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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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niemals
ausbezahlt.
    Wie, was? Dreißigtausend Franken?
    Jawohl, spiele doch nicht die Erstaunte! … Wenn mein Vater
von Unglücksfällen heimgesucht wurde, so hat sich dagegen der deine
geradezu unwürdig benommen. In seine Hinterlassenschaft habe ich
nie ganz klar gesehen; es sind alle möglichen Gaunereien aufgewandt
worden, damit das Pensionat in der Viktorstraße dem Manne deiner
Schwester in die Hände gespielt werde, diesem schäbigen Gimpel, der
uns jetzt nicht einmal grüßt, wenn wir ihm auf der Straße
begegnen … Wir sind bestohlen worden wie in einem
Walde! …
    Angesichts dieser unbegreiflichen Auflehnung ihres
Gatten war Frau Josserand bleich geworden;
sie schnappte nach Luft.
    Rede nichts Übles von Papa: Er war vierzig Jahre hindurch die
Zierde des Unterrichtswesens. Frage einmal im
Pantheon-Stadtviertel, was das Institut Bachelard gewesen! Meine
Schwester und mein Schwager sind, was sie sind; … sie haben
mich bestohlen, ich weiß es wohl; aber du darfst es nicht sagen.
Das werde ich nicht dulden, hörst du? Spreche ich etwa von deiner
Schwester, die mit einem Offizier durchgegangen ist? Ach, es sind
saubere Leute, die deinen!
    Mit einem Offizier, der sie geheiratet hat. Dagegen der Herr
Onkel Bachelard, dein Bruder, ein sittenloser Mensch …
    Aber du bist ja ein Narr! Er ist reich, er verdient in seinem
Kommissionsgeschäft enormes Geld und hat versprochen, unserer Berta
die Heiratsausstattung zu geben … Achtest du denn schon gar
nichts?
    Ach ja, die, Berta will er ausstatten! … Wollen wir wetten,
daß er keinen Sou hergeben wird, und daß wir seine widerwärtigen
Gewohnheiten umsonst ertragen haben? Ich schäme mich, sooft er
herkommt. Ein Lügner, ein Schwelger, ein Mensch, der die anderen
Leute ausbeutet und auf die jeweilige Lage rechnet; ein Mensch,
der, weil er uns seit fünfzehn Jahren vor seinem Vermögen auf den
Knien liegen sieht, mich jeden Samstag in sein Büro mitnimmt, damit
ich ihm seine Rechnungen in Ordnung bringe, wodurch er hundert Sous
erspart … Wir werden schon sehen, wie seine Geschenke
ausfallen.
    Frau Joserand saß mit stockendem Atem da. Nachdem sie sich
endlich ein wenig erholt hatte, stieß sie den letzten Schrei
aus:
    Aber du hast einen Neffen bei der Polizei!
    Es entstand abermals Schweigen. Das Licht der
kleinen Lampe ward immer bleicher, die
Adreßschleifen flogen unter den fieberhaften Bewegungen des Herrn
Josserand, und er schaute dabei seiner Frau ins Gesicht, die
ausgeschnitten, in ihrem feuerroten Kleide dastand, entschlossen,
alles zu sagen, und bebend über seine Kühnheit.
    Mit achttausend Franken kann man viel machen, fuhr Josserand
fort; du beklagst dich immerfort; allein du hättest unsern Haushalt
nicht auf einen Fuß stellen sollen, der über unsere Verhältnisse
geht. Deine Leidenschaft, Leute zu empfangen, Besuche zu machen,
einen Empfangstag zu haben, deinen Gästen Tee und Kuchen
vorzusetzen …
    Sie ließ ihn nicht vollenden.
    Ach, ist es das! Sperre mich in einen Korb ein! Wirf mir vor,
daß ich nicht nackt ausgehe! Und deine Töchter! Wen werden sie
heiraten, wenn wir keine Leute empfangen? Es kommen ohnehin nicht
viele mehr … Es lohnt die Mühe, sich zu opfern, um hinterher
so schmachvoll beurteilt zu werden.
    Wir alle haben uns aufgeopfert. Leo mußte vor seinen Schwestern
zurücktreten; er hat das Haus verlassen, weil er sah, daß er auf
sich selbst angewiesen sei. Was Saturnin betrifft, so kann der arme
Knabe kaum lesen. Ich selbst verzichte auf alles, bringe die Nächte
bei der Arbeit zu …
    Warum hast du Töchter in die Welt gesetzt? Willst du den Kindern
ihre Ausbildung vorwerfen? Ein anderer Mann würde großtun mit dem
Lehrerindiplom Hortensens und den Talenten Bertas, die heute wieder
alle Welt mit dem Vortrage des Walzers »Am Ufer der Oise« entzückt
hat und deren neuestes Gemälde ohne Zweifel morgen unsere Gäste
bezaubern wird. Aber du bist nicht einmal ein Vater. Du hättest
deine Töchter wohl lieber die Kühe hüten geschickt als sie in ein
Pensionat gegeben.
    Ei was! Ich hatte für Berta eine Prämie versichert.
    Hast du nicht schon die vierte Rate dazu
verwendet, die Möbel des Salons neu überziehen zu lassen? Und hast
du nicht die Prämie verschachert, noch ehe sie fällig geworden?
    Gewiß, weil du uns Hunger sterben ließest. Du kannst dich in die
Finger beißen, wenn deine Töchter alte Jungfern werden.
    Mich in die Finger beißen! Aber Herrgott! Schließlich jagst du
mit ihren Toiletten und

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