
    Dolly erhielt kurz nach dem Rendezvous mit den Fotografen vom General eine großzügige Pauschale. »Ein Geschenk, um unsere unendliche Dankbarkeit für Ihren unschätzbaren Rat zu zeigen, Miss Peale«, hatte Are am Telefon gesagt, aber Dolly hatte sein Lächeln gehört und verstanden: Es war Schweigegeld. Sie eröffnete damit in der Hauptstraße einen kleinen Feinkostladen, wo feines Gemüse und erlesene Käsesorten verkaufte, kunstvoll ausgestellt und beleuchtet von einem Arrangement kleiner Spotlights, das Dolly selbst entworfen hatte. »Das ist ja wie in

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