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Der grüne Stern

Der grüne Stern

Titel: Der grüne Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
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hatte. Ein langer Federbusch aus weißer Seidengaze wehte von den Hörnern der fantastischen Kopfbedeckung.
    Das Gesicht unter dem Helm war elfenhaft in seiner zarten Schönheit. Große, bernsteinfarbene Augen saßen schräg in einem feinknochigen, herzförmigen Gesicht mit spitzem Kinn und einem kleinem Mund, das die Farbe alten Elfenbeins hatte.
    Seine Schultern, der Rücken und die Arme waren nackt, desgleichen die langen Beine, aber er trug dicke, golddurchwirkte Brokathandschuhe und Stiefel aus rotem Leder, und um seine Lenden war ein langes, purpurrotes Stück Stoff gewickelt, dessen Ende hinter ihm durch die Luft flatterte, und am Gürtel hatte er einen langen Degen, der wie eine gebogene Glasnadel aussah.
    Als ich noch verblüfft in seiner Nähe schwebte, benommen von dieser so unvermuteten wie zauberhaften Vision, schoß der glitzernde Elfenritter auf seiner Libelle mit einem plötzlichen Ruck davon und war fort.
    Aber es erschien ein zweiter, dieser mit einem grauen Federbusch und tiefblauem Lendentuch. Er trug eine schlanke Lanze aus scharfem Glas, von der ein langer, schmaler Wimpel flatterte, schwefelgelb und mit einem schwarzen, neunzackigen Stern.
    Auch er sauste an mir vorbei, und nun sah ich, daß die zwei Elfenkrieger zu einer höheren Ebene aufstiegen – vielleicht zu dem enormen Ast, der hoch über mir in den Luftraum hinausragte.
    Sie waren die Vorhut eines stattlichen Geleits, denn nun kamen drei in schwefelgelben Umhängen angeflogen, jeder mit dem schwarzen Stern auf der Brust, die zarten Gesichter hinter Schleiern aus silbrig schimmerndem Gewebe.
    Und hinter ihnen glitt eine Sänfte in Form einer Kamm-Muschel im Regenbogenschimmer von Perlmutt durch das dunstig goldene Zwielicht, getragen von vier gigantischen Libellen. In dieser Sänfte thronte auf vielfarbigen Kissen ein Mann in einem schmal geschnittenen langen Gewand von schwefelgelber Farbe, eine Zackenkrone aus schwarzen Kristallen auf dem Kopf. Unergründliche grüne Augen blickten starr geradeaus, kalt und intelligent. In der bloßen Hand trug er ein Zepter aus geschliffenem schwarzem Kristall.
    Der fantastische Zug stieg zu dem mächtigen Ast über mir auf, und ich schwebte ihm nach, angezogen von einer Faszination, der zu widerstehen ich keinen Anlaß sah.
    Auf der breiten Oberfläche des Astes verlief eine mit grauem Stein gepflasterte Straße zwischen mannshohen Böschungen aus zerfurchter Rinde. Und fünfhundert Meter weiter, wo der Ast mit dem kolossalen Stamm des Waldriesen verschmolz, funkelte der mit zehntausenden von Juwelen besetzte Torbogen einer glänzenden Stadt!
    Es war mein erster Blick auf das glorreiche Phaolon, die Juwelenstadt der göttlichen Königin, Hauptstadt des luftigen Königreichs der Laonesen, wo ich mein Herz, mein Schicksal und mein Verhängnis finden sollte …
    Wie in einem faszinierenden Traum befangen, folgte ich dem fliegenden Geleit zum Landeplatz vor dem Tor der Juwelenstadt. Die Libellen landeten und setzten ihre Reiter ab, auch die Sänfte des Mannes in Gelb, der nun eine hohe, stachlige Mitra aus schwarzglänzendem Kristall aufgesetzt hatte.
    Eine Gruppe von elfenhaften Rittern kam aus dem Tor, um die Ankömmlinge mit umständlichem Zeremoniell zu begrüßen. Herolde in juwelenbesetzten Röcken hoben lange, silberne Hörner. Eine Ehreneskorte in goldenen und smaragdgrünen Farben salutierte und führte die Ankömmlinge durch das blitzende und funkelnde Tor. Wieder folgte ich, geblendet von soviel Glanz und Pracht.
    Die Besucher schritten selbstbewußt und hochmütig durch das Tor in die Metropole der Elfen, die im Inneren des Baumriesen ein Labyrinth von Hallen, Treppen, Straßen, Wohnquartieren und Palästen bildete, ausgehöhlt aus dem Holz des Stammes. Durch eine hochgewölbte Hallenstraße führte der Weg auf die marmorverkleidete Fassade eines mehrstöckigen Palasts zu. Auf beiden Seiten hatte sich die Elfenbevölkerung versammelt und beobachtete den Einzug, doch tat sie es ohne Zeichen von Freude oder Begeisterung. Bedrückt und unglücklich waren ihre Mienen, bitter und sogar feindselig. Es war, als sei ein grausamer Eroberer eingetroffen, um die bedingungslose Unterwerfung zu fordern.
    Mit energischen und gebieterischen Bewegungen durchmaß die Gruppe der Besucher die Eingangshalle des Palasts, voran der hagere, kaltäugige Mann mit der Mitra aus spitzen schwarzen Kristallen. Und ich glitt ungesehen hinterdrein, wie ein Geist im Bann eines Meisterzauberers.
    Die Gruppe gelangte in eine

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