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Der große Ölkrieg

Der große Ölkrieg

Titel: Der große Ölkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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von den Männern des Widerstands – oder man hatte Angst, in eine Falle zu gehen. Tycho konnte genausogut ein Spitzel der anderen Seite sein. Und so baute sich vor ihm eine Phalanx des Schweigens auf.
    Es wurde Zeit, wenn er noch seine Ration hinunterschlingen wollte. Mehrmals in den letzten Wochen war es ihm passiert, daß er als letzter an die Ausgabe stürzte, weil er vor dem Eingang jedes vorbeiziehende Gesicht eingehend gemustert hatte. Die für die Essensausgabe verantwortlichen Unteroffiziere machten sich meist einen Spaß daraus, den Nachzüglern ihre blanken Töpfe zu zeigen. Wenn die Kinder nicht gewesen wären, die jedesmal etwas Nahrung mit hinausschmuggelten, hätte Tycho sich wohl kaum noch auf den Beinen halten können.
    Er hastete in die Baracke, gerade noch rechtzeitig. Mürrisch knallte ihm der Mann mit der abgewetzten Uniform der Marine einen undefinierbaren grauen Klumpen auf den Plastikteller. Tycho kannte ihn; der Mann gehörte zu denjenigen, die bereits einen Streit vom Zaun brachen, wenn man ihnen wach in die Augen sah. „Frech werden, heh?“ waren seine üblichen Worte, wenn jemand vor ihm stand, der seinen Blick nicht demütig auf den Teller richtete.
    Irgendein Restebrei. Man fragte besser nicht, was alles darin steckte. Dazu ein Stück Brot. Tycho zwinkerte den Kindern seiner Gruppe zu und setzte sich an einen Tisch, an dem mehrere abgearbeitet wirkende Männer mit eingefallenen Wangen stumm den Brei verzehrten. Auch sie waren ihm vom Sehen her bekannt, aber zu einem Wortwechsel war es zwischen ihnen nie gekommen. Sie waren hier einsam in der Masse, weil man sie dazu zwang.
    Hungrig langte Tycho zu. Viel Zeit blieb ihm ohnehin nicht bis zum Signal. Trotzdem quetschte er zwischen den einzelnen Bissen die paar Worte hervor, die ihn an diesen Tisch geführt hatten: „Ich muß dringend mit der Untergrundbewegung Kontakt aufnehmen. Weiß jemand, wie das zu machen ist?“
    Die Männer aßen schweigend weiter. Unter normalen Umständen wäre Tycho selbst auf den Gedanken gekommen, daß diese offene Frage der reinste Selbstmord war. Aber die Umstände waren nicht normal. Und zudem hatte er keine andere Wahl.
    Schließlich war der erste Mann fertig, nahm sein Plastikgeschirr und sah ihn mißtrauisch von der Seite an. Er stand auf und beugte sich leicht zu Tycho vor.
    „Keiner von uns ist begeistert über die Lebensbedingungen hier“, sagte er mit leiser Stimme. „Aber mit Politik wollen wir nichts zu tun haben.“
    Tycho glaubte dem Mann kein Wort. Vielmehr wurde ihm jetzt klar, daß man ihn wahrscheinlich für einen Zuträger der Junta hielt. Seine verzweifelten Versuche, Kontakt aufzunehmen, waren natürlich bereits aufgefallen. Aber was sollte er denn nur tun? Seine einzigen Vertrauten auf der Insel waren die Kinder. Sie fragten nicht lange, sondern halfen still, so gut sie konnten.
    Schlagartig wurde ihm bewußt, daß er einen Fehler begangen hatte, sie nicht einzuweihen. Viele Augen sahen mehr, viele Ohren hörten mehr. Den Kindern würde man sicher eher vertrauen als ihm. Und er hatte nur daran gedacht, daß viele Münder auch viel redeten!
    Tycho beschloß, es ihnen noch in dieser Nacht zu sagen. Noch bestand die Chance, daß er endlich den heißersehnten Kontakt zur Befreiungsbewegung knüpfen konnte.
    Das Nebelhorn tutete dumpf. Genug gefressen, Sklaven, bedeutete es. Tycho schoß als erster zur Tür. Die Männer, Frauen und Kinder strömten aus dem Kantinentrakt und eilten den Unterkünften zu. Tycho hetzte seine Augen von Gesicht zu Gesicht, aber nirgendwo war Rüdiger oder ein anderer Bekannter zu entdecken. Dann rannten die Kinder herbei. Biggie hatte Tycho in der Menge erspäht.
    „Fiete hat einen Kanten Brot für dich organisiert“, flüsterte sie mit glänzenden Augen. „Und Cari hat auch was versteckt. Ich konnte nur nicht erkennen, was es war. Wir dachten, der Küchenbulle würde dir wieder nichts zu essen geben …“
    Das Mädchen schmiegte sich an ihn und griff nach seiner Hand.
    „Wenn ich euch nicht hätte“, murmelte Tycho leise. Und er meinte es ernst.
     
8
     
    Brunner sah aus dem Fenster seines Hotelzimmers in der Silbernen Rose und dachte: Diese Insel braucht einen starken Mann! Zwar konnten wir den Aufstand niederknüppeln, aber wer garantiert uns, daß der Pöbel nicht eine zweite Revolte inszeniert, wenn er sich von seinem Schreck erholt hat?
    Fröstelnd erinnerte er sich an die zurückliegenden Ereignisse. Gewiß, die Armee war mit äußerster

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