So sinnlich kann die Liebe sein
1. KAPITEL
„Jetzt dürfen Sie die Braut küssen."
Die Braut bot ihrem frisch angetrauten Ehemann die bebenden Lippen zum Kuss. Nie zuvor hatte sie hübscher ausgesehen als in diesem Moment, und das wollte etwas heißen. Denn Bels Ansicht nach war ihre Schwester Tallia selbst in den schwierigsten Situationen noch atemberaubend schön.
Über Brads Schulter hinweg konnte sie Jake, den besten Freund ihres Schwagers und Trauzeugen, beobachten. Sein Blick hing förmlich an dem Paar, und nicht zum ersten Mal überlegte Be l, wie weit seine Gefühle für die Frau seines besten Freundes gehen mochten.
Vor einem Jahr hatte sie zum ersten Mal Jakes Namen gehört, und vor zehn Monaten war sie mit dem besten Freund ihres zukünftigen Schwagers ausgegangen. Beim Essen hatte er Bel anvertraut, dass er verzweifelt versucht habe, seinen besten Freund vor dem schlimmen Schicksal zu bewahren, das er auf ihn zukommen sah und für schrecklicher hielt als den Tod - die Ehe. Das hatte er natürlich in scherzhaftem Ton vorgebracht, aber Bel spürte, das mehr dahinter steckte. Er hatte nicht gewollt, dass sein Freund mit ihrer Schwester eine ernsthafte Beziehung einging. Doch sein wahres Motiv hatte sie nicht erkennen können. Auch jetzt überlegte sie, ob er immer noch glaubte, sein Freund begehe einen entsetzlichen Fehler.
Brad ließ sich Zeit mit dem Kuss, und die Gäste begannen sich schon zu amüsieren. Bel musterte Jake Drummond.
Er war dunkelhaarig wie sein Freund und sah phantastisch aus, aber er hatte deutlich verwegenere Züge, wie der Schwung seiner Brauen über den dunklen Augen verriet. Schon an seinem Lächeln, das im Augenb lick etwas grimmig wirkte, erkannte man sofort den Herzensbrecher, der er war.
Sein Aussehen sprach für sich. Er war ein typischer Frauenheld -zynisch, was Liebe, Heirat und Treue betraf, alles Werte, die ihr etwas bedeuteten. Das war ihr damals Bel ihrem Gespräch während des Essens klar geworden.
Mehr noch, ihr war dabei aufgefallen, welche erschreckende Anziehungskraft jemand wie er haben konnte, und dass sie trotz aller guten Vorsätze nicht gegen seine Ausstrahlung immun war. Falls Jake Drummond versuche n sollte, seinen Charme bei ihr einzusetzen, würde sie ihm kaum widerstehen können.
Besser wäre, sie würde der Versuchung aus dem Weg gehen, damit sie den Schwur, den sie mit siebzehn geleistet hatte, halten konnte. In den vergangenen vier Jahren war es ihr nicht schwer gefallen, obwohl ihre Freundinnen eine nach der anderen den Schwur gebrochen hatten. Doch als sie an dem Abend Jake angeschaut hatte, waren bei ihr vollkommen andere Gefühle erwacht als bei irgendeinem anderen Mann zuvor. Plötzlich hatte sie erkannt, was es bedeutete, wenn jemand von weichen Knien sprach.
Ja, sie würde eines Morgens aufwachen und erkennen, dass sie ihre Jungfräulichkeit jemandem geschenkt hatte, der sie als Trophäe betrachtete und lächelnd weiterzog. Nichts als die Erinnerung würde ihr bleiben.
„Nimm dich in acht vor Schürzenjägern, Bel. Sie werden dich verlassen, und du fühlst dich benutzt", hatte ihre Mutter immer gesagt, und Bel wusste, dass es gut gemeinter Rat war.
Sie seufzte und wandte sich ab, als Brad sich von seiner Braut löste, den Arm um sie legte und sich der wartenden Gemeinde zuwandte.
Jake Drummond blinzelte und riss sich aus seiner Erstarrung. Er war nicht sicher, wie lange er dagestanden hatte, den Blick aufs Brautpaar geheftet. Er konnte einfach nicht begreifen, was hier vor sich ging. Er hatte zugeschaut, wie Brad seine Braut küsste und in die Arme nahm, und obwohl Jake ihm mit einer Reihe anderer Frauen erlebt hatte, konnte er sich nicht erinnern, den Freund jemals so ernsthaft und besitzergreifend gesehen zu haben.
Ihn selbst hätte es jedoch nicht so beeindrucken dürfen, dass er sich fragte, was ihm im Leben fehlte, oder ob er jemals so etwas für eine Frau empfinden würde.
Er war sich sicher, dass ihm das nicht passieren konnte. Ihm war die Untreue praktisch mit in die Wiege gelegt worden, wie seine Großmutter ihm immer erzählt hatte. Er war nicht der Typ, der für immer nur mit einer Frau zusammen sein konnte. Ob das überhaupt ein Mann konnte? Jedenfalls war Jake zu ehrlich, sich selbst oder einer Frau in der Hinsicht etwas vorzumachen. Deshalb ließ er jede Bekannte von vornherein wissen, dass feste Beziehungen für ihn nicht in Frage kamen.
Er war ein Casanova. Es lag ihm im Blut.
Sein Blick glitt über die Frischvermählten hinweg zu Tallias
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