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Der große Gatsby (German Edition)

Der große Gatsby (German Edition)

Titel: Der große Gatsby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Augenblicke gegeben haben, in denen Daisy hinter seine Träume zurückfiel – nicht durch ihre Schuld, sondern weil seine Illusion so kolossal lebendig gewesen war. Sie ging über Daisy, ja eigentlich über alles hinaus.« Woher, mag man fragen, will Nick das wissen? Solche Szenen nähren den Verdacht, wir sähen nicht Gatsby, sondern Nicks Bild von ihm. Fast könnte man sagen, wir läsen nicht nur den Roman Der große Gatsby, sondern zugleich ein Buch mit dem Titel Der kleine Carraway.
    Im Lauf der Jahrzehnte, nachdem der mythische Subtext, die Motivketten und auch die marxistischen Untertöne abgehandelt waren, stürzten sich Literaturwissenschaftler auf das »Erzählerproblem« im Großen Gatsby. Inzwischen hat sich die Meinung durchgesetzt, Nick Carraway sei nicht ganz so unschuldig, wie er zunächst wirke. Er sei also etwas mehr (oder weniger) als der freundliche Nachbar, der die Geschichte notiert. Da sei ein bindungsscheuer Anlageberater mit einer Neigung, die Menschen seiner Ungebung moralisch zu zensieren. Und dieser Mensch, seinerseits mittelmäßig, deute in den wohlhabenden Gatsby ein gut Teil der geheimnisvollen Leidenschaften hinein, die er für uns aufschreibe – den einsamen Kampf, das romantische Sehnen und so fort. Tatsächlich sind es ja Nicks Sprache, Nicks Sicht auf die Dinge, Nicks poetische Höhenflüge, die sich hier in Literatur verwandeln. Gerade wenn er Gatsby der Sentimentalität bezichtigt, darf man argwöhnen (und findet es oft bestätigt), sie stamme eigentlich von ihm selbst.
    Die Grenze solcher Deutungen ist allerdings schnell erreicht, denn wir Leser kennen nun einmal keine andere Erzählinstanz als Nick. Gewiss ist dem Roman zu entnehmen, dass Nick sich nicht unbedingt vorbildlich verhält; hier und da wirft die Forschung ihm Passivität, Kälte, gar Voyeurismus vor, und einer will an ihm uneingestandene homoerotische Neigungen festgestellt haben. Doch wie man es auch dreht und wendet, die Leser sind an diesen Informanten gekettet. Nur weil Nick bereit ist, in Gatsby eine heroische, ja mythische Figur zu sehen, kann der Mann, zu dessen jämmerlichem Begräbnis kein Mensch auftaucht, in den Augen des Lesers solche Proportionen annehmen. Romanschreiben heißt: den anderen etwas glauben machen, ihn zu etwas überreden, was immer es sei. Und man mag es als Teil von Fitzgeralds romantischer Mission begreifen, dass wir am Ende auch Nicks Achtung teilen. Ist er, der große Gatsby, nicht wirklich groß? Ist er – seinen rosafarbenen Anzug, sein Wasserflugzeug und seinen ganzen Snobismus eingeschlossen – nicht tatsächlich »mehr wert als die ganze verfluchte Bande zusammen«?
    Fitzgerald selbst war von der Figur nach der Umarbeitung so überzeugt, dass er seinem Lektor im Februar 1925 von Capri aus die revidierte Fassung des Großen Gatsby schickte und im Brief stolz die Erfolge meldete:
    1. Ich habe Gatsby zum Leben erweckt
    2. Ich habe geklärt, woher sein Geld kommt
    3. Ich habe die beiden schwachen Kapitel (6 und 7) in Ordnung gebracht.
    4. Ich habe die erste Party verbessert
    5. Ich habe seinen [Gatsbys] langen Bericht im achten Kapitel aufgebrochen.
    Aber Fitzgeralds Quälerei ist noch längst nicht zu Ende. Bis zur Veröffentlichung des Romans am 10. April 1925, also acht Wochen lang, treiben ihn Zweifel bezüglich des Romantitels um. Nachdem er dem Titel The Great Gatsby, den Perkins klar favorisiert, zugestimmt hat, fallen ihm plötzlich wieder die anderen, verworfenen ein, und er schickt seinem Lektor ein ums andere Mal neue Vorschläge: Wäre Trimalchio nicht der bessere Titel? Oder Trimalchio in West Egg ? (Trimalchio ist der legendäre Gastgeber und Völler in Petronius’ Satyricon. ) Oder Gold-hatted Gatsby ? Fitzgerald ist sehr unglücklich über den Titel The Great Gatsby und wird ihn später mitverantwortlich für die mäßigen Buchverkäufe machen. Als die Druckerpressen bei Scribner’s schon längst laufen, schickt der Autor per Telegramm abermals einen neuen Titel, Under the Red, White, and Blue. Doch es ist zu spät.
    Die Rezensionen fielen insgesamt positiv aus, und im Jahr darauf gab es sogar Zustimmung aus England, wo Fitzgeralds frühere Bücher wenig Eindruck gemacht hatten. Doch die Verkäufe des Großen Gatsby waren so enttäuschend, dass Fitzgerald keinerlei Hoffnung sah, den Schuldenberg bei seinem Verleger abzutragen und etwas an seinem Roman zu verdienen. Das war in den Wochen vor der Publikation der Refrain seiner bangen Briefe gewesen: wie lange es

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