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Der Große Krieg: Die Welt 1914 bis 1918

Der Große Krieg: Die Welt 1914 bis 1918

Titel: Der Große Krieg: Die Welt 1914 bis 1918 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Münkler
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Verteidigern hier sehr viel schwerer fallen würde, Reserven heranzuführen: Die Halbinsel Gallipoli, die wie ein spitzer Zahn in die Ägäis hineinragt, ist auf beiden Seiten von Wasser umgeben, sodass die Angreifer mehrere Landungsoptionen hatten und Verstärkungen sowie Nachschub der Türken von See aus unter Feuer nehmen konnten. Obendrein schätzte man die Kampfkraft der türkischen Truppen nicht sonderlich hoch ein. Alles sprach dafür, dass man Erfolg haben werde.
    Das Unternehmen hatte jedoch seine Risiken: Würde es fehlschlagen, bedeutete dies einen schweren Prestigeverlust für die Briten, der sich infolge des osmanischen Aufrufs zum
Dschihad
überaus negativ auf die Loyalität der muslimischen Soldaten im britischen Kolonialheer auswirken konnte. Zudem würde ein Fehlschlag die Mittelmächte auf dem Balkan stärken und die neutralen Staaten, die gegenwärtig der Entente zuneigten, vom Kriegseintritt auf ihrer Seite Abstand nehmen lassen. Die Gefahr des Scheiterns bestand vor allem darin, dass die Osmanen mit einem solchen Angriff rechneten und sich entsprechend darauf vorbereiten konnten. Die Regierung in Konstantinopel wurde dabei erneut von deutschen Militärberatern unterstützt. Nachdem der US -amerikanische Botschafter Henry Morgenthau die türkischen Verteidigungsstellungen besichtigt hatte, schrieb er: «Im ersten Moment glaubte ich, ich sei in Deutschland. Praktisch alle Offiziere waren Deutsche, und überall sah man deutsche Soldaten, die die Stellungen mit Sandsäcken verstärkten.» [568] Das Kommando an den Dardanellen hatte General Liman übernommen, der inzwischen die türkische 1 . Armee befehligte. Er ließ nicht nur die Verteidigungspositionen ausbauen und Reserven für den Fall einer alliierten Landung zusammenziehen, sondern außerdem Minenfelder anlegen, die bei einem Durchbruchsversuch mit Schlachtschiffen zunächst geräumt werden mussten. Dabei würden die Räumboote jedoch zwangsläufig ins Feuer der türkischen Küstenbatterien geraten.
    Einige britische Offiziere bezweifelten freilich, dass die Schiffsartillerie fähig sei, die Küstenbatterie niederzukämpfen; insbesondere fehlten Artilleriebeobachter an Land, die das Feuer präzise auf die gegnerischen Stellungen lenken konnten. [569] Die britische Admiralität und Churchill selbst hatten in den Jahren vor dem Krieg einen Durchbruch an den Dardanellen noch für wenig erfolgversprechend bis unmöglich gehalten. Angesichts der harten Kämpfe an der Front in Nordfrankreich hatte Churchill seine Meinung mittlerweile jedoch geändert. Sogar die Franzosen entschlossen sich schließlich, trotz Joffres Widerstand an der Landungsoperation teilzunehmen: Sie fürchteten, es täte ihren traditionellen Interessen in Syrien Abbruch, wenn die Briten an den Dardanellen allein einen großen Sieg erringen würden.
    Am 18 . März versuchten Briten und Franzosen mit sechzehn Schlachtschiffen sowie zahlreichen Kreuzern und Zerstörern den Durchbruch. Zunächst sah alles nach einem Erfolg aus, und es hatte den Anschein, als könnten ihre Schiffsgeschütze die Küstenbatterien ausschalten. Dann aber lief das französische Schlachtschiff
Bouvet
auf eine Mine und sank; das britische Schlachtschiff
Irresistible
wurde schwer beschädigt und musste kehrtmachen; auch die Minenräumboote erlitten durch das türkische Artilleriefeuer erhebliche Verluste. Admiral John de Robeck, der das Kommando hatte, hielt es unter diesen Umständen für unmöglich, bis ins Marmarameer durchzustoßen, zumal die wichtigsten Minengürtel noch nicht geräumt waren, und befahl den Rückzug. Dabei erlitten die Alliierten weitere Verluste. In einer Besprechung zwischen Admiral John de Robeck und General Ian Hamilton, dem Befehlshaber der Landungstruppen, entschied man sich anschließend, zuerst die Infanterie anzulanden, um dann, nachdem diese mit Unterstützung der Schiffsartillerie die Halbinsel Gallipoli erobert und die dortige Küstenbatterien ausgeschaltet haben würde, die Minengürtel zu räumen und einen neuen Durchbruchsversuch mit den Schlachtschiffen zu unternehmen. Aus einer Unterstützungsaktion für den Seedurchbruch verwandelte sich das Landungsunternehmen damit in den eigentlichen Hauptteil der Operation, und die Schiffe, die zunächst die Hauptlast des Kampfes hatten tragen sollen, dienten nur noch als unterstützende Artillerieträger.
    Auch das Landungsunternehmen geriet zum Desaster, nur dass es sich im Unterschied zum gescheiterten Durchbruch der

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