Der Große Basar: Roman
schüttelte vehement den Kopf. »Dad würde es trotzdem herausfinden, und dann nehmen die Dinge ihren Lauf.«
»Und wie stellst du dir deine Zukunft vor?«, fragte Leesha. »Willst du dich weiterhin verprügeln lassen, bis er dir oder deinem Ungeborenen eines Tages einen bleibenden Schaden zufügt? Oder sich an Callen vergreift?«
»Es wird nicht wieder vorkommen, Leesha«, beteuerte Brianne und drückte ihre Hand. »Er hat es mir versprochen. Und du musst mir schwören, niemandem davon zu erzählen.«
»Brianne …«
»Schwöre es!«, forderte Brianne drängend. »Denke an deinen Eid!«
Leesha kniff leicht die Augen zusammen, aber ihr war klar, in welcher Zwickmühle sie steckte. Bilder von Elonas Gürtel geisterten durch ihren Kopf, und sie entsann sich nur allzu gut, dass ihr die Schmerzen immer erträglicher vorgekommen waren als die Schmach, jemandem ihre Not zu offenbaren. »Ich gebe dir mein
Wort«, stieß sie dann zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Nachdem sie den Verband um die Rippen angelegt hatte, wählte sie eine Handvoll Wurzeln aus und gab sie Brianne. »Kau diese gegen die Schmerzen. Aber nur eine Wurzel pro Tag, auf gar keinen Fall mehr, sonst wird das Kleine sich bemerkbar machen.« Sanft tätschelte sie Leeshas Bauch. »Und zwar auf eine reichlich unangenehme Weise.«
»Ist dem Baby auch nichts passiert?«, fragte Brianne, den Tränen nahe.
»Dieses Mal ist noch alles gutgegangen«, beruhigte Leesha sie. »Aber wenn sich so etwas wiederholt, kann man für nichts garantieren.«
»Es passiert nie wieder, das schwöre ich dir«, bekräftigte Brianne.
»Ich glaube nicht, dass du es verhindern kannst«, entgegnete Leesha.
Evin lungerte im Hof herum, als Leesha die Hütte verließ. Mit seinen Blicken streichelte er ihren Körper, aber er blieb misstrauisch. Einem jähen Impuls nachgebend, ging Leesha zu ihm, wobei sie den natürlichen Schwung ihrer runden Hüften bewusst noch ein wenig mehr betonte.
»Bald ist sie wieder wohlauf«, eröffnete sie das Gespräch. »Beim Sturz von dem Holzstapel hat sie sich ein paar Rippen gebrochen, aber wenn sie sich ein Weilchen schont, heilen sie von selbst wieder.«
»Von dem … Holzstapel?«, begann Evin gedehnt, doch er fing sich rasch, und seine Zuversicht wuchs, als er drauflosplapperte. »Ja, richtig! Ein schlimmer Sturz war das! Ich habe ihr geraten, eine Kräutersammlerin kommen zu lassen, aber du kennst ja Brianne!«
Leesha schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Und ob ich sie kenne!«, bestätigte sie.
Evin erwiderte das Lächeln. »Gut siehst du aus, Leesha«, säuselte er. »Du wirst von Tag zu Tag schöner.«
Leesha spähte in die Runde. Als sie merkte, dass sie allein waren, rückte sie näher an Evin heran und stellte sich auf die Zehenspitzen, so dass ihre Lippen sein Ohr berührten. »Lass uns hinters Haus gehen«, flüsterte sie. »Ich möchte dir etwas zeigen.«
Evins Grinsen vertiefte sich; er griff nach ihrer Hand und zerrte sie geradezu mit sich.
Sobald er glaubte, dass niemand sie beobachtete, fiel er über sie her, küsste sie gierig und betatschte ihre Brüste. Die Nadel in Leeshas Hand bemerkte er erst, als sie in seinem Nacken steckte.
»Was zum …«, rief Evin, prallte zurück und schlug mit der Hand auf die Stichstelle. Er fing bereits an zu wanken.
»Das Gift wirkt sehr schnell«, klärte Leesha ihn auf und glättete ihre Bluse.
»Gift …«, setzte Evin an, doch seine Beine knickten unter ihm ein, und er landete bäuchlings im Dreck, wo er sich in Zuckungen krümmte.
»Kannst du es spüren?«, fragte Leesha und kniete sich neben ihn, als der Anfall erst richtig begann. »Die
schrecklichen Krämpfe und die Schmerzen? Wie deine Gliedmaßen zucken, weil du deinen Körper nicht mehr unter Kontrolle hast?«
Beruhigend klopfte sie mit der Hand auf seinen Rücken. »Aber keine Sorge, bald verlässt das Gift deine Muskeln.« Sie beugte sich tief über ihn, strich ihm zärtlich über das Haar und wisperte: »Es wandert direkt in deine Gedärme.«
Aus Evins Mund entwich ein leises Stöhnen.
»Ich habe Brianne mein Wort gegeben, diesen Vorfall für mich zu behalten«, fuhr Leesha in mildem Ton fort. »Kräutersammlerinnen schwören einen Eid, der sie zum Stillschweigen verpflichtet, und diesen Schwur werde ich nicht brechen. Doch das heißt nicht, dass ich die Dinge einfach auf sich beruhen lasse.«
Mit festem Griff packte sie seinen Haarschopf und drehte seinen Kopf in ihre Richtung. »Sieh mich an!«, befahl
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