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Der gute Mensch von Sezuan

Der gute Mensch von Sezuan

Titel: Der gute Mensch von Sezuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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SCHREINER Vielen Dank! Ja, wenn sie da wäre, würdest du gleich einen Stein im Brett haben, wenn sie sähe, daß du einem alten Mann so zur Hand gehst. Ach ja!
    Herein Shui Ta.
    FRAU YANG Und mit einem Blick sieht natürlich Herr Shui Ta, was ein guter Arbeiter ist, der keine Arbeit scheut. Und er greift ein.
    SHUI TA Halt, ihr! Was ist da los? Warum trägst du nur einen einzigen Sack?
    DER FRÜHERE SCHREINER Ich bin ein wenig müde heute, Herr Shui Ta, und Yang Sun war so freundlich …
    SHUI TA Du kehrst um und nimmst drei Ballen, Freund. Was Yang Sun kann, kannst du auch. Yang Sun hat guten Willen und du hast keinen.
    FRAU YANG während der frühere Schreiner zwei weitere Ballen holt: Kein Wort natürlich zu Sun, aber Herr Shui Ta war im Bilde. Und am nächsten Samstag bei der Lohnauszahlung …
    Ein Tisch wird aufgestellt und Shui Ta kommt mit einem Säckchen Geld. Neben dem Aufseher – dem früheren Arbeitslosen – stehend, zahlt er den Lohn aus. Sun tritt vor den Tisch.
    DER AUFSEHER Yang Sun – 6 Silberdollar.
    SUN Entschuldigen Sie, es können nur 5 sein. Nur 5 Silberdollar. Er nimmt die Liste, die der Aufseher hält. Sehen Sie bitte, hier stehen fälschlicherweise sechs Arbeitstage, ich war aber einen Tag abwesend, eines Gerichtstermins wegen. Heuchlerisch. Ich will nichts bekommen, was ich nicht verdiene, und wenn der Lohn noch so lumpig ist!
    DER AUFSEHER Also 5 Silberdollar! Zu Shui Ta: Ein seltener Fall, Herr Shui Ta!
    SHUI TA Wie können hier sechs Tage stehen, wenn es nur fünf waren?
    DER AUFSEHER Ich muß mich tatsächlich geirrt haben, Herr Shui Ta. Zu Sun, kalt: Es wird nicht mehr vorkommen.
    SHUI TA winkt Sun zur Seite: Ich habe neulich beobachtet, daß Sie ein kräftiger Mensch sind und Ihre Kraft auch der Firma nicht vorenthalten. Heute sehe ich, daß Sie sogar ein ehrlicher Mensch sind. Passiert das öfter, daß der Aufseher sich zuungunsten der Firma irrt?
    SUN Er hat Bekannte unter den Arbeitern und wird als einer der ihren angesehen.
    SHUI TA Ich verstehe. Ein Dienst ist des andern wert. Wollen Sie eine Gratifikation?
    SUN Nein. Aber vielleicht darf ich darauf hinweisen, daß ich auch ein intelligenter Mensch bin. Ich habe eine gewisse Bildung genossen, wissen Sie. Der Aufseher meint es sehr gut mit der Belegschaft, aber er kann, ungebildet wie er ist, nicht verstehen, was die Firma benötigt. Geben Sie mir eine Probezeit von einer Woche, Herr Shui Ta, und ich glaube, Ihnen beweisen zu können, daß meine Intelligenz für die Firma mehr wert ist als meine pure Muskelkraft.
    FRAU YANG Das waren kühne Worte, aber an diesem Abend sagte ich zu meinem Sun: »Du bist ein Flieger. Zeig, daß du auch, wo du jetzt bist, in die Höhe kommen kannst! Flieg, mein Falke!« Und tatsächlich, was bringen doch Bildung und Intelligenz für große Dinge hervor! Wie will einer ohne sie zu den besseren Leuten gehören? Wahre Wunderwerke verrichtete mein Sohn in der Fabrik des Herrn Shui Ta!
    Sun steht breitbeinig hinter den Arbeitenden. Sie reichen sich über die Köpfe einen Korb Rohtabak zu.
    SUN Das ist keine ehrliche Arbeit, ihr! Dieser Korb muß fixer wandern! Zu einem Kind: Du kannst dich doch auf den Boden setzen, da nimmst du keinen Platz weg! Und du kannst noch ganz gut auch das Pressen übernehmen, ja, du dort! Ihr faulen Hunde, wofür bezahlen wir euch Lohn? Fixer mit dem Korb! Zum Teufel! Setzt den Großpapa auf die Seite und laßt ihn mit den Kindern nur zupfen! Jetzt hat es sich ausgefaulenzt hier! Im Takt das Ganze! Er klatscht mit den Händen den Takt, und der Korb wandert schneller.
    FRAU YANG Und keine Anfeindung, keine Schmähung von seiten ungebildeter Menschen, denn das blieb nicht aus, hielten meinen Sohn von der Erfüllung seiner Pflicht zurück.
    Einer der Arbeiter stimmt das Lied vom achten Elefanten an. Die andern fallen in den Refrain ein.
    L IED VOM ACHTEN E LEFANTEN
    1
    Sieben Elefanten hatte Herr Dschin
    Und da war dann noch der achte.
    Sieben waren wild und der achte war zahm
    Und der achte war's, der sie bewachte.
    Trabt schneller!
    Herr Dschin hat einen Wald
    Der muß vor Nacht gerodet sein
    Und Nacht ist jetzt schon bald!
    2
    Sieben Elefanten roden den Wald
    Und Herr Dschin ritt hoch auf dem achten.
    All den Tag Nummer acht stand faul auf der Wacht
    Und sah zu, was sie hinter sich brachten.
    Grabt schneller!
    Herr Dschin hat einen Wald
    Der muß vor Nacht gerodet sein
    Und Nacht ist jetzt schon bald!
    3
    Sieben Elefanten wollten nicht mehr
    Hatten satt das

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