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Der grüne Stern

Der grüne Stern

Titel: Der grüne Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
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frei. Nein, ich war noch freier als er. Ich konnte gehen, wohin ich wollte, und weder Mauern noch Stahlwände konnten mich zurückhalten.
    Im Haus hinter mir lag mein Körper in tiefer Trance. Mein Herzschlag hatte sich verlangsamt, meine Körpertemperatur war gesunken, und mein Atem ging flach. Meinen Körper zurückzulassen, würde ihm in keiner Weise schaden, so hatte das Kern Chan Ga mir versichert. Wollte ich Stunden oder gar Tage in diesem substanzlosen Zustand verbringen, so könnte ich mit der Gewißheit in meinen Körper zurückkehren, daß er unter der Abwesenheit seines Bewohners nicht gelitten hatte. In der tiefen hypnotischen Trance, in der er lag, brannte das Feuer des Lebens auf kleiner Flamme. Die Anforderungen waren gering. Selbst eine Abwesenheit von Tagen und Wochen würde nicht bedeuten, daß ich bei meiner Rückkehr einen zum Skelett abgemagerten, halb verhungerten Körper oder gar einen Leichnam antreffen würde.
    Auch verursachten meine Ortsveränderungen in diesem Astralzustand keinen Energieverlust. Ich war im wesentlichen körperloser Gedanke, freier Geist, und wenn ich mich von irgendwelchen kosmischen Energiequellen nährte, dann wußte ich nichts davon.
    Der Mond stieg hoher, und je mehr der letzte Schimmer von Abendrot verblaßte, desto heller und strahlender wurde sein Licht. Wieder überkam mich jener jähe Begeisterungsrausch. Ich konnte reisen, wohin ich wollte – sogar zum Mond, wenn es mir gefiel!
    Aber nein – schon waren Menschen über die staubigen, ausgetrockneten Ebenen dieser schimmernden Kugel gegangen. Warum sollte ich, in der absoluten Freiheit meines Geist-Zustands, Orte aufsuchen, die anderen Menschen zugänglich waren?
    Ich blickte über den Mond hinaus in die Weite des Nachthimmels, wo der rötliche Funke des Mars glühte. Mars! Seit Jahrhunderten das Ziel menschlicher Fantasie – ich konnte mit der Schnelligkeit des Gedankens dorthin reisen, wenn ich wollte! Was bedeuteten mir die Entfernungen des interplanetarischen Raums? Zehn Kilometer oder zehn Millionen Kilometer – den befreiten Geist behindert keine Entfernung.
    Ja. Die Oberfläche eines anderen Planeten betreten, die noch keines Menschen Fuß betreten hatte, sehen, was noch keines Menschen Auge erblickt hatte …
    Wieder war der Wille Vater der Tat. Von einem Augenblick zum anderen verschwand die Erde unter mir, und aus der Schwärze des Raums schwebte ich wie ein Träumender auf die verwachsene rötliche Kugel nieder, die rasch mein ganzes Gesichtsfeld ausfüllte, und dann war ich auf einer grenzenlosen, trüben Ebene aus trockenem roten Sand und bröckelndem, porösem Gestein. Die Sonne war nur noch halb so groß wie von der Erde aus gesehen, aber ihr unerträglich blendendes Licht war fast unverändert, gedämpft nur von gelblichen Wolken feinen Staubs, die wie Schleier über das Land zogen. Ich blickte zur Erde zurück und fand sie hoch am Himmel, ein bläulicher heller Stern mit einem kleinen silbrigen Gefährten.
    Dann starrte ich auf den Sand unter mir. Ich wollte mich bücken und ihn berühren, aber ich hatte kein körperliches Bewußtsein und ich weiß nicht, ob mein geisterhaftes Selbst die Handlung ausführte. Was passierte, war, daß meine Gesichtsebene sank, bis ich dem Boden näher war als zuvor.
    Darauf stieg ich empor und schwebte über der gewaltigen Ebene, suchte nach irgendeinem besonderen Merkmal – nach den legendären Kanälen, die die frühen Astronomen gesehen zu haben glaubten, nach den gewaltigen Vulkanbergen und Kratern, die die Mariner-Sonde fotografiert hatte.
    Ich sah weder das eine noch das andere. Stattdessen sah ich -eine Stadt!
    Aufgeregt und von fantastischen Vorstellungen befeuert, glitt ich auf sie zu.
    Sie lag im Schutz niedriger, durch Erosion abgeflachter Hügel. Der rote Sand hatte Plätze und Straßen bedeckt und lag in angewehten Dünen entlang zerfallender Mauern. Ich blickte in beklommener Faszination umher. Es war eine Stadt, die einmal glanzvoll und prächtig gewesen sein mußte. Hier und dort erhoben sich die Reste schlanker und anmutiger Türme, die an Minaretts gemahnten, aus dem Schutt, und zwischen ihnen lagen breite, von schattigen Säulenarkaden gesäumte Straßen, weite Plätze. Auf einer Seite endete die Stadt über einer langen, in weitem Bogen sich dahinziehenden Mauer, und ich begriff, daß dies einmal die Kaimauer einer Hafenstadt gewesen war, zu einer Zeit, als ein Meer oder ein See den Fuß der Hügelkette umspült hatte. Alle Gebäudereste

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